Karfreitagstradition in Meppen

Kreuztracht im Radio

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Vergangenes Jahr musste die Meppener Kreuztracht zum ersten Mal in ihrer mehr als 370-jährigen Geschichte ausfallen. Diesmal wird sie am Karfreitag wieder stattfinden – jedoch in veränderter Form.


Normalerweise zieht die Kreuztracht viele Besucher an. So war es noch im Jahr 2019. Foto: Archiv

Heinz Albers ist sich sicher: Es ist immer besser, eine Lösung zu finden, als einfach aufzugeben. Albers gehört seit 1998 der traditionsreichen Kreuzträger-Bruderschaft an und wirkt als Sprecher des Bündnisses, das für die jährliche Darstellung des Leidensweges Christi in Meppen verantwortlich zeichnet. Gewöhnlich strömen Jahr für Jahr Tausende Besucher in die emsländische Kreisstadt, um der Prozession am Karfreitag beizuwohnen und ins Gebet einzustimmen.

2020 konnte die Kreuztracht erstmals in ihrer Geschichte, die bis ins Jahr 1647 zurückreicht, aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden. Für den kommenden Karfreitag am 2. April 2021 ist wieder eine Kreuztracht geplant – allerdings ausschließlich innerhalb der Propsteikirche St. Vitus. Nach Angaben von Propst Günter Bültel beginnt dort um 9.30 Uhr ein Wortgottesdienst. 

Die Predigt wird Bischof Franz-Josef Bode halten. Aufgrund der Corona-Regularien stehen in dem Gotteshaus 90 Plätze zur Verfügung. Deshalb müssen alle, die vor Ort teilnehmen möchten, im Vorfeld kostenfrei Karten ordern. Alle weiteren Interessierten können das Geschehen zeitgleich im Radio auf der Ems-Vechte-Welle verfolgen. Auch diesmal wird es insgesamt fünf Kniefälle geben: Inhaltlich wird dabei auf die Corona-Zeit Bezug genommen, es kommen Motive wie Ängste und Einsamkeit zur Sprache.

Tradition seit dem Dreißigjährigen Krieg

„Wir haben gut überlegt, aber wollten die Kreuztracht nicht zum zweiten Mal ausfallen lassen. Das hat die Menschen im vergangenen Jahr sehr betroffen gemacht“, erklärt Propst Bültel. Er betont, dass diese selbst in Kriegszeiten vonstatten ging – damals ebenfalls in der Kirche. Eingeführt wurde die Kreuztracht zum Ende des 30-jährigen Krieges durch Jesuiten, um damit ein Zeichen gegen die geistliche Not der Menschen zu setzen. Insgesamt war das Leid zu jener Zeit groß, sagt der Propst mit Blick auf historische Quellen: „In Meppen standen nur noch 60 Häuser.“

Nach der Vertreibung der Jesuiten nahmen zwölf Meppener Bürger die Ausrichtung des Brauches in die Hand, deren Nachfahren dies bis heute fortgeführt haben. Die Anzahl der Brüder bezieht sich auf die zwölf Apostel; seit einigen Jahrzehnten kommen noch drei Fahnenträger hinzu, so dass die Gruppe zuletzt stets 15 Mitglieder zählte. 

Das rund vier Meter lange Holzkreuz, welches die Darsteller von Jesus Christus und Simon von Cyrene barfuß tragen, stammt aus der Zeit um 1830. In normalen Zeiten führt die Strecke knapp zwei Kilometer durch die Meppener Innenstadt. Neben der Kreuzträger-Bruderschaft ist eine weitere Gruppe mit der Vorbereitung der Kreuztracht beschäftigt: 

Schwarzer Mundschutz statt Bartmaske

Ein Team um Reinhard Büring kümmert sich um die inhaltliche Ausgestaltung der Feier sowie der Radiosendung. Für Büring ist es auch abseits der coronabedingten Umstände ein besonderes Jahr: Er ist inzwischen schon zum 50. Mal mit dabei.

Manch alternative Lösung galt es in diesem Jahr zu finden: So tragen die Darsteller nicht ihre sonst üblichen Bartmasken, sondern einen schwarzen chirurgischen Mund-Nase-Schutz. Die Beteiligten sind froh, dass sie trotz aller Widrigkeiten etwas auf die Beine stellen können – freuen sich aber auch darauf, hoffentlich bald wieder in gewohnter Weise zu agieren.

Sebastian Hamel