Der kirchliche Umgang mit verschiedenen sexuellen Veranlagungen war Thema an der Katholisch-Theologischen Fakultät Erfurt.

Kirche als Entfaltungsraum

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Teilnehmer eines Studientages der Theologischen Fakultät Erfurt diskutierten den Umgang mit Menschen mit queerer sexueller Veranlagung in der Katholischen Kirche. Dabei wurde der Ruf nach Veränderungen laut.


Der große Hörsaal der Katholisch-Theologischen Fakultät Erfurt, das Coelicum am Kreuzgang des Erfurter Doms, war während des Studientages zum kirchlichen Umgang mit verschiedenen sexuellen Veranlagungen gut gefüllt.    Foto: Katholisch-Theologische Fakultät Erfurt

Keine Fernsehdokumentation in der ARD hat in letzter Zeit eine vergleichbare Einschaltquote erreicht wie die Sendung „Wie Gott uns schuf – Coming out in der katholischen Kirche“. Der Umgang der katholischen Kirche mit queeren (nicht-heterosexuellen) Menschen wird seither vermehrt öffentlich diskutiert. Auch die Teilnehmer des Synodalen Weges beschäftigt das Thema. Viele Seelsorger und Gläubige warten auf eine kirchenamtliche Akzeptanz von Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare.
Das alles geht auch die universitäre Theologie an und auch dort ist das Interesse groß. Entsprechend gut besucht war ein Studientag der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt. Dieser stand unter dem Motto „#Outinchurch“ (sich in der Kirche zu seinen sexuellen Veranlagungen bekennen), ein Schlagwort aus den sozialen Medien, das sich in Folge der ARD-Dokumentation verbreitete.
Die intensiven, sachlichen und persönlichen, Diskussionen und die große Beteiligung von Studenten und Dozenten zeigten, „wie wichtig uns allen die theologische Auseinandersetzung mit diesen Themen ist“, so Dekan Jörg Seiler im Rückblick. Die Bibelwissenschaftler Hannes Bezzel und Thomas Bauer, der Kirchenhistoriker Seiler selbst, der Ethiker Benedikt Schmidt und die Pastoraltheologin Maria Widl erläuterten auf dem Hintergrund ihren jeweiligen Fachbereiche den Stand heutiger theologischer Forschung. Sie machten deutlich, wie wichtig es sei, kirchliche Traditionen auf der Basis von rationalen, kulturellen und sozialen Gegebenheiten immer wieder kritisch zu hinterfragen.

Kirchliche Lehre muss auf den Prüfstand
Dementsprechend wird Queersein theologisch heute als Schöpfungsvariante geschlechtlicher Existenz beschrieben. Daher fordern vor allem westeuropäische Theologen zunehmend, dass die kirchliche Lehre radikal auf den Prüfstand gestellt werden solle. Denn dort gilt Queersein immer noch als abnorm und queere Sexualität als Sünde. Homosexuelle und transidente Menschen (deren körperliches Geschlecht zeitweise oder dauerhaft nicht mit ihrem gefühlten Geschlecht übereinstimmt) sollten laut Katechismus enthaltsam leben. Dort steht auch, dass man ihre Liebe nicht gutheißen, geschweige denn segnen dürfe, da sie gegen den Plan Gottes verstoße. Das bedeutet für queere Menschen in der katholischen Kirche allzu oft ein Leben voller Heimlichkeit – teils mit fatalen sozialen und psychologischen Folgen.
Nach drei Arbeitsgruppen, in denen sich die Studenten mit den Themen „Katechismus und Homosexualität“, „Segnungsfeiern für gleichgeschlechtliche Paare“ und „Queer sein in der Gemeinde“ beschäftigten, folgte zum Abschluss des Studientages eine Podiumsdiskussion. Auf dem Podium saßen Mara Klein (Mitglied im Synodalforum „Leben in gelingenden Beziehungen – Liebe leben in Sexualität und Partnerschaft“), Birgit Mock (Vizepräsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken), Theresia Piszczan (Gleichstellungsbeauftragte der Universität Erfurt), Thomas Lazar (Hochschulseelsorger in Halle) und Matthias Hülfenhaus (Ausbildungsleiter für Gemeindereferentinnen im Seelsorgeamt Erfurt).
Eine „Politik der kleinen Schritte“ sei zwar unumgänglich, räumte Mock ein, aber dennoch müsse es jetzt endlich Veränderungen geben: Die kirchliche Grundordnung und das Arbeitsrecht müssten endlich entsprechend umgearbeitet werden; seitens der Bistümer müssten verlässliche Zusagen gegeben werden. Skeptisch wurde von den Podiumsteilnehmern der Verweis auf die Weltkirche gesehen, die angeblich „noch nicht so weit“ sei. Verantwortliche dürften sich nicht hinter „der“ Weltkirche verstecken, wenn die Würde von Menschen in Gefahr sei.
Queersein in Kirche und Theologie wird die Fakultät also ohne Zweifel weiterhin umtreiben.

svk/ktfe/tdh