Ansveruswallfahrt 2024 in Ratzeburg
Öffne dich!
Foto: Andreas Hüser
Da war ein Mann, der konnte weder hören noch sprechen. Schon als Kind nicht. „Seine Mutter konnte nicht mit ihm reden. Kein zärtliches Wort drang an seine Ohren.“ In einer schwarzen Pfadfinderjurte sitzt ein Kreis ganz verschiedener Menschen. Die Jungen auf dem Boden, die Alten auf Bänken. Sie lauschen der Geschichte, die Lucia Justenhoven erzählt. „Und das Schlimmste war, wenn jemand kam und mit Mitleid auf ihn schaute.“ Die Geschichte steht schon in der Bibel. Aber anders. Das Markusevangelium berichtet von dem Taubstummen in Galiläa in knappen Worten. Lucia Justenhoven aber lässt ihre Zuhörer wissen, wie es diesem Mann wirklich ging. Und wie es war, was der Mann fühlte, als der fremde Rabbi namens Jesus auftauchte, seine Ohren und seine Zunge berührte – und es wie ein Schauer durch diesen Menschen ging. Ich kann hören! Ich kann sprechen!
Der Ruf „Effata – tu dich auf!“ war Thema des Evangeliums und auch Thema der Ansveruswallfahrt 2024. Nicht von ungefähr fand die Erzählstunde mit Lucia Justenhoven in einem Zelt statt. Wie schon im Vorjahr gab es am Samstag ein offenes Zeltlager auf der Ansveruswiese – 31 Kinder und Jugendliche waren dabei. Das Lager macht die traditionelle Wallfahrt, bei der man viele bekannte Gesichter sieht und ältere Stammwallfahrer trifft, auch für den Nachwuchs attraktiv.
Zum ersten Mal dabei: Generalvikar Pater Sascha Philipp Geißler. Zum Glück für den Hamburger Generalvikar – so Pfarrer Christoph Scieszka zu Beginn der Messe – musste Erzbischof Stefan Heße zur Einführung des neuen Bischofs nach Osnabrück reisen – so durfte Pater Geißler seine erste und zugleich die wärmste Ansveruswallfahrt der Geschichte erleben.
„Öffne dich!“ Das ist nicht nur der Appell an einen Taubstummen vor 2000 Jahren. „Erst muss eine Offenheit für das Wirken Gottes da sein. Dann kann Heil entstehen“, sagte Sascha Philipp Geißler in der Predigt. Empfangsbereit sein, das ist die Haltung der Christen. Das bedeutet: Sich „nicht Augen und Ohren vollstopfen lassen“ mit falschen Parolen und Unheilsbotschaften. Es bedeutet, auf Gottes Wort zu hören, zu antworten und mehr. Pater Geißler: „Wir können noch so viel beten – wenn es nicht auch uns selbst verändert, reicht es nicht.“