Film über Dietrich Bonhoeffer kommt in deutsche Kinos

Kaum erträglicher Ton

Jonas Dassler Boenhoeferr

Kinostar Filmverleih

Dietrich Bonhoeffer (Jonas Dassler) wartet im Gefängnis auf seinen Prozess.

In den Kinos läuft gerade eine Filmbiografie an, die man gerne empfehlen würde: „Bonhoeffer“. Leider ist die Produktion ziemlich missglückt. Dietrich Bonhoeffers Familie sorgt sich zudem, dass ihr Vorfahre politisch missbraucht wird – nicht nur in diesem Film.

Dietrich Bonhoeffer ist zweifelsfrei eine wichtige Gestalt in der evangelischen Kirchengeschichte. Der einstige EKD-Ratsvorsitzende Wolfgang Huber bezeichnete den 1906 geborenen Theologen sogar als einen „evangelischen Heiligen“. Dem 1945 von den Nazis hingerichteten Kämpfer gegen Rassismus und Antisemitismus hat der US-amerikanische Regisseur Todd Komarnicki jetzt einen mehr als zweistündigen Kinofilm gewidmet.

Während der Film in Deutschland schlicht „Bonhoeffer“ heißt, wird er in den USA reißerisch unter dem Titel „Pfarrer, Spion, Attentäter“ vermarktet. Auf dem US-Plakat hält Bonhoeffer, der laut Zeitzeugen nie eine Waffe anfasste, eine Pistole in der Hand. In der englischsprachigen Werbung heißt es protzend, hier werde endlich die „wahre, bisher nie erzählte Geschichte“ Bonhoeffers gezeigt.

Doch herausgekommen ist ein Melodram mit meist deutschen Schauspielern, das vor Pathos trieft und etliche historische Unsauberkeiten enthält. So wird der Hinrichtungsort von einem tristen KZ-Hof in Flossenbürg auf eine sonnenbeschienene Wiese verlegt. Natürlich muss Bonhoeffer auch nicht erniedrigt und entblößt zum Galgen treten: Von Geigenmusik unterlegt tröstet er sogar noch seinen Henker.

Holzschnittartig, theatralisch, pathetisch

Stärken hat der mitunter etwas langatmig erzählte Film in der hochwertigen historischen Ausstattung und den Kostümen. Auch die Massenszenen, etwa aus Bonhoeffers Zeit in einer schwarzen Baptistengemeinde, sind hervorragend choreografiert. Doch in den Dialogen, in denen der Theologe zunehmend verzweifelt mit der Frage ringt, ob Hitler zu töten oder ihn leben zu lassen die größere Sünde sei, wirkt der Film oft holzschnittartig und theatralisch überzeichnet. 

Den Autor so feinfühliger Gedichte und geistlicher Lieder wie „Von guten Mächten“ sucht man vergebens. Regisseur Komarnicki hat seinen „Helden Dieter“, wie er in einem Interview mal sagte, mit einem am Ende kaum noch erträglichen, predigthaften Ton inszeniert. Bonhoeffer erscheint wie ein Erlöser, der am Morgen seiner Hinrichtung den Mitgefangenen, natürlich sind es zwölf, noch rasch das letzte Abendmahl reicht.

Bereits zur US-Premiere des Films im Herbst monierte die Familie Bonhoeffers, der Film trage zu einer „Trivialisierung und Verkitschung“ bei. Besonders stark stießen sich die Erben an den zunehmenden Versuchen von Amerikas nationalkonservativen Evangelikalen, Bonhoeffer für sich zu instrumentalisieren. Etwa für ihren politischen Kampf gegen alles vermeintlich Linke. Als Vorreiter dieser Entwicklung nannten sie den Publizisten Eric Metaxas und dessen 2010 vorgelegte Bonhoeffer-Biografie. Metaxas gilt als radikaler Trump-Anhänger; er verglich Joe Biden gerne mal mit Hitler und rief konservative Christen sogar schon zum gewaltsamen Widerstand gegen die Demokraten auf.

Zwar haben sich die Schauspieler, darunter August Diehl und Moritz Bleibtreu, inzwischen von einer missbräuchlichen Verwendung des Films durch US-Evangelikale distanziert. Auch der deutsche Verleih versicherte, die Verfilmung habe nichts mit der umstrittenen Bonhoeffer-Biografie Metaxas gemein. Doch so richtig glaubhaft ist das nicht. Dafür sind die Parallelen von Film und Buch einfach zu groß. Außerdem fand – fast als einziger Rezensent – ausgerechnet Metaxas nur lobende Worte für Komarnickis Film.

Produziert wurde „Bonhoeffer“ übrigens von den als rechtsevangelikal geltenden Angel-Studios. Mitten im US-Wahlkampf bewarb die Produktionsfirma ihren Film mit dem Slogan: „Der Kampf gegen die Tyrannei beginnt jetzt.“

Andreas Kaiser