Suche nach polnischen Zeitzeugen
Als junger Kaplan hat Johannes Prassek viele polnische Zwangsarbeiter-Paare gesegnet. Heiraten durften sie unter dem Naziregime nicht. Diese Frauen und Männer sowie ihre Kinder werden als wichtige Zeitzeugen gesucht.
Es gibt Geschichten, die wollen erzählt werden. Aber es braucht auch Menschen, die sie weitertragen, die berichten können. Einer, der viele solcher noch unerzählten Geschichten ausgelöst hat, ist der selige Johannes Prassek. „Ihr werdet meine Zeugen sein“, so lautet bekanntlich das Motto der bevorstehenden Bistumswallfahrt zur Wirkungsstätte der Lübecker Märtyrer. Und genau diese Zeugen werden jetzt gesucht.
Denn als junger Kaplan hat Johannes Prassek viele der damaligen polnischen Zwangsarbeiter-Paare gesegnet – heiraten durften sie nicht. Das haben die immerhin etwa 1 000 Paare aber nach dem Krieg nachgeholt, als es endlich auch für sie möglich war.
Menschen, die noch persönliche Erinnerungen an die Segnungen haben oder in anderer Weise davon berichten können, sind nun aufgefordert sich zu melden. Warum nicht einfach in die Akten gucken? Dem Diözesan-Archivar Martin Colberg sind Zeitzeugen wichtiger: „Weil gerade Geschichte von Menschen lebt, die erzählen können, wie genau sie es erlebt haben. Denn das, was in den Schriften steht, ist nicht immer ganz perfekt, das muss ergänzt werden. Je mehr wir wissen, desto besser.“
Allerdings eilt es. Menschen, die im Zweiten Weltkrieg 20 Jahre alt waren, sind heute fast 100 Jahre alt. Dennoch versucht es Martin Colberg: „Liebe Eheleute, die sie von Johannes Prassek gesegnet wurden, bitte melden sie sich beim Diözesanarchiv des Erzbistums Hamburg!“ Betroffene melden sich unter der Telefonnummer 040 / 248 77-294.
Auch Andreas Oettel ist auf der Suche. Er dreht für die Stiftung Lübecker Märtyrer Dokumentationsfilme. Er sucht nach Töchtern und Söhnen, die aus diesen Ehen polnischer Zwangsarbeiter hervorgegangen sind: „Die Mütter und Väter, so habe ich schmerzlich gelernt, sind vermutlich alle verstorben. Aber die Generation, die zwischen 1939 und 1945 geboren ist und heute noch in Schleswig-Holstein lebt und diese Familiengeschichte hat, die möchte ich gerne kennenlernen.“ Bis zu 350 Frauen haben Kinder unter den Bedingungen der Zwangsarbeit geboren und waren bei Lübecker Standesämtern registriert. Über sie weiß man ganz wenig. Andreas Oettel ist über die erzbischöfliche Stiftung Lübecker Märtyrer zu erreichen. www.luebeckermaertyrer.de
Text: Artur Fischer-Meny