Kreuze für staatliche Schule
Neu, bunt, leuchtend
Viele Menschen wünschen sich eine Trennung von Kirche und Gesellschaft. So gesehen ist es außergewöhnlich, wenn sich eine staatliche Schule dafür einsetzt, dass Kreuze aufgehängt werden. Die Kirchengemeinde macht mit.
Sie bringen nicht nur Farbe in die Klassenräume, sondern verkünden auch die Botschaft von Gottes Liebe: die neuen, bunten Kreuze in der Sünte-Marien-Grundschule Wietmarschen. Die rund 14 Zentimeter hohen, aus Eichenholz und Kunststoff gefertigten Objekte stammen aus der Werkstatt des Künstlers Reinhard Dasenbrock. Während eines ökumenischen Gottesdienstes unter Leitung des katholischen Pfarrers Gerhard Voßhage sowie der evangelisch-lutherischen Pastorin Edda Remmers-Thielke wurden die Kreuze gesegnet.
Die Bevölkerung der Gemeinde Wietmarschen ist – im Gegensatz zu den anderen Kommunen in der Grafschaft – überwiegend katholisch geprägt. Die Sünte-Marien-Schule ist zwar trotz ihres katholischen Namens eine staatliche Grundschule, es besteht aber ein guter Kontakt zur örtlichen Kirchengemeinde St. Johannes Apostel, die auch die Kosten für die Kreuze übernommen hat. Das verwendete Holz stammt von einer Eiche, die einst nahe der Josefskapelle im Wietmarscher Stiftsbusch stand. Gespendet wurde das Material von den Familien Dall und Göcken.
Kein unbeachtetes Dasein an der Wand fristen
Ursprünglich war vorgesehen, nur für jede Religionslehrkraft ein Kreuz zu beschaffen. Nachdem allerdings Künstler Dasenbrock seine Werke dem Kollegium präsentiert hatte, entstand der allgemeine Wunsch, die gesamte Schule zu versorgen. Schulleiter Timothy Hansmann erklärt dazu, die Kreuze würden nicht an die Wand gehängt, sondern flexibel im Unterricht eingesetzt. Sie könnten etwa während der Religionsstunden auf das Pult oder bei einem Stuhlkreis in die Mitte gestellt werden. Damit binde man die Kreuze aktiv ein und vermeide, dass sie an der Wand ein unbeachtetes Dasein fristen.
Zur Gestalt seiner Werke sagt Reinhard Dasenbrock, er habe bewusst nicht den leidenden Christus dargestellt, sondern den Korpus nur angedeutet. Der verwendete Kunststoff trägt die Bezeichnung „LISA“ (Lichtsammelndes Acrylglas), sein besonderes Merkmal ist der Leuchteffekt. Insgesamt 22 Kreuze hat Dasenbrock für die Auftraggeber in Wietmarschen angefertigt. Neben den Klassen- und Betreuungsräumen der Grundschule erhalten auch die Kirchengemeinde und die stiftenden Familien einige Exemplare.
Während des Segnungsgottesdienstes in der Schulaula betonten Pfarrer Voßhage und Pastorin Remmers-Thielke, das Kreuz sei ein Symbol des Lebens und der Hoffnung. Die bunten Farben spiegelten die Vielfalt der Schülerinnen und Schüler wider und betonten somit die Haltung, einander nicht auszugrenzen. Die Kinder selbst brachten in den Fürbitten unter anderem den Wunsch zum Ausdruck, die Kreuze mögen daran erinnern, fair und freundlich miteinander umzugehen.
Die alten Kreuze wurden nicht wieder aufgehängt
Schulleiter Hansmann und Pfarrer Voßhage berichten, früher habe es bereits Kreuze in der Schule gegeben. Diese seien allerdings nach Renovierungsarbeiten nicht wieder aufgehängt worden. Nicht nur habe sich manche Lehrkraft an der Ästhetik der großen, dunklen Kreuze gestört, auch habe man aufgrund des Gewichts eine Gefahr für die Kinder befürchtet.
Reinhard Dasenbrock, Jahrgang 1948, lebt und arbeitet im Neuenkirchener Ortsteil Vinte im Landkreis Osnabrück; Schwerpunkt seiner Arbeit sind Rauminstallationen. In Sachen Kreuze ist der Künstler in Wietmarschen kein Unbekannter: Bereits vor zwei Jahren stattete er die Grundschule im Ortsteil Lohne mit Kreuzen aus. Auch für Privathaushalte sowie für die Kirche Mariä Himmelfahrt in Eggermühlen hat Dasenbrock in der Vergangenheit Kreuze geschaffen.
Sebastian Hamel