Künftig Pastoralreferenten im Bistum Mainz
Kein Job wie viele andere
Welches religiöse Lied drückt aus, was Sie mit Ihrer Berufung und Sendung verbinden? Das wollte die Kirchenzeitung von Anna Mersch, Erik Napp und Marlene Vetter wissen. Sie werden am 11. August in ihren Dienst als Pastoralreferenten im Bistum gesendet. Von Maria Weißenberger.
„Wagt euch zu den Ufern“, ist der Titel des Lieds, das Marlene Vetter sich ausgesucht hat. Mit dem beschwingten Lied, das ihr „Mut macht loszugehen und etwas Neues zu beginnen“, verbindet sie auch den Auftrag, „zu den Rändern zu gehen“. „Wir Christen sind eine Minderheit“, sagt die mit 28 Jahren Jüngste in dem Trio. Zu einer Minderheit zu gehören, damit hat sie Erfahrung: Sie wuchs in einer Diasporagemeinde auf. Als Messdienerin, später Leiterin der Messdiener, war sie aktiv, gestaltete Jugendprojekte mit und wirkte gern in der Liturgie mit. „Wenn man etwas haben wollte, musste man die Initiative ergreifen“, sagt sie. Dass sie einen kirchlichen Beruf ergreifen wollte, stand für sie früh fest – wobei sie in ihrer Jugend nie Pastoralreferenten erlebt hatte und ihren jetzigen Beruf erst mal entdecken musste.
Wie sehen Menschen aus, die bei der Kirche arbeiten?
Menschen mit Gott in Berührung zu bringen, sie auch anzuregen, sich als Christen politisch einzumischen und sich „gegen den Strom zu stellen“, wie es in dem Lied heißt, das ist Marlene Vetter wichtig. „Bei meinen Schülerinnen habe ich gemerkt, dass sie das nicht so interessiert“, sagt sie. Auch unter den eigenen Freunden – das erleben die Neuen alle drei – „wissen nicht alle einzuordnen, was wir machen“. Da kommen schon mal Sticheleien oder aufschlussreiche Bemerkungen wie: „Du siehst gar nicht aus wie jemand, der bei der Kirche arbeitet.“ Welche Erfahrungen mit „Kirchenleuten“ wohl hinter solchen Aussagen stecken? „Wir gehören ja zu denen, die der Kirche ein Gesicht geben“, meinen die drei angehenden Pastoralreferenten.
Ein Bild in „ihrem“ Lied spricht Marlene Vetter besonders an: das „Feuer, das den Dornbusch nicht verbrennt“. Das wünscht sie sich auch: „Dass ich brenne wie der Dornbusch, wenn ich mit anderen Menschen den Glauben feiere.“ Brennen, ohne zu verbrennen – das ist nicht immer einfach, wenn jemand mit Leidenschaft seine Berufung lebt. Nicht zuletzt, meint Marlene Vetter, hängt viel vom Miteinander ab – ein tolles Team, das hat sie erlebt, trägt viel dazu bei, die Freude an der Arbeit zu erhalten, „auch wenn sie manchmal sehr viel war“.
Menschen zu begegnen, für sie da zu sein – das verbindet auch Anna Mersch wesentlich mit ihrer Berufung und Sendung. Dazu gibt Gott ihr Kraft, schenkt ihr den Mut, den es manchmal braucht. In dem Lied „Herr, du bist mein Leben“, der Nummer 456 im „Gotteslob“, kommt das für sie gut zum Ausdruck. „Herr, du bist mein Leben, Herr, du bist mein Weg“ – gleich am Anfang wird für Anna Mersch deutlich: „Gott hat mir nicht nur mein Leben geschenkt – er begleitet mich auch dabei.“ Zu ihrem Beruf fand Anna Mersch, die sich früh als Messdienerin und in der KJG-Jugendarbeit ihrer Gemeinde engagiert hatte, nachdem ihr klar geworden war: „Ich will nicht nur sonntags die Beziehung zu Gott pflegen.“ Sie entschied sich, Gemeindereferentin zu werden, und war so fasziniert von den theologischen Themen, dass sie bereits an der Katholischen Hochschule an ein „Vollstudium“ der Theologie dachte. Dennoch zog sie die Ausbildung zur Gemeindereferentin durch, wollte Praxiserfahrung sammeln, um zu schauen, wie es weitergeht. An der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen erwarb sie dann den Abschluss „Magistra Theologiae“ und absolvierte ein ergänzendes Studienprogramm „Evangelisierende Seelsorge“.
