Demonstration vor Bordell
"Prostitution ist schwere Gewalt"
Gegen ein geplantes Bordell in Georgsmarienhütte haben jetzt Vertreter von kirchlichen Verbänden, Politik und des Vereins „Sisters“ protestiert. Sie prangern „eklatante Verletzungen“ von Menschenrechten in der Sexbranche an.
Mit dem Mythos, dass Prostitution ein freies und selbstbestimmtes Gewerbe ist, wollen sie ein für allemal aufräumen: „Frauen werden hier als Ware gehandelt. Prostitution ist schwere Gewalt und nicht mit Menschenwürde und Menschenrechten vereinbar“, betont Martina Niermann vom Verein „Sisters“, der Frauen beim Ausstieg aus der Prostitution unterstützt.
Die Mitglieder der Osnabrücker Ortsgruppe protestierten jetzt auf dem Marktplatz in Georgsmarienhütte gegen ein geplantes Bordell im Gewerbe- und Industriegebiet Harderberg. Unterstützt wurden sie von der Fraktionsgruppe der Grünen im Georgsmarienhütter Rat, Vertreterinnen und Vertretern der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB), der katholischen Frauengemeinschaft (kfd) und „Omas gegen Rechts“.
Etwa 40 Demonstranten waren zur Kundgebung gekommen, zu der die „Sisters“ aufgerufen hatten. Laut und Bunt machte die kleine Truppe auf dem Oeseder Wochenmarkt auf ihr Anliegen aufmerksam: „Wir sagen Nein zu einer Ausweitung dieses Gewerbes in jeglicher Form“, betonte Rednerin Carolien Schröder von den „Sisters“ und zitiert Trauma-Therapeutin Ingeborg Kraus: „Prostitution zerstört Menschen. (...) Prostitution als Arbeit zu bezeichnen verschleiert Gewalt.“
In vielen Häusern erlebten die Frauen, die oft aus osteuropäischen Ländern stammten, psychische und physische Gewalt. Ein Viertel von ihnen habe Selbstmordgedanken. Schröder: „Wir finden die Vorstellung mehr als abwegig, dass Frauen ganztägig für Männer zur Verfügung stehen sollten, ohne dass die physischen und psychischen Folgen, die sich aus der Prostitution für die Frauen ergeben, infrage gestellt werden“. Deutschland sei das einzige Land auf der Welt, das Prostitution als Beruf anerkenne. Zuhälterei werde nur als Vergehen und nicht als Verbrechen geahndet und es gebe sogar Einstiegsberatungen für Sexarbeit. Hier müsse endlich ein Umdenken stattfinden.
"Es ist gut, dass ihr euch das traut"
Die Mitglieder des Vereins suchen die Frauen auf, helfen ihnen und fordern wie die übrigen Demonstranten die Einführung des „Nordischen Modells“ in Deutschland mit Sexkaufverbot, Bestrafung von Zuhälterei, Entkriminalisierung von Prostituierten und Ausstiegsprogrammen. Und sie klären die Öffentlichkeit auf, wie in Georgsmarienhütte.
Große Hoffnungen, das dort geplante Bordell noch zu verhindern, haben sie nicht. Auch der Stadt seien nach Auskunft ihres Sprechers Niklas Otten die Hände gebunden, da ein solcher Rotlichtbetrieb in einem Gewerbegebiet zulässig sei. Derzeit werde das Verfahren noch geprüft.
Dennoch ernteten die Demonstranten viel Zustimmung. „Es ist gut, dass jemand dagegen angeht und dass ihr euch das traut“, betonten Passanten, die mit Plakaten und Flyern über vorherrschende Mythen zur Prostitution aufgeklärt wurden. Auch Unterschriften wurden von KAB, kfd und „Omas gegen Rechts“ gesammelt und im Rathaus übergeben. Martina Niermann betont: „Das war jetzt ein Anfang. Wir werden weiter die Öffentlichkeit suchen und die Entwicklung in Georgsmarienhütte beobachten.“ Es sei wichtig, die Ablehnung deutlich zu machen. Und zur Not noch einmal laut und bunt auf die Straße zu gehen – um wenigstens das nächste Bordell verhindern zu können.
Astrid Fleute
Nachtrag: Inzwischen zeichnet sich eine neue Entwicklung ab. Nach diversen Presseberichten hat sich einer der neuen Eigentümer zu Wort gemeldet und bestätigt, dass es keinerlei Pläne mehr gibt für ein Bordell im Gewerbe- und Industriegebiet Harderberg.