Momente des Glücks

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Personen bei Spendenübergabe.
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Foto: Winfried Wagner

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Spendenübergabe mit Sternsingern: Im Vordergrund Silvio Witt, Bürgermeister von Neubrandenburg, der Bundestagsabgeordnete Philipp Amthor und der Vorsitzende des Dreikönigsvereins Rainer Prachtl.

Ein großes Treffen für prominente und weniger prominente Mecklenburger – und einen großen Anschub für die Hospizarbeit des Neubrandenburger Dreikönigsvereins erlebten 500 Gäste beim Benefizessen am Dreikönigstag.

„Es gibt Momente des Glücks. Sie kommen immer dann, wenn man es nicht erwartet“, sagte Manfred Lütz bei seinem Auftritt im Neubrandenburger Haus der Kultur und Bildung. Und eine wichtige Voraussetzung dafür kann der 69-jährige Buchautor und Psychiater auch benennen: Gefühle des Glücks stellen sich ein, wenn man etwas in sich Sinnvolles tut. „Alle Ratgeber in Sachen Glück sollte man dagegen tunlichst ignorieren“, sagte Lütz ganz konsequent.

Mit dieser Botschaft war der Bonner Festredner, der mehr als 20 Jahre lang auch mal ein Krankenhaus leitete, am Dreikönigstag in Neubrandenburg nicht allein. Rund 500 Gäste waren zum ersten wirklich großen Benefiztreffen des Dreikönigsvereins nach der Coronapandemie wieder nach Neubrandenburg gekommen – darunter auch Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschefin Manuela Schwesig, die 2024 auch Präsidentin des Bundesrates ist. Viel aktive und ehemalige Politikprominenz war angereist. Und es gab viel Positives zu vermelden. Die Gäste des Abends und viele andere Spender haben den Verein um den Vorsitzenden Rainer Prachtl diesmal so tatkräftig wie noch nie unterstützt. Trotz der Inflation und vieler anderer Schwierigkeiten kam mit mehr als 90 000 Euro eine hohe Spendensumme für das Dreikönigshospiz zusammen. „Das ist ein großartiges Ergebnis und ich verneige mich vor allen, die uns in diesen schwierigen Zeiten unterstützen“, sagte Prachtl in der Eröffnungsrede des 33. Benefizabends.

Vor wenigen Monaten hatten die Verantwortlichen nämlich festgestellt, dass die überall laufenden Kostensteigerungen – sei es bei Energie, Lebensmitteln, Medikamenten und den höheren Pflegekosten auch durch die Lohnerhöhungen – das Dreikönigshospiz und die gesamte Betreuung von Sterbenskranken des Vereins in eine finanzielle Notlage gebracht hatten. „Brauchten wir in früheren Jahren etwa 50 000 Euro pro Jahr als Zuschuss, so sind es nun mindestens 75 000 Euro“, erläuterte Regina Prachtl, die das Hospiz leitet. „Die Kassen haben die Erhöhungen aber bisher nicht ausgeglichen“, sagte Prachtl.

Bundesweit gilt eine einheitliche Regel: Die etwa 300 Hospize in Deutschland müssen fünf Prozent der „tagesbezogenen Pflegesätze“ allein aufbringen. Das können sie über Eigenmittel tun, sie können Spenden einwerben oder auch die Menschen, die sie aufnehmen und deren Familien mit einem symbolischen Betrag beteiligen. In Neubrandenburg ist es gute Tradition, dass die „Gäste“ – die meist unheilbar krank sind und nur noch wenige Wochen zu leben haben – kostenlos aufgenommen werden.

„Ihr habt die Uhren, wir haben die Zeit“

Durch die fehlende Unterstützung der Krankenkassen geht die Kostenschere aber immer weiter auseinander. Deshalb kommt die Rekordspende gerade recht. Damit kann die Konsolidierung für das Dreikönigshospiz beginnen, sagte Prachtl. Mit Schwesig und Lütz fand der Neubrandenburger nun zwei motivierte Mitstreiter, die dies eindrucksvoll kundtaten.

So erinnerte die Ministerpräsidentin daran, wie sie zuletzt 2020 beim Dreikönigsabend in Neubrandenburg war. Damals hatte sie ihre Krebsbehandlung gerade überstanden, war noch erschöpft von den Strapazen, was man ihr auch ansah. „Aber ich wollte mich damals nach der Erkrankung auch nicht verstecken“, sagte die Schweriner Politikerin. Sie habe am eigenen Leib erfahren, wie wichtig Zuwendung sei.

Deshalb schätze sie diese Arbeit des Dreikönigsvereins und seiner Pfleger für die Sterbenskranken und deren Familien sehr. „Die Zuwendung, die wir Menschen am Beginn des Lebens schenken, diese ist auch am Ende des Lebens nötig“, erklärte Schwesig sehr glaubhaft auf dem Podium, was die Gäste mit viel Beifall quittierten.

Auch Amthor sprach von den derzeit schwierigen Zeiten. „Die Verteuerung macht keinen Bogen um Neubrandenburg und auch nicht um das Hospiz“, sagte der 31-jährige Jungpolitiker bei der Spendenübergabe, als alle Gäste mit Rainer Prachtl und den Stern- und Dreikönigssängern Lieder intonierten. In Neubrandenburg und im Umfeld des Dreikönigsvereins über die Stadt hinaus könne man ein breites gesellschaftliches Bündnis erleben, was in solchen Zeiten sehr gut tue, sagte Amthor.

Die Benefizveranstaltung wurde vom Jugendsinfonieorchester der Kreismusikschule Koncentus musikalisch umrahmt. Am Ende beglückwünschte Festredner Lütz die Stadt und die gesamte Region für so viel sinnstiftendes Engagement, wie sie der Verein organisiere.

Nicht Erfolg oder Besitz machten glücklich, sagte Lütz in seiner humorvollen Art. Glück sei, sich in einer Gemeinschaft wiederzufinden, die Sinnvolles initiiert, eben auch, sich angemessen um Menschen in der letzten Etappe ihres Lebens zu kümmern. Denn: „Nur dadurch, dass wir sterben, wird jeder Moment, den wir leben, unwiederholbar.“ Man könne sogar im Schmerz und im Leiden Glücksmomente erleben, meinte Lütz. Ihm habe in der Hinsicht einmal eine Afrikanerin einen Satz gesagt, den er nie vergessen habe. Als er mit dieser Frau über Zeit und Uhren sprach, sagte sie zu ihm: „Ihr habt die Uhren, wir haben die Zeit.“

Winfried Wagner