„Du rufst mich beim Namen, sprichst zu mir dein Wort“, heißt es in „ihrem“ Lied. „Das drückt für mich aus, was Berufung ist“, sagt sie. „Ich gehe deinen Weg, du Herr gibst mir den Sinn“, heißt es weiter. Und: Gott gibt Kraft und Mut – eine Zusage, die ihr wichtig ist. Kraft und Mut braucht es, weiß sie, um neue „Baustellen“ anzugehen. Sie möchte Menschen ermutigen, die Beziehung zu Gott zu pflegen – und entdeckt, etwa in der Zusammenarbeit mit Firmkatechetinnen und -katecheten, dass sie dabei selbst spirituelle Erfahrungen macht, die sie zu Neuem inspirieren. Der letzte Satz des Lieds, „Mache uns zu Boten deiner Liebe“, ist für Anna Mersch „das Erste“. „Bei allem, was man rund um Kirche diskutieren muss: Ich will mich nicht vom ,Kern des Glaubens‘ abhalten lassen.“
„Egal, wo wir sind – wir müssen authentisch sein“, sagt Erik Napp. „Auch das Brot teilen mit anderen – frisches wie hartes.“ Deshalb hat sich der Familienvater das Lied „Wenn wir das Leben teilen wie das täglich Brot“ ausgesucht. Er weiß: Sich zu öffnen, wie es im Lied anklingt, macht angreifbar. Für ihn gehört das dazu. „Die Liebe leben, die den Tod bezwingt“, bedeutet für ihn: Nicht aufhören, in Kontakt zu treten, sich stetig der Frage stellen: Wer ist der Nächs-te? „Und das meint nicht: der nächste Christ“, wie er betont. Als Grenzgänger zwischen Kirche und Welt begreift er sich – auch deshalb geht er gern in seinen Dienst in einer Berufsschule: „Alles, was ich da mache, ist Erstkontakt.“ Er wünscht sich, in einen konstruktiven Dialog mit den Schülern zu kommen.
Spannend: Arbeiten in der Kirche, ohne Priester zu sein
Kirchliches Engagement hat für Erik Napp, obwohl er in seiner Gemeinde in Worms-Pfeddersheim verwurzelt ist, in der Jugend keine Rolle gespielt. Nach dem Abitur absolvierte er neun Monate Wehrdienst, spielte mit dem Gedanken, eine Laufbahn bei der Bundeswehr einzuschlagen. Bald stellte er aber fest, dass er das nicht wollte. „Die Frage, was will ich bewirken, beschäftigte mich“, erzählt er. Trotz des Wissens, dass Soldaten auch im Sinne des Friedens wirken: Den Gedanken, zum Töten ausgebildet zu werden, konnte er nicht verdrängen. Und kam zu dem Schluss: „Wenn in die Kaserne, dann als Seelsorger.“ Gleichzeitig war er sicher: Er möchte heiraten und eine Familie haben. Ein Anruf seiner Mutter war entscheidend: „Du, da gibt es eine Möglichkeit, in der Kirche zu arbeiten, ohne Priester zu sein.“ Das fand er spannend. Während des Studiums lernte er seine jetzige Frau kennen. Heute ist sie Gemeindereferentin, und ihm ist es „unendlich viel wert, sich mit ihr auszutauschen, sich gemeinsam mit ihr auf dem Weg mit Gott zu wissen“.
