Mehr Beratung für Rückkehrer

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Das Raphaelswerk hat seinen Service für Deutsche, die im Ausland leben und zurückkommen wollen, ausgeweitet und neu strukturiert. Denn die Emigranten sind heute mobiler und flexibler, wandern längst nicht mehr für immer aus.

Beratungssituation beim Raphaelswerk
Auch schon vor der Corona-Pandemie, in der diese Aufnahme entstand, suchten mehr und mehr Deutsche, die aus dem Ausland zurückkehren wollten, Rat beim Raphaelswerk. Foto: Kottmeier für das Raphaelswerk

„Corona ist kein einzelner Grund, warum Deutsche aus dem Ausland zurückkehren möchten. Aber es beschleunigt gegebenenfalls eine Rückkehr, veranlasst, sich stärker und früher damit zu befassen, wirkt als eine Art Durchlauferhitzer“, sagt Birgit Klaissle-Walk. Sie ist Generalsekretärin des Raphaelswerks, das 1871 mit Hauptsitz in Hamburg gegründet wurde. Seine Aufgabe: Katholischen Auswanderern auf dem Weg in ihre neue Heimat Sicherheit und Begleitung zu bieten. 

Infrastruktur im Süden und Osten ausgebaut 

Corona ist freilich auch nicht der einzige Grund, warum das Raphaelswerk seine Beratung für rückkehrwillige Deutsche erheblich ausgeweitet hat. „Anders als noch vor hundert Jahren ist Auswanderung heute nicht mehr grundsätzlich auf Dauer angelegt, auch wenn manche beim Aufbruch in ein anderes Land sich vielleicht noch vorstellen, für immer Deutschland zu verlassen“, berichtet Klaissle-Walk. „Die Menschen sind mobiler und flexibler als damals.“

Rückkehrwillige können nun schon aus dem Ausland ihre Anfrage über die Internetseite www.raphaelswerk.de stellen. Anschließend werden sie an eine der gemeinnützigen Auswandererberatungsstellen in Trägerschaft von Caritas oder Diakonie im bundesweiten Netzwerk weitergeleitet und per E-Mail, telefonisch oder über Videotelefonie datenschutzsicher beraten. „Damit decken wir nun auch einige bislang weiße Flecken ab, die es in unserer Beratungsinfrastruktur vor allem im Süden und Osten Deutschlands gab“, sagt die Generalsekretärin.

Wohl mehr Ratsuchende infolge der Pandemie

Die Stellen erteilten etwa Auskunft zu finanziellen Hilfen, leiten gegebenenfalls an die Schuldnerberatung weiter. Denn in vielen Ländern ist das soziale Netz viel weitmaschiger als in Deutschland, werden mögliche Ersparnisse deshalb schnell aufgebraucht, was wiederum eine Rückkehr erschwert. Zudem geben die Stellen Informationen über Krankenversicherung und Kindergartenplätze. Oder wie es um das Aufenthalts- und Arbeitsrecht von Partnern oder Partnerinnen steht, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben. „Die Berater informieren über die notwendigen Schritte, finden mit den Ratsuchenden Perspektiven. Das kann bei näherer Betrachtung auch der Verbleib im Ausland sein.“

Gründe zurückzukehren seien vielschichtig: Die eigene Arbeitslosigkeit oder die Erkrankung der Eltern, aber auch wirtschaftliche Krisen oder politische Veränderungen im Aufenthaltsland könnten es sein. Klaissle-Walk: „Nach Ausbruch der Pandemie bewegt zudem manche das bessere Gesundheitssystem in Deutschland, sich mit einer Rückkehr intensiver zu befassen.“ Zugleich habe die Bedrohung durch das Coronavirus aber die Mobilität drastisch eingeschränkt. Genaue Zahlen liegen noch nicht vor, aber Klaissle-Walk rechnet aufgrund der Pandemie zum einen mit einer deutlichen Zunahme der Beratungen von Rückkehrwilligen beim Raphaelswerk, zum anderen aber aufgrund der geschlossenen Grenzen und fehlender Flugverbindungen im vergangenen Jahr nicht mit einem sofortigen Anstieg des tatsächlichen Zuzugs.

2019 sind laut Raphaelswerk gut 200 000 Deutsche aus dem Ausland zurück in die Bundesrepublik gezogen. Bis September 2020 hat das Bundesamt für Statistik 146 000 Zuzüge für das vergangene Jahr verzeichnet.

Text: Matthias Schatz