Fastenzeit

Nur noch Brühe?

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Heilfasten, um das Rheuma zu kurieren, Intervallfasten, weil es den Organismus entlastet – der Verzicht aufs Essen wird in der Überflussgesellschaft von vielen Menschen praktiziert. Das ist oft gar nicht mehr an die österliche Bußzeit gebunden.


Lecker! Neben Wasser ist beim Fasten eine Gemüsebrühe erlaubt. Langsam löffeln tut gut. Foto: istockphoto/Sonja Rachbauer

40 Tage in der Wüste fasten – das klingt nach Verzicht und war es sicher auch, wenn wirklich nichts gegessen wurde. Vielleicht wurden aber auch Heuschrecken verzehrt, wer weiß das schon. Sie enthalten immerhin viel Eiweiß – und auf Proteinzufuhr setzen manche Fastenexperten als Ausgleich, falls der Körper beim Fasten Reserven aus der Muskelmasse anzapft und sich nicht nur aus den Fettdepots bedient. 

Die Fastenkuren, die in Kliniken angeboten werden, verbieten Rauchen, Alkohol und ungehemmtes Schlemmen. Es wird genügend getrunken, Wasser und Kräutertee, als Nahrungsersatz sind Gemüsebrühe oder Säfte erlaubt, beim Fasten nach Mayr werden alte Semmeln gegessen und lange gekaut. Beim Fasten nach Hildegard von Bingen isst man sich satt mit Dinkelbrot, Dinkelsuppen oder Salat mit Dinkelkörnern; gute Laune spendet der Herzwein, der aus Rotwein und Petersilienhonig gekocht wird.


Heilfasten nach Buchinger
Nachdem der Arzt Otto Buchinger (1878 bis 1966) seine eigene Rheumaerkrankung durch Fasten fast ganz geheilt hatte, entwickelte er das Buchinger-Heilfasten, es wird stationär durchgeführt. Ziel ist, den Stoffwechsel zu entlasten und Giftstoffe auszuleiten. Ausreichend Bewegung soll den Körper unterstützen und vor dem Abbau von Muskeleiweiß schützen, außerdem ist genügend Ruhe vorgesehen. Die stationäre Kur wird je nach Krankheitsbild zwei bis vier Wochen dauern, dazu zählen auch schon die Entlastungstage.

Der Arzt Hellmut Lützner (1928 - 2020) entwickelte aus dem stationären Buchinger-Fasten ein „Fasten für Gesunde“, das ebenfalls auf Nahrungsverzicht setzt und das man zu Hause selbst durchführen kann. Es dauert acht Tage (ein Entlastungstag, fünf Fastentage, zwei Aufbautage). Erlaubt sind Wasser, verdünnte Obst- und Gemüsesäfte, mittags wird Gemüsebrühe gelöffelt. Dazu gibt es Honig und Zitronenschnitze.


Fasten nach F. X. Mayr
Das Fasten, wie es von dem österreichischen Arzt Franz Xaver Mayr (1975 - 1965) entwickelt wurde, hat das Ziel, die Darmgesundheit zu fördern. Zunächst sind in der Vorkur, die sieben bis 14 Tage dauert, nur Kräuertees, Wasser und Gemüsebrühe erlaubt, daran schließt sich eine Milch-Semmel-Kur an, bei der morgens und mittags ein zwei bis vier Tage altes Weizenbrötchen gegessen wird, dazu gibt es Milch, die löffelweise aufgesogen werden soll. Jeder Bissen soll dreißigmal gekaut werden. 


Basenfasten
Beim Basenfasten wird feste Nahrung aufgenommen, und zwar aus dem Bereich der Lebensmittel, die als basenbildend gelten. Auf säurebildende Nahrung wird verzichtet, damit der Säure-Basen-Haushalt des Körpers ins Gleichgewicht gebracht wird. Entwickelt hat diese Methode die Heilpraktikerin Sabine Wacker. Rohkost und Obst sollen nur bis 14 Uhr verzehrt werden, die letzte Mahlzeit soll vor 18 Uhr eingenommen werden. Wichtig sind Bewegung, Ruhepausen und ausreichend Schlaf. Das Basenfasten dauert in der Regel acht Tage. 


Hildegard-Fasten
Beim Hildegard-Fasten, wie es Brigitte Pregenzer empfiehlt, wird nicht gehungert. Die Fastenden sollen sich satt essen mit Dinkelprodukten. Es ist möglich, nur Dinkelbrot zu essen oder auch, sich eine Dinkelgrießsuppe zu kochen (wenn man warme Speisen mag) oder einen Kopfsalat mit Dinkelkörnern und leckerer Marinade zuzubereiten (wenn man lieber Kaltes isst). Außerdem gibt es Fencheltee, Maronihonigherzwein und Galgantwein sowie täglich morgens und abends einen Esslöffel Birnbrei. Das Hildegard-Fasten dauert zehn Tage: zwei Ausleitungstage, sechs Fastentage, zwei Nachfastentage. Wichtig ist auch hier der Wechsel aus Ruhe und Bewegung.


Saft- und Molkefasten
Das Saftfasten kann zu Hause durchgeführt werden, dabei werden frische Gemüse- und Obstsäfte in Kombination mit Wasser und ungesüßte Kräutertees getrunken. Die Säfte werden auch aus Heilpflanzen hergestellt, es gibt zum Beispiel Melissensaft und Brennesselsaft. Dauer: drei bis 14 Tage. Das Molkefasten ist auch als Molke-Trinkkur bekannt, dabei wird auf feste Nahrung verzichtet, Molke ist aber erlaubt. Dahinter steht der Gedanke, dass das durch die Molke aufgenommene Eiweiß den Abbau von Muskeleiweiß beim Fasten verhindert. Die Molkekur eignet sich nicht für Personen mit Lactose-Intoleranz.


Den Darm entlasten
Bei vielen Fastenkuren wird der Darm entlastet, sprich, auf einen Schwung geleert. Dazu wird empfohlen, zur Abführung Wasser mit Glaubersalz oder Bittersalz zu trinken oder sich einen Einlauf zu machen, die Gerätschaften dafür erhält man in der Apotheke. Manche Experten behaupten, das Hungergefühl beim Fasten gehe erst dann weg, wenn auch der Darm vollständig entleert sei. In den USA wird ohne vorherige Darmentleerung gefastet. Auch das Hildegard-Fas-
ten, bei dem man ja essen darf, sieht keinen Einlauf vor.


Intervallfasten im Alltag
Das Intervallfasten ist eine Form des Fas-tens, die gut in den Alltag integrierbar ist. Hierbei darf normal gegessen werden, allerdings nur in einem bestimmten Zeitraum. Beim 16:8-Fasten wird der Tag in 24 Stunden unterteilt, von denen man in einem Zeitraum von acht Stunden normal essen darf, innerhalb von 16 Stunden aber keine Nahrung zu sich nimmt. 


Warum das Ganze?
Hieß es früher, beim Fasten würden Schlacken aus dem Körper geleitet, weiß man heute, dass durch Verzicht auf Essen der Prozess der Zellerneuerung angeregt wird, die sogenannte Autophagie, und dass während des Fastens eine Reihe biochemischer Vorgänge dazu führen, dass der Körper entzündungshemmende Stoffe ausschüttet. Dieser Effekt tritt nicht nur bei mehrwöchigen Fastenkuren, sondern auch schon beim Intervallfasten auf.

Andrea Kolhoff