Aktion "Woche für das Leben"
Nehmt ihre Nöte ernst
Jugendliche und junge Erwachsene sorgen sich um die Zukunft. Studien zeigen: Ihre psychische Belastung ist durch Corona, Krieg und Klimawandel so hoch wie nie. Die Kirchen rufen in der Woche für das Leben dazu auf, ihnen zuzuhören.
Von Barbara Dreiling
Diana Kotte vertraut jungen Leuten. Wo viele skeptisch auf Aktionen von Fridays for Future oder der Letzten Generation schauen, sieht sie Potenzial. „Mich lässt die junge Generation hoffen. Da liegt sehr viel Kraft, sehr viel Gestaltungswille. Da liegt viel Energie“, sagt sie.
Doch Kotte sieht auch die Probleme. Sie ist Koordinatorin des Caritas-Projekts [U25] – eines Angebots für junge Menschen mit Suizidgedanken. Bei der [U25] antworten 360 Gleichaltrige ehrenamtlich in E-Mails auf die Sorgen junger Menschen. Im vergangenen Jahr haben sie 1400 Klientinnen und Klienten in ganz Deutschland beraten. Der Bedarf liegt weit höher, berichtet Kotte.
Aus ihrer Arbeit weiß Kotte, dass es stimmt, was die Studien sagen: Die Belastungen junger Menschen haben zugenommen und auch die Suizidversuche, wie sie aus Kliniken erfährt. Sie spricht von einer Generation, die „sehr gebeutelt ist“ und andererseits „sehr aktiv, sehr stark“. Die Auswirkungen der Pandemie, der Krieg und die Klimakrise kommen aktuell zu den Problemen im Elternhaus, in Schule und Studium hinzu. Darüber hinaus sieht Kotte die jungen Leute in einem Generationenkonflikt. Denn aus deren Sicht ist die Bedrohungslage der Welt schlimmer, als es viele Erwachsene wahrnehmen, berichtet Kotte.
Die Kirchen stellen die Generation Z in den Mittelpunkt der Woche für das Leben vom 22. bis 29. April. Das sind jene Menschen, die zwischen 1995 und 2010 geboren sind. Was können Christinnen und Christen tun, um junge Menschen zu entlasten?
„Warum macht ihr das? Was bewegt euch?“
Die Kirchen müssen die Themen junger Menschen aufnehmen, wenn sie sie ansprechen möchten, sagt Kotte. Aus der [U25]-Beratung weiß sie, dass Gemeinschaft hilft, um Krisen zu bewältigen. Gemeinschaft war immer ein Angebot der Kirchen. Doch Religiosität gehört, so erlebt es Kotte, aktuell nicht zu den vorrangigen Interessen junger Leute. Aus ihrer Sicht wäre es hilfreich, wenn die Kirchen Raum für Gemeinschaft böten und die Möglichkeit, zusammen etwas zu tun, „die Welt zu verbessern“, sagt sie. Ohne religiöse Erwartungen.
Erwachsene Menschen seien, so sagt sie, als Vorbilder gefragt. Wenn sie sich ehrenamtlich für etwas engagieren, können sie jungen Menschen zeigen, dass gemeinsames Tun gegen Einsamkeit hilft. Kotte wünscht sich darüber hinaus mehr Kommunikation zwischen den Generationen: „Warum nicht einfach mal zu den Fridays for Future gehen, sich dazustellen und zuhören? Und dann neugierig fragen: Warum macht ihr das? Was bewegt euch? Was bringt euch dazu, eure Freizeit bei einer Demo zu verbringen?“
Es falle leicht, Fremdes zu verurteilen, sagt Kotte. Sie wünscht sich Neugier statt Ablehnung und kann sich gut vorstellen, dass die jungen Leute gesprächsbereit sind. Man könne darüber streiten, ob einzelne ihrer Aktionen angemessen sind, sagt Kotte. Aber ihr Engagement solle man ernst nehmen, fordert die Caritas-Mitarbeiterin. Es seien „Menschen, die was wollen in der Welt und das finde ich gut. Die nehmen nicht nur, die geben auch ganz viel“.