Aktion „Maria, schweige nicht": Gottesdienst in Bremen
Sie schweigen nicht mehr
„Maria, schweige nicht“ heißt eine Aktion des Frauenbundes. Sie fordert Weiheämter auch für Frauen. In einem Gottesdienst in Bremen stand eine Frau am Predigtpult – was begeisterte und auch für Kritik sorgte.
Wie wäre wohl die Geschichte des frühen Christentums und der späteren Kirche weitergegangen, hätte Maria Magdalena statt Petrus die Leitung der jungen Gemeinde übernommen? Maria Wedewer-Steffen äußert diesen Gedanken, um sich dem Leben der ersten Zeugin der Auferstehung zu nähern. Wedewer-Steffen, Vorsitzende des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) in Bremen, ist aufgeregt. Zum ersten Mal steht sie in einer heiligen Messe am Predigtpult. Sie spricht nicht nur über Maria Magdalena, sondern auch über notwendige Veränderungen in der Kirche – eine Kirche, in der sich Frauen und Männer gleichberechtigt und partnerschaftlich engagieren.
Die Bremerin trägt eine weiße Bluse und einen weißen Schal. Die Farbe symbolisiert die Taufgnade, die Frauen und Männern gleichermaßen verliehen ist. Mit diesem sichtbaren Zeichen, erklärt Wedewer-Steffen, „halten wir unsere Erneuerungsforderungen wach und lebendig“. Auch viele andere Gottesdienstbesucher tragen weiße Accessoires.
Mit der Protestinitiative Maria 2.0 haben katholische Frauen bundesweit vorgelegt. Nun setzt der Frauenbund mit „Maria, schweige nicht“ einen eigenen Akzent. Die Aktion soll Frauen ermuntern, das zur Sprache zu bringen, wozu sie in der Kirche nicht schweigen wollen, was ihnen unter den Nägeln brennt und wo sie Handlungsbedarf sehen. Zum Auftakt in Bremen hat der KDFB zu einem Gottesdienst eingeladen – auch evangelische Frauen und Männer. Bewusst am Festtag der heiligen Maria Magdalena.
Maria Magdalena, Apostolin der Apostel, und auch Maria, die Mutter Jesu, sind Namensgeberinnen der Aktion. Beide hätten, ebenso wie andere Frauen in der Bibel, nicht geschwiegen. Sie hätten in Worte gefasst, was ihnen wichtig war, sagt Wedewer-Steffen.
Die Aktion boykottiert keine Gottesdienste
Vor dem Abendgottesdienst in der Propsteikirche St. Johann platziert die KDFB-Vorsitzende eine Maria-Magdalena-Ikone vor dem Altar. Gemeinsam mit Evy Bartels, einer gebürtigen Indonesierin, die das Kunstwerk geschaffen hat. Auch heute noch, betont Wedewer-Steffen, sei Maria Magdalena ein Vorbild und außerordentlich bedeutend für die christliche Frauenbewegung.
Der Frauenbund engagiert sich für eine zukunftsfähige und glaubwürdige Kirche. Es werde zu einer Überlebensfrage der Kirche, Frauen und Männer in gleicher Weise in geistliche Verantwortung zu nehmen, heißt es. Der erste Schritt: die Weihe zu Diakoninnen. Dafür setzt sich auch Maria Wedewer-Steffen ein. „Ich hoffe, dass ich wenigstens das noch erlebe“, sagt die Bremerin, die bereits 1983 ihre Examensarbeit über die Frage der Frauenordination schrieb.
Die Aktion „Maria, schweige nicht“ boykottiert weder Gottesdienste noch Ehrenämter. Vielmehr wollen die Bremer KDFB-Frauen ins Gespräch kommen, etwa bei monatlichen Treffen des Verbandes. Außerdem wollen sie in Donnerstagsgebeten um die Erneuerung der Kirche bitten – und schließlich weiße Kleidung im Gottesdienst tragen.
Dass Frauen den Schritt in die Öffentlichkeit wagen und nicht mehr schweigen wollen zur existierenden Ungleichheit in der Kirche – damit verbindet Maria Wedewer-Steffen große Hoffnungen. Aber was, wenn sich die Kirche nicht bewegt? „Dann werden die Mitgliederzahlen noch weiter schrumpfen, und wir riskieren eine Spaltung“, vermutet sie.
Die Forderung nach Zugang zu allen Weiheämtern für Frauen mag manchen konservativen Katholiken erschrecken. Auch der Bremer Frauengottesdienst mit einer Frau am Ambo spaltet die Gottesdienstbesucher. Einige verlassen während der Rede von Wedewer-Steffen die Kirche, eine Frau geht sogar im Protest-T-Shirt durch die Bankreihen und wirft dem Verband vor, er instrumentalisiere und entwürdige die heilige Messe.
Polnische Katholiken beschweren sich
Wer eine Position erkämpfen und ein starres System bewegen will, sagt die KDFB-Vorsitzende, provoziere auch Konflikte. Nach der Messe habe sich eine kleine Gruppe polnischer Katholiken, strikte Gegner einer Frauenordination, beschwert. „Wir haben aber einen Weg gefunden, miteinander zu diskutieren.“
Und schon erzählt Wedewer-Steffen von einer neuen Idee: „Ich habe bei unserer Geistlichen Beirätin auf Bundesebene angeregt, dass sich Frauen, die sich zu einem priesterlichen Dienst berufen fühlen, melden mögen, so dass wir darüber vielleicht ein Buch erstellen können, etwa mit dem Titel ,Wir warten auf die Weihe – Zeugnisse zum Priesteramt berufener Frauen in der katholischen Kirche‘.“ Maria Wedewer-Steffen ist überzeugt: man lasse so viel Potenzial an geistlichen Frauen brachliegen, das dringend notwendig wäre, um die Kirche am Leben zu erhalten.
Anja Sabel
Zur Sache
Der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB) hat am vergangenen Wochenende bundesweit die Aktion „Maria, schweige nicht!“ gestartet. Sie knüpft an die Protestinitiative „Maria 2.0“ an. Frauen sollten in Welt und Kirche gleichberechtigt Verantwortung übernehmen, auch geistliche Verantwortung, erklärte KDFB-Präsidentin Maria Flachsbarth. „Reformen sind notwendig, wenn die Kirche wieder an Bedeutung gewinnen und eine Zukunft haben will. Die Frage nach Ämtern und Strukturen gehört eindeutig dazu.“