Wallfahrt nach Rulle mit 500 Teilnehmern
Kleine und große Männer
Knapp 500 Gläubige feierten zum Abschluss der Männerwallfahrt nach Rulle einen Open-Air-Gottesdienst mit Bischof Franz-Josef Bode. Gut ein Drittel von ihnen war tatsächlich zu Fuß oder per Rad zum Wallfahrtsort gepilgert.
In Apostelquantität, also zu zwölft, macht sich ein kleiner Zug von Icker aus auf den Weg nach Rulle zur Männerwallfahrt. Eine Art Sammlungsbewegung, zu der Pilger aus Bohmte, Hunteburg oder Bad Essen zählen. Unter ihnen Bernd Diekhoff aus Ostercappeln. „Nichts gegen die Telgter Wallfahrt: Aber ich mag das Persönliche an der Männerwallfahrt. Sie macht eine besondere Verbundenheit während des Pilgerns möglich“, antwortet er auf die Frage, warum er alljährlich mit dabei ist. Der Hauptzug, in etwa 100 große und kleine Männer, kommt von Osnabrück über Haste in Rulle an. Allerdings mit bald 30-minütiger Verspätung. „Wir haben Rücksicht auf die jungen Pilger genommen, die wieder mitgelaufen sind“, gibt Wallfahrtsleiter Jan-Hendrik Kavermann bei der Ankunft bekannt.
Die Pilger im Juniorformat gehören zum Vater-Sohn-Zeltlager, das in diesem Jahr zum zweiten Mal im Vorfeld der Wallfahrt stattfand. Nach Abenteuer und Spiel am Vortag inklusive kurzer Nacht beteiligten sich die Vater-Sohn-Teams auch an der Wallfahrt nach Rulle. Dort ging Bischof Franz-Josef Bode in der Predigt auf die Entfremdung der Menschen von der Kirche ein. „Viele erfahren nicht mehr, dass von der Gemeinschaft unseres Glaubens Heil ausgeht. Andere kommen sogar zu dem Schluss, dass es mehr Unheil als Heil sei, was Kirchen und Religionen in die Welt bringen, weil sie doch nur Unfrieden stiften.“ Keine Frage: Derzeit gebe es viele Gründe aus Enttäuschung, Wut und Abrechnung, um der Kirche den Rücken zu kehren, so Bode weiter. Dennoch seien immer noch viele singend und betend als Pilger unterwegs, „auch und besonders für diese Kirche, die so entblößt dasteht und dringend der Erneuerung bedarf“.
Eine Zukunft gebe es für die Kirche nur, wenn sich Menschen weiter auf den Weg machten, Jesus in ihrem Leben und zusammen zu folgen, sagte der Bischof. „Mit solchen Menschen ist Kirche zu verändern und zu erneuern, damit sie wieder in die Spur Jesu kommt.“ Der Bischof verwies darauf, dass es – auch von der Vernunft her – gute Gründe gibt, sich auf Christus und seine Kirche einzulassen. „Auf eine Kirche, die unendlich viel leistet für Arme und Kranke, für die an den Rand Geratenen und durch die Maschen der sozialen Sicherungssysteme Gefallenen.“ Mehr noch: eine Kirche, die den Menschen von der Geburt bis zu den letzten Stunden beistehe und ihnen in vielen Lebenssituationen mit Seelsorge, Beratung und Bildung helfe. „Freilich geht das nicht mehr nur durch Berufschristen, wie Priester, Diakone und pastorale Mitarbeiter: sondern durch engagierte Christen in den ehrenamtlichen Gemeindeteams“, meinte Bode.
„Nein, es ist der Geist, der in den Zeichen der Zeit wirkt“
Der Bischof skizzierte in der Predigt seine Vision einer Kirche der Zukunft: Mit Blick auf Jesus habe sie einfacher zu werden, in großer Verantwortung für ihren Besitz ärmer. Lauterer, transparenter und gereinigter solle die Kirche sein. „Und wer mir vorwirft, es ist der Zeitgeist, der dich erfasst hat, dem sage ich: ‚Nein, es ist der Geist, der in den Zeichen der Zeit wirkt.‘“
Konkret: Kirche brauche den genauen Blick auf die Menschen, wenn es um wiederverheiratet Geschiedene, konfessionsverschiedene Ehen oder gleichgeschlechtliche Beziehungen geht: „Immer muss auf den Einzelfall geschaut werden, was an Liebe, Würde, tiefer Bindungskraft und Verantwortung da ist“, betonte der Bischof in der Predigt.
Üblicherweise wird auch nach dem Frühstück in Rulle Klartext gesprochen. Warum gibt es keine Zulassung von Frauen zum Priesterdienst, lautete eine Frage. Das sei dogmatisch derzeit noch zu hoch gehängt, führte Bode aus. „Da hätten wir sofort einen Graben mit der Orthodoxie.“ In vielen Gegenden der Weltkirche könne man bei einer Weihe von Frauen nicht mit Einverständnis rechnen. Bode warb dagegen für eine stärkere Einbindung von Frauen in Leitungspositionen der Kirche. „Wenn 30 Prozent in einer Gruppe andere sind, dann verändern sich Einstellungen. Darüber hinaus wünsche ich mir eine sakramentale Würdigung dessen, was Frauen sozial und karitativ tun.“
Stefan Buchholz
Im nächsten Jahr findet die Männerwallfahrt nach Rulle am Sonntag, 7. Juni, statt.