Papst feiert Gottesdienst mit 100.000 Gläubigen

Nachdenkliche Oster-Feiern im Vatikan

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Papst Franziskus sprach von einem "Ostern des Krieges" und betete für den Frieden in der Ukraine und anderen Kriegsregionen.

Foto: kna/Vatican Media/Romano Siciliani
Erstmals seit der Corona-Pandemie feierte Papst Franziskus mit 100.000 Gläubigen die Ostermesse auf dem Petersplatz und spendete den Segen "Urbi et Orbi". Foto: kna/Romano Siciliani/Vatican Media


Noch einmal zurücksetzen, dann Stufe für Stufe manövriert der Fahrer den weißen Geländewagen vorsichtig durch den gelben Blumenschmuck vor dem Petersdom. Seine kostbare Fracht: Papst Franziskus, der nach der Ostermesse am Sonntag die rund 100.000 Pilger begrüßen möchte. Bis kurz vor die Engelsburg muss er fahren, damit ihn alle Menschen aus der Nähe sehen können.

Es ist voll. Das minutenlange Schweigen nach dem Evangelium der Ostermesse durchbricht trotzdem nur eine Möwe und das Plätschern der Brunnen. Eine Predigt gibt es nicht, Franziskus' Osterbotschaft vor dem traditionellen "Urbi et orbi"-Segen ist dafür umso intensiver. Von einem "Ostern des Krieges" spricht das Kirchenoberhaupt auf dem Balkon des Petersdoms.

In seinem Herzen trage er all die vielen ukrainischen Opfer, die Millionen von Flüchtlingen, die auseinandergerissenen Familien, die allein gelassenen alten Menschen, die zerstörten Leben und die dem Erdboden gleichgemachten Städte, so der Papst eindringlich. Bei diesem Blutvergießen und der Gewalt falle es schwer zu glauben, dass Jesus wirklich auferstanden sei. Eine Illusion sei dies aber nicht. Seinem Appell für Frieden in der Ukraine folgte langer Applaus.

Aber auch viele weitere Konflikte und Krisenherde ließ Franziskus nicht aus. So bat er etwa um ein geschwisterliches Zusammenleben der Religionen in Jerusalem und um Frieden etwa in Syrien und Myanmar, im Libanon, Libyen und Jemen; ebenso in Afrika und Lateinamerika. Für die indigenen Völker aus Kanada und die dortige katholische Kirche bat er um göttlichen Beistand auf dem "Weg der Versöhnung". Erst kürzlich hatte Franziskus deren Vertreter zu Gesprächen im Vatikan getroffen. Grund war die Rolle der Kirche in der Geschichte der umstrittenen Residential Schools, in denen im 19. und 20. Jahrhundert indigene Kinder ihrer Kultur beraubt, misshandelt und auch missbraucht wurden.

Das höchste Fest der Christenheit im Vatikan: Nach zwei Jahren Corona-Pandemie ist es in seinen Abläufen nahezu zur Normalität zurückgekehrt, die Pilgerzahl rasant gestiegen, der Petersplatz mit rund 40.000 Pflanzen ein farbenfrohes Blumenmeer. Inhaltlich aber überschattet der Krieg in der Ukraine diese Osterfeierlichkeiten.

In der Osternacht erklärte Franziskus, die Nächte des Krieges seien von leuchtenden Spuren des Todes durchzogen. "Mit Gesten des Friedens in dieser von den Schrecken des Krieges gezeichneten Zeit" seien die Christen aufgerufen, den auferstandenen Christus ins tägliche Leben zu tragen. An dem Gottesdienst nahm auch eine ukrainische Delegation teil, unter anderem der Bürgermeister der Stadt Melitopol, Iwan Fedorow. Dieser war während des Kriegs von russischen Soldaten entführt und später freigelassen worden. Am Ende seiner Predigt begrüßte der Papst sie eigens und bat alle Anwesenden eindringlich, für den Frieden zu beten.


Gesundheitliche Probleme des Papstes

An Karfreitag hielt Franziskus trotz ukrainischer Kritik an einer umstrittenen Friedensgeste beim Kreuzweg am Kolosseum fest. In der Dunkelheit, bei Kerzenlicht, trugen eine Ukrainerin und eine Russin gemeinsam das schlichte Holzkreuz auf einer Etappe der Andacht. Der bereits veröffentlichte Text zur 13. Station wurde jedoch durch einen kürzeren und eine Zeit des Schweigens ersetzt.

Aber nicht nur der Krieg bereitet dem Kirchenoberhaupt große Sorgen, auch gesundheitliche Probleme setzen Franziskus sichtlich zu. Erstmals konnte er wegen seiner Knie- und Hüftschmerzen die wichtige Messe der Osternacht nicht selbst leiten. Stattdessen nahm er von einem Stuhl vor den Bankreihen der Gläubigen aus am Gottesdienst teil. Hauptzelebrant war Kardinal Giovanni Battista Re, der Dekan des Kardinalskollegiums. Bei der Feier an Karfreitag im Petersdom betete das Kirchenoberhaupt stehend still vor dem Hauptaltar und verzichtete darauf, sich wie in der Liturgie an dieser Stelle vorgesehen auf dem Boden auszustrecken. Während seiner Osterbotschaft am Sonntag auf der Mittelloggia des Petersdoms musste er sich zwischenzeitlich setzen.

Den anschließenden Segen "Urbi et orbi" (Der Stadt und dem Erdkreis) erteilte Franziskus dann aber wieder stehend. Überhaupt scheint eine gesundheitsbedingte Absage für den 85-Jährigen nicht in Frage zu kommen. So nahm er an Gründonnerstag die Tradition der Fußwaschung in einer Einrichtung außerhalb des Vatikan wieder auf. In der Haftanstalt von Civitavecchia nahe Rom wusch er zwölf Häftlingen die Füße. Das macht er ohnehin schon lange im Stehen. Genauso wie die Fahrten im weißen Geländewagen - off-road durch das bunte Blumen- und Menschenmeer.

kna