„Jesajas Vision aufgegriffen“
Alterzbischof Werner Thissen weihte eine Friedensglocke. Der evangelische „Pferdepfarrer“ Helmut Kautz aus Brandenburg schickt sie zunächst mit einem Treck durch Norddeutschland, ehe sie 2025 nach Jerusalem gebracht wird.
Mehrmals erscholl der helle Glockenton am Samstag über den Anger, die Reetdächer und Kopfsteinpflaster des Museumsdorfes Volksdorf. Kein geringerer als Alterzbischof Werner Thissen gab dabei den Glöckner – zusammen mit der evangelischen Pastorin Gabriele Frietzsche aus Volksdorf und dem Brandenburger „Pferdepfarrer“ Helmut Kautz. Kurz zuvor hatten Thissen und Frietzsche bei einem Freiluftgottesdienst auf der Dorfwiese die 46 Zentimeter hohe Friedensglocke geweiht. Und damit auch auf den Weg nach Jerusalem gebracht, wohin das 66 Kilogramm schwere Geläut samt Holzgestell 2025 – 80 Jahre nach Ende der Naziherrschaft und des Holocausts – gebracht werden soll.
Aus eingeschmolzenem Kriegsschrott geformt
Im Anschluss an den Gottesdienst segnete der Alterzbischof auch die farbenprächtig herausgeputzten Rösser. „Diese Aktion ist ein Gemeinschaftswerk“, sagte der Alterzbischof der Neuen KirchenZeitung – jemand müsse die Glocke gießen, ein anderer das Holzgestell bauen, die Pferde müssten versorgt werden und so weiter. „Und Gemeinschaft ist auch ein Stichwort, wenn es um Frieden geht“.
Schwerter zu Pflugscharen – Dieses Bibelwort des Propheten Jesaja ist zentrales Motiv des von Kautz gegründeten Vereins Friedensglocken, der diese Reise initiiert hat und organisiert. „Jagt dem Frieden nach mit jedermann“ steht auf der Glocke geschrieben. Sie war im Juni von Peter Glasbrenner in Schwäbisch Hall aus eingeschmolzenem Kriegsschrott gegossen worden. Zudem sind auf ihr Bildnisse eines Kreuzes und einer Taube zu sehen. Jesajas Verheißung werde in der Aktion mit anderen Worten aufgegriffen, sagte der Alterzbischof während des Gottesdienstes. „‚Schwerter zu Pflugscharen‘ wird jetzt ergänzt durch „Kriegsschrott zu Friedensglocken“. Thissen erinnerte zudem daran, dass im Zweiten Weltkrieg Hamburger Kirchenglocken eingeschmolzen wurden, um deren Metall für Kriegsgerät zu verwenden. „Jetzt ist der Weg umgekehrt. Statt Streit Geschwisterlichkeit, statt Feindschaft Frieden. Bei uns und weltweit.“
Die Glocke soll zunächst durch Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg ins Kloster Marienfließ in der Prignitz gebracht werden. In den Orten an der Strecke sind Begegnungen mit den Einwohnern geplant.
„Beitrag für ein versöhntes Europa“
Die Aktion solle einen Beitrag für ein versöhntes, friedliches Europa leisten, erklärte Kautz. Ein weiteres Friedenssymbol der Aktion sei das Brechen des „Friedensbrotes“, von Bäckermeister Karl Dietmar Plentz aus Schwante bei Berlin. Es gehöre bei jeder der Etappen dazu, hieß es. Ebenso werde eine kleine Friedensglocke verschenkt und ein Friedensfest gefeiert.
Die Verantwortung Deutschlands gegenüber der Geschichte dürfe nicht nachlassen, sagte Sonja Lahnstein-Kandel vom Förderkreis der israelischen Haifa-Universität in ihrem Grußwort. Die Bundestagsabgeordnete des Bezirks Wandsbek, Aydan Özoguz (SPD), erinnerte an das „enge Band zu Israel“ und bezeichnete die Aktion als ein „Symbol des Friedens und Miteinanders“.
Text u. Foto: Matthias Schatz