Freiwillige bloggen aus Russland und Ghana
Offenheit für Land, Kultur und Projekt
Auslandserfahrungen sammeln und die eigenen Grenzen kennenlernen – das wollen Marlene Janssen aus Bremen und Marleen Kasselmann aus Georgsmarienhütte. Beide berichten ab Ende September in einem Blog über ihren Freiwilligendienst.
Ein Reisetagebuch, Fotos von Eltern und Freunden, eine Polaroid-Kamera und viele dicke Pullis – das alles landet im Koffer von Marlene Janssen, wenn sie Anfang September ins Flugzeug steigt. Ihr Ziel: Nischni Tagil in Russland. Dort macht die Bremerin ein Jahr lang einen Freiwilligendienst im Ausland (FDA).
Dass sie ins Ausland gehen will, stand für Janssen schon lange fest. Nach dem Abitur, das sie in diesem Jahr abgelegt hat, will sie ihre Selbstständigkeit erproben, sagt sie. Das gehe nirgendwo besser als im Ausland. „Meine Schwester hat ein Au-Pair gemacht. Für mich war das aber nichts“, erzählt die 19-Jährige. Mit dem FDA habe sie das Gefühl, dass sie mehr als nur einer Familie vor Ort helfen könne. „Als Freiwilligendienstleistende in einem anderen Land ist man darauf angewiesen, dass andere Leute einem helfen. Genauso kann man aber vielleicht auch ein bisschen Hilfe zurückgeben“, sagt Janssen.
Die Stadt Nischni Tagil liegt im Uralgebiet im mittleren Westen Russland, nördlich der Stadt Jekaterinburg. Ursprünglich wollte Janssen nach Peru und hatte dort bereits die Zusage einer anderen Organisation. Gereizt habe sie das Projekt in Russland aber dennoch, als sie es auf der Liste mit den verschiedenen Einsatzstellen sah. Warum hat sie sich letztlich für Nischni Tagil entschieden? „Es war vollkommenes Bauchgefühl. Und ich bin sehr froh über diese Entscheidung“, sagt Janssen.
Bei ihrem FDA wird die Bremerin mit Schwestern des Vinzentinerordens zusammenarbeiten. Ihre Einsatzgebiete sind dann ein Heim für Obdachlose, eine Einrichtung für benachteiligte Familien und ein Tuberkulosezentrum. Janssen lernt bereits intensiv Russisch. Auch über ihre Einsatzgebiete hat sie schon im Internet recherchiert und sich, soweit dies möglich war, informiert. „Im Endeffekt hilft einem das nicht so viel weiter, wenn man selber noch nicht bereit dafür ist“, sagt sie. Eine innere Offenheit für Land, Kultur und Projekt sei wichtig, glaubt die 19-Jährige. Erfahrungsberichte von anderen Freiwilligen gibt es noch nicht. Sie ist die Erste, die einen Vollzeit-FDA in Nischni Tagil absolviert. Ottmar Steffan, Koordinator für das FDA im Bistum Osnabrück, habe die Stelle aber bereits besucht und bei einem Treffen von seinen Erfahrungen berichtet.
Was Janssen bisher noch Sorgen bereitet, ist der Kontakt zu anderen Freiwilligen vor Ort. „Die nächste Freiwillige in Russland ist 14 Stunden mit dem Zug entfernt“, erzählt sie. Aber auch darin sieht sie eine Chance, denn so verbringe man die Zeit nicht ständig zusammen, sondern könne seine eigenen Erfahrungen sammeln.
Es gibt auch eine Krippe für den Nachwuchs von Straßenkindern
Marleen Kasselmann trägt um ihren Hals eine silberne Kette mit kleinem Elefantenanhänger. Ein Geschenk – und ein Hinweis, dass sie die nächsten Monate auf dem afrikanischen Kontinent verbringen wird. Die Reise geht nach Kumasi, die Hauptstadt der Ashanti-Region im Süden Ghanas. In der Drei-Millionen-Einwohner-Metropole kümmert sich die 22-Jährige um Straßenkinder. Sie ist die erste Freiwillige, die in diesem Projekt des Erzbistums Kumasi fast ein ganzes Jahr mitarbeiten wird – nicht nur einige Monate wie ihre Vorgänger. Eine Aufgabe, auf die sie sich freut und die sie sich zutraut.
Marleen Kasselmann, gebürtig aus Georgsmarienhütte-Oesede bei Osnabrück, studiert den Bachelor-Studiengang Soziale Arbeit in Münster und steckt noch mitten in ihrer Abschlussarbeit. Bereits nach dem Abitur spielte sie mit dem Gedanken, längere Zeit ins Ausland zu gehen. „Aber damals habe ich mich noch nicht bereit gefühlt“, sagt sie. Sie möchte in die Kultur eines fremden Landes eintauchen, die Menschen dort kennenlernen und austesten, wo ihre eigenen Grenzen liegen. Das Abenteuer kann also beginnen.
Dass sie sich in Ghana überwiegend auf Englisch verständigen kann, kommt ihr entgegen. Allerdings sprechen die Straßenkinder kaum Englisch. „Das wird noch spannend“, sagt die junge Frau und lacht. Marleen Kasselmann weiß schon, dass sie unter einem Dach mit Jugendlichen wohnen wird, die eine Ausbildung machen. Ihre Ansprechpartnerin ist eine Ordensschwester. Im Projekt gibt es auch eine Krippe, in der kleine Kinder der 14 bis 19 Jahre alten Straßenkinder betreut werden – ebenso ein künftiges Betätigungsfeld für Marleen Kasselmann wie Büro und Öffentlichkeitsarbeit.
In drei Seminaren des Bistums haben sich die Freiwilligen auf ihr Auslandsjahr vorbereitet. „Es ging vor allem um unsere Stärken und Grenzen und wie wir uns in einer fremden Kultur zurechtfinden können“, erklärt Marleen Kasselmann. „Das haben wir in Rollenspielen geübt.“ Außerdem stehen den Freiwilligen Paten zur Seite, die ihnen praktische Tipps für das jeweilige Land geben. Marleen Kasselmann weiß jetzt zum Beispiel, dass sie ihren Koffer nicht vollstopfen muss, sondern Kleidung auch günstig vor Ort kaufen kann. Haarshampoo allerdings packt sie auf jeden Fall ein. „Das gibt es nicht überall zu kaufen und wenn, ist es sehr teuer.“ Mit ihr landen zunächst vier andere Freiwillige in der Hauptstadt Accra – allerdings arbeiten dann alle in verschiedenen Projekten in Ghana.
Christoph Brüwer/Anja Sabel
Zur Sache
Zu einem einjährigen Freiwilligendienst im Ausland machen sich in diesen Tagen 21 junge Frauen und neun junge Männer aus dem Bistum Osnabrück sowie dem Erzbistum Hamburg auf den Weg. Weihbischof Johannes Wübbe hat sie bereits gesegnet und in acht Einsatzländer entsandt, unter anderem nach Indien, Botswana und Chile. Marlene Janssen und Marleen Kasselmann werden in den kommenden Monaten über ihre Erlebnisse in Russland und Ghana berichten: ab Ende September hier
Infos über alle Freiwilligendienste im Bistum Osnabrück: www.alltagshelden-gesucht.de