Schwanger in schwieriger Zeit
Schwangere haben es in diesen Monaten besonders schwer. Denn wegen der Corona-Pandemie ist die Verunsicherung groß – und entsprechend groß ist der Gesprächsbedarf in den SkF-Beratungsstellen.
Schwanger in Corona-Zeiten: Ein Baby zu bekommen, ist eine wunderbare Nachricht. Das Virus und seine möglichen Folgen bereiten jedoch Ängste und Sorgen. Mit denen fühlen sich manche Frauen allein gelassen – denn Geburtsvorbereitungs- und Rückbildungskurse oder Kreißsaalführungen finden zurzeit nicht statt. Selbst eine Hebamme zu finden, ist schwieriger geworden.
Frederike Engel, Andrea Dörr und Ghada Ahmed kennen die Problematik: Die drei Frauen gehören zum Team der Schwangerschafts-Beratungsstelle des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) Kiel. „Zu uns kommen derzeit Frauen mit ganz vielen solcher Geschichten – und mit großem Informationsbedarf in die persönliche Beratung“, sagt SkF-Fachbereichsleitung Frederike Engel.
Zu den Fragen, welche Krankenhäuser oder andere Alternativen es für die Geburt gibt, wo man die Geburtsurkunde erhält und wie bzw. wo man Elterngeld und Kindergeld beantragt, kommen nun noch viele Fragen zum Thema Corona. „Die werdenden Mütter machen sich Sorgen um das ungeborene Kind und haben Angst, sich selbst anzustecken“, erläutert Frederike Engel. Auch die Frage der Besuchsregelung nach der Entbindung komme häufig zur Sprache. Derzeit gilt, dass eine Vertrauensperson bei der Geburt dabei sein kann und danach eine Person täglich zu bestimmten Besuchszeiten die frischgebackene Mutter und das Kind auf Station besuchen darf.
„Die Sorgen der werdenden Mütter sind schon groß“, sagt Ghada Ahmed. Noch größer aber seien die Unsicherheiten von Müttern mit Migrations- oder Fluchthintergrund, die kein oder nur wenig Deutsch sprechen und ihr Kind in einem für sie unbekannten Land zur Welt bringen müssen. „Das ist keine einfache Situation für die Frauen“, weiß die Jemenitin aus eigener Erfahrung. Sie war im sechsten Monat mit ihrem Sohn schwanger, als sie 2014 nach Deutschland, nach Kiel kam. „Die Fachberaterinnen des SkF haben mir sehr geholfen. Ich konnte zum Glück Englisch und habe schnell Deutsch gelernt.“ Doch das können längst nicht alle.
Für ausländische Frauen ist es besonders schwer
Durch Corona entwickeln sich die Sorgen zu Ängsten, denn die Frauen haben zwar eine Vertrauensperson während der Entbindung an ihrer Seite, sind danach aber mehr alleine im Krankenhaus und verstehen die dortige Sprache kaum bis gar nicht. Auch die Kultur und der Umgang ist anders als sie es gewohnt sind. Und dann kommt noch die Sorge um das Baby und vor einer
Corona-Ansteckung hinzu.
Damit es andere Frauen einfacher haben als sie selbst, hat Ghada Ahmed 2015 – zum Höhepunkt der Fluchtbewegungen – angefangen, bei den Schwangerschafts-Beratungen des SkF vom Arabischen in Deutsche zu übersetzen. Seit 2018 ist sie als Sprachmittlerin im Verein fest angestellt. Weitere Honorarkräfte helfen, wenn Übersetzungen in andere Sprachen benötigt werden. Seit Anfang 2020 begleitet Ahmed zudem Kreißsaalführungen auf Arabisch – die derzeit jedoch nicht mehr stattfinden. Außerdem gibt sie Hilfestellung und Unterstützung bei den Anträgen zu Elterngeld und Kindergeld auf Arabisch.
Ein weiteres großes Problem ist das Geld, denn durch Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit wird in vielen Familien das Geld knapp. „Die Erstausstattung für das neugeborene Kind aber kostet – und das nicht wenig“, sagt Andrea Dörr, die die Familien beim Beantragen von Eltern- und Kindergeld unterstützt. „Die Bearbeitung der Anträge dauert jedoch erfahrungsgemäß aufgrund der Pandemie länger.“
Text u. Foto: Jenifer Ruske