Auf ein Wort
Neue Namen für Gott
Es ist, als ob ich für jemanden einen neuen Kosenamen suchen würde, mit dem ich seit über 50 Jahren zusammen bin. Wie rede ich Gott an? Ich habe bisher oft „Herr“ gesagt, manchmal „Seigneur“, weil ich das Französische mag. In der Bibel-Einheitsübersetzung kommt der „Herr/Herr“ ständig vor, allein in der ersten Lesung achtmal.
Aber mir ist bewusst geworden: Dieser Name und diese Anrede sind schwierig. Herrschaft, Hierarchie drückt sich darin aus, und natürlich Männlichkeit. Dabei steht da im ursprünglichen Hebräisch meist gar nicht „Herr“, sondern der geheimnisvolle Gottesname, den man auch anders wiedergeben könnte – „Ich bin“ oder „Adonaj“ oder „Ewige/Ewiger“ oder einfach nur „der Name“ (hebräisch: ha-schem).
Ich probiere das nun öfter aus. Sage beim Beten nicht „Ach, Herr“, sondern: „Ach, Du“ oder „Du, mein Gott“. Mit der Lesung könnte ich auch sagen „Du Barmherziger!“ oder „Du treue Gottheit!“. „Gottheit, tief verborgen“, heißt es im Gesang von Thomas von Aquin.
Gott ist geheimnisvoller, vielfältiger, als wir meinen. In der Lesung steigt Mose auf den Berg und Gott steigt zu ihm herab. Er ist höher und weiter als unser Herz und Verstand. Männlich, weiblich, dreieinig – alles auf einmal und schwer zu verstehen.
Einen neuen Namen für Gott zu finden, ist etwas anstrengend, aber es tut meinem Glauben gut. Wenn ich mir überlege: Wie rede ich Gott an?, denke ich darüber nach: Wie ist Gott für mich? Wie erlebe ich ihn/sie? Dadurch kommen wir uns vielleicht sogar näher, mein Gott und ich.
Beate Hirt, Katholische Senderbeauftragte beim Hessischen Rundfunk, Frankfurt