Auf diesem Weg möchte er „Türen öffnen für den Umgang mit Gott“. „Was gibt es Schöneres als wenn Menschen sich öffnen?“, formuliert er eine Frage, die zugleich Antwort ist. „Auch wenn ich in die Augen meiner Tochter sehe, entdecke ich die Möglichkeit, eine Tür zu öffnen.“
Sie wissen alle drei: Sie haben keinen normalen Schreibtischjob gewählt, und noch dazu sind Erfolge in ihrem künftigen Beruf schlecht messbar. Trotzdem wollen sie sich auf den Weg machen. Wollen da sein für andere Menschen – nicht nur für die Katholischen. Mit ihnen das Leben teilen, Fragen aushalten, auch schwierige Situationen mit tragen. Ihnen helfen, Sinn zu finden in ihrem Leben. Und zwar immer nach dem Motto: Was braucht der Mensch – nicht: Wie will ich, dass sich der Andere entwickelt?
Sendungsfeier mit Bischof Peter Kohlgraf am 11. August um 10 Uhr im Mainzer Dom. Anschließend Empfang im Priesterseminar, Augustinerstraße 34.
Zur Person: Woher und Wohin?
Anna Mersch (30), verheiratet, geboren in Dortmund, Heimatpfarrei Darmstadt-Eberstadt, St. Josef, Studium der Praktischen Theologie an der Katholischen Hochschule Mainz, Ausbildung zur Gemeindereferentin in Worms, Dom/St. Martin, danach Studium der Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule St. Georgen, Pastoralassistentin in Mainz-Weisenau/-Laubenheim, Einsatz in der Begleitung des ersten Durchgangs „Freiwilligenjahr in der Patoral“; künftig Dekanatsreferentin in Offenbach, Schwerpunkte: Begleitung Ehrenamtlicher und Aufbau von Angeboten in der Citypastoral
Erik Napp (33), verheiratet, eine Tochter, geboren in Neuss, Heimatpfarrei Worms-Pfeddersheim, Maria Himmelfahrt, 2007 bis 2014 Studium der Theologie an der Universität Mainz, Pastoralassis-tent im Praktikum in Gernsheim, St. Maria Magdalena, und Pastoralassistent in der Pfarrgruppe „Katholische Kirche im Eisbachtal“ in Worms, künftiger Einsatz im Religionsunterricht an der Elisabeth-Selbert-Schule (Berufsbildendes Schulzentrum) in Lampertheim
Marlene Vetter (28), ledig, Heimatpfarrei St. Marien in Bad Hersfeld (Bistum Fulda), 2008 bis 2014 Theologiestudium an der Universität Mainz, Pastoralassistentin im Praktikum in Griesheim, St. Marien, Pastoral-assistentin als „Bezugsperson“ in Ober-Hilbersheim, St. Josef (Pfarrgruppe Gau-Algesheim) und in Religionsunterricht und Schulpastoral in der Hildegardisschule Bingen, künftig Schulseelsorgerin und Religionslehrerin an der Marienschule Offenbach
Zur Sache: Schwur – Segen – Sendung
Die runde Sandsteinplatte im Fuldaer Dom mit vier ehernen „Schwurhänden“, die in die vier Himmelsrichtungen weisen, stammt aus dem Mittelalter. Ihre Bedeutung ist nicht eindeutig zu klären, sagt Wolfgang Bolst, Leiter des Diözesanmuseums. Es gibt mehrere Vermutungen: So mussten Lehnsherren, die Länderei-en des Klosters Fulda verwalteten, einen Treueid leisten – daher der Gedanke der „Schwurhand“. Die Platte befindet sich zentral unter der Hauptkuppel des Doms. Daher werden die Hände als Zeichen der Treue Gottes und seines Heilsbunds mit den Menschen gedeutet. Die Hand wird auch als Hand des auferstande-nen Christus und seines Sendungsauftrags gesehen, die frohe Botschaft in alle Himmelsrichtungen zu tragen. Für die neuen Pastoralreferenten passt das Bild zum Anlass: Schwur – Segen – Sendung. (pm/red)