Maximilian Kolbe auf der Spur
Der Heilige ist Namensgeber der Pfarrei für den Pastoralen Raum südlich der Elbe. Grund genug für einige ihrer Mitglieder, sich Lebensstationen Kolbes in Polen anzusehen – und noch weitere Orte wie die Pilgerstätte Jasna Góra.
VON PETER MEINKE
Sehr schlicht. So wirkt das Geburtshaus des Heiligen, nach dem unsere Pfarrei im Süden Hamburgs benannt ist und auf dessen Spuren wir uns in Polen begeben haben: Maximilian Kolbe. Es ist ein einfaches Holzhaus inmitten steinerner Bauten des Ortes Zduńska Wola nahe Łódź. Kein Vergleich zu dem prachtvollen, ebenfalls zum Museum umgestalteten Geburtshaus von Papst Johannes Paul II. in Wadowice, das wir am kommenden Tag sehen sollten. Ein älterer Herr führte die Gruppe durch die kargen Räume und erzählte dabei begeistert von Kolbe.
Rajmund – so Kolbes weltlicher Vorname – wurde am 26. Dezember 1893 als Sohn des deutschstämmigen Fabrikarbeiters Julius Kolbe geboren, der später eine Buchhandlung mit religiöser Literatur führte, und dessen Ehefrau Maria geborene Dąbrowska. Schon früh zeigte Rajmund Kolbe eine Begabung für Naturwissenschaften. Tief geprägt von einer Marienerscheinung im Kindesalter, trat er am 4. September 1910 in den Orden der Minderen Brüder ein, wo er den Ordensnamen Maximilian annahm. Als er 1914 sein ewiges Gelübde ablegte, fügte er den Namen Maria hinzu. Am 28. April 1918 wurde Maximilian Kolbe in Rom zum Priester geweiht.
Wir sahen das Schlafzimmer seiner Eltern, in dem ein Bild der Heiligen Familie über dem Bett hängt und ein Kreuz an der Wand heftet. Dann ein Moment des Innehaltens. In einem weiteren Raum ist in einer Vitrine die noch schmutzige blau-weiß gestreifte Häftlingskleidung zu sehen, die Maximilian Kolbe in Auschwitz tragen musste.
Auch das war eine Vorbereitung auf den nächsten Tag, der durch den Besuch des dortigen Konzentrationslagers der wohl emotional belastendste der Reise werden sollte. Der Blick in die Todeszelle von Maximilian Kolbe ließ uns verstummen. Am 14. August 1941, nach 16 Tagen im Hungerbunker, starb der Heilige hier durch eine Phenol-Injektion. Der Franziskanerpater war anstelle des Familienvaters Franciszek Gajowniczek in den Bunker gegangen. Uns beschäftigte die Frage: Was hatte Kolbe dazu gebracht? Und als wir anschließend in das Außenlager Birkenau fuhren, beherrschte uns das völlige Unverständnis darüber, wie Menschen anderen Menschen so etwas antun konnten.
Ein Leben mit dem Blick auf Maria
Zwischen dem Besuch des Kolbe-Museums und des Konzentrationslagers hinterließ ein Halt in Tschenstochau noch einen besonders tiefen Eindruck. Im Zentrum der Stadt befindet sich mit Jasna Góra die größte Pilgerstätte Polens und einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte der römisch- katholischen Kirche. Im Paulinenkloster der Pilgerstätte zieht die wundertätigen Ikone der Schwarzen Madonna, auch „Königin Polens“ genannt, bis zu vier Millionen Besucher jährlich an. Sie gilt als das größte Marienheiligtum Mitteleuropas. Entsprechend voll war es auf den Parkplätzen und natürlich in dem Gotteshaus, dessen Altarbild die Madonna ist. Das hielt eine Frau nicht davon ab, auf Knien im Gang um die Apsis und damit um die Schwarze Madonna zu rutschen.
Auch wenn der Säkularismus in Polen weiter um sich greift, in der Gesellschaft spielen der Glaube und die katholische Kirche weiterhin eine viel größere Rolle als in Deutschland. Darauf hatte uns bereits bei Antritt der Fahrt unsere Reisebegleiterin Alicja Wrona aufmerksam gemacht, die vier Tage zuvor in Stettin zu uns gestoßen war.
Klar, es sind noch viele weitere Eindrücke haften geblieben: Etwa von der Altstadt Danzigs, wo wir auch die Lenin-Werft besichtigten, in der die Solidarność-Bewegung entstand. Oder vom Kloster Niepokalanów (dt.: Stadt Mariens), das Maximilian Kolbe 1927 gegründet hatte. Oder von der Stanislaus-Kostka-Kathedrale, die neben dem Grab von Jerzy Popiełuszko steht. Popiełuszko hatte die Gewerkschaft Solidarność sehr unterstützt und wurde am 19. Oktober 1984 durch den Staatssicherheitsdienst Służba Bezpieczeństwa ermordet.
Als es nach acht Tagen über Breslau wieder Richtung Heimat ging, beherrschte aber doch der Patron unserer Pfarrei zumindest meine Gedanken. Je nachdem, wie nun die einzelnen Lebensabschnitte Maximilian Kolbes zu deuten sind und was sie für den Einzelnen bedeuten: Sicher ist, dass er einen marianischen Lebensstil gelebt hat. Ein Leben mit dem Blick auf Maria könnte auch beachtenswert sein für den Weg in die Zukunft unserer Gemeinden in der Pfarrei.