Ökumenepreis für Leipziger Verein "Integration und Bildung"
Menschen zur Seite stehen
Der Ökumenische Verein „Integration und Bildung" erhielt den Leipziger Ökumene-Preis 2022. Damit werden Ehrenamtliche geehrt, die mit viel Engagement im Leben von Flüchtlingen Großes bewirken.
Der Verein erhielt am Pfingstmontag den Ökumenepreis in Leipzig. Fotos: Ruth Weinhold-Hesse |
In geschwungenen lateinischen Buchstaben schreibt Swetlana Dzurinets: „Ich habe zwei Enkelinnen.“ Die Ukrainerin aus Uschgorod, die am 18. März in Deutschland ankam, hatte vor rund 50 Jahren Deutschunterricht in der Schule. Das lateinische Alphabet fällt ihr noch leicht, aber viele Wörter habe sie vergessen. Heute lernt sie den deutschen Stammbaum kennen. Mit ihrem Mann Jurij, einem Ungar, scherzt sie: „Es heißt ,Schwager‘, wenn du einen Bruder hättest.“
Das stärken, was die Menschen mitbringen
Geduldig erklärt Markus Dieringer die Verwandtschaftsverhältnisse in deutscher Sprache. Der Katholik engagiert sich seit 2017 in der Leipziger Initiative „Integration und Bildung“. Er erzählt über die sich immer wieder verändernde ehrenamtliche Arbeit: „Bei den Arabern hatten wir einige dabei, die Analphabeten in ihrer eigenen Sprache waren. Die haben hier überhaupt erst Schreiben und Lesen gelernt.“
Natalja Kotsjuba kommt an den Tisch der Arbeitsgruppe und übersetzt ins Ukrainische, wenn das Deutsch stockt. Die Studentin stammt aus Kiew und war eine der ehrenamtlichen Lehrkräfte, die am 5. April einen Deutschkurs für Ukrainer starteten. Inzwischen sind es sechs pro Woche.
Daniel Fickenscher arbeitet hauptamtlich für die ökumenische Initiative, die sich 2020 als Verein aufstellte. Hervorgegangen war er aus einer Privatinitiative die seit 2015 Syrern und Afghanen Deutschunterricht anbot. Drei Jahre hatte das Pastoralprojekt des Bistums eine halbe Stelle finanziert, ein Jahr die Caritas. Inzwischen lebt der Verein von Spenden.
Jurij und Swetlana Dzurinets aus dem ukrainischen Uschgorod lernen in einer Deutschstunde des Vereins „Integration und Bildung“. Markus Dieringer (links) ist einer der ehrenamtlichen Helfer und betreut eine der drei Lerngruppen am Donnerstag Vormittag. |
„Der Ökumenepreis war eine tolle Überraschung,“ sagt Fickenscher. „Wir können die Kollekte von rund 2780 Euro zur Finanzierung gut gebrauchen. Außerdem ist es wichtig, dass man unsere Arbeit überhaupt öffentlich wahrnimmt.“ Nach der Preisverleihung hätten sich neue Ehrenamtliche und Spender gemeldet. Darauf ist der Verein dringend angewiesen. Außerdem sei wichtig, dass mehr Flüchtlinge überhaupt vom Angebot erfahren. „Wir entlasten damit auch die Stadt Leipzig, da gibt es lange Wartelisten für Deutschkurse.“ Ebenso werden immer wieder Ehrenamtliche gesucht, die Kurse in Deutsch und anderen Fächern anbieten oder bei Gängen zu Behörden helfen.
Studenten helfen, die anderen Nachhilfe geben
Ziel sei auch die zu unterstützen, die sich ehrenamtlich engagieren. Einige seien Studenten, die unter den gestiegenen Energiekosten leiden. Sie bräuchten Nebenjobs, um ihr Studium zu finanzieren. „Wir würden sie gerne als studentische Hilfskräfte anstellen und sind dabei, Fördermittel zu beantragen“, erklärt er.
Swetlana Dzurinets und die anderen Ukrainer wollen im Herbst einen offiziell anerkannten Deutsch-Abschluss machen. Danach, so Fickenscher, sieht der Verein das gemeinsame Lernen der Flüchtlinge aus allen Ländern im Mittelpunkt: „Das ist auch gesellschaftlich gewinnbringend.“
Mehr: www.integration-leipzig.de
Von Ruth Weinhold-Hesse