1972 entstand die Apostolische Administratur Görlitz. Seit 1994 ist sie Bistum.
Mit diplomatischer Taktik
Vor 50 Jahren wurde die Apostolische Administratur Görlitz errichtet. Bistumsarchivar Winfried Töpler erläutert, was es mit dieser provisorischen Kirchenstruktur auf sich hatte und warum sie 22 Jahre später beendet wurde.
Am 4. Oktober 1972 überreicht Kardinal Alfred Bengsch dem Apostolischen Administrator Bischof Bernhard Huhn das Dekret über die Errichtung der Administratur Görlitz. Es ist auf den 28. Juni des gleichen Jahres datiert. Foto: Bistumsarchiv Goerlitz |
Infolge des Zweiten Weltkriegs kamen Schlesien und damit das Erzbistum Breslau unter polnische Hoheit. Der polnische Staat duldete keine deutschen Bischöfe. Am 12. August 1945, nach dem Tod von Kardinal Adolf Bertram, musste Kapitelsvikar Ferdinand Piontek als Interimsverwalter des Erzbistums auf seine Hoheit über die von Polen verwalteten Gebiete verzichten. Sie wurde auf das kleine Gebiet westlich der Lausitzer Neiße beschränkt.
Hier wurde im Sommer 1945 das „Erzbischöfliche Generalvikariat Breslau, Außenstelle Görlitz“ eingerichtet, das bald aus politischen Gründen nur noch „Erzbischöfliches Amt Görlitz“ genannt wurde. Polen drängte seit 1945 auf eine dauerhafte Lösung für die Kirchenverwaltungen in den bisherigen deutschen Gebieten, doch der Vatikan zögerte. Er sah staatliche Friedensverträge als notwendige Voraussetzung für die Errichtung neuer Bistümer an. Erst die neue Ostpolitik der Bundesregierung unter Willy Brandt führte 1970 zum „Warschauer Vertrag“, den der Vatikan als Friedensvertrag ansah.
Mit der Bulle „Episcoporum Poloniae“ vom 28. Juni 1972 errichtete Papst Paul VI. die Bistümer Landsberg/Gorzów, Stettin-Cammin/Szczecin-Kamień, Köslin-Kolberg/Koszalin-Kołobrzeg und Oppeln/Opole sowie ein neues Erzbistum Breslau/Wrocław. Zugleich ließ er durch die Kongregation für die Bischöfe mit dem Dekret „Quo aptius“ die Apostolische Administratur Görlitz aufrichten.
Warum Görlitz nicht schon 1972 Bistum wurde
Der Vatikan hatte damals daran gedacht, auch das Görlitzer Gebiet zu einem Bistum zu erheben. Seitens der DDR hätte man aber sofort dagegen protestiert und gefordert, auch die Gebiete von Schwerin, Magdeburg und Erfurt zu Bistümern zu erheben. Sie gehörten zu Bistümern, deren Bischofssitze in Westdeutschland lagen (Osnabrück, Paderborn und Fulda). Dieses Vorhaben wäre aber als Anerkennung der deutschen Teilung angesehen worden. So blieb es in Görlitz bei einer dem Papst unmittelbar unterstellten „provisorischen“ Lösung. Der zum Apostolischen Administrator ernannte Bernhard Huhn ging nun daran, nötige Strukturen aufzubauen. 1973 wurde auf seine Bitten hin die St. Jakobus-Kirche zur Pro-Kathedrale erhoben. Damit bekam der Kirchenbezirk eine eigene Mutterkirche. An dieser Kirche wurde dann ein Kleriker-Kapitel errichtet, das nach außen hin wie ein Domkapitel wirkte.
Angleichung an Struktur westlicher Bistümer
1982 wurde die heilige Hedwig von Schlesien zur Diözesanpatronin erklärt. Die zentrale Kirchenverwaltung bekam eine Struktur ähnlich der anderer Bistümer. Vervollständigt wurde die Verwaltung durch die Ernennung eines Generalvikars 1982. Damit waren alle Strukturen geschaffen, die sonst ein Bistum besaß. Die Erhebung der Apostolischen Administratur zum Bistum war nun keine Frage der Zeit, sondern der politischen Rahmenbedingungen.
Generelle Neuordnung nach der Wende
Bereits im Frühjahr 1990 wurde die Frage nach der Erhebung zum Bistum aufgeworfen. Die wäre vielleicht schon 1992 vollzogen worden, doch die politische Wende in der DDR brachte die Frage nach einer generellen Neuordnung der katholischen Kirche in ganz Mittel- und Norddeutschland auf den Tisch. Es dauerte noch zwei Jahre, bis dann neben Görlitz auch Erfurt und Magdeburg zu Bistümern und Berlin zum Erzbistum erklärt wurden sowie im Norden das Erzbistum Hamburg aus der Taufe gehoben wurde.
Der 8. Juli 1994 gilt als Tag der Errichtung des Bistums Görlitz, die am 3. September 1994 feierlich vollzogen wurde. Damit fand das „Provisorium“ der Apostolischen Administratur Görlitz ein Ende.
Von Winfried Töpler