Kirchengemeinden in Emsbüren
Umfrage zur Gemeindearbeit
Foto: Petra Diek-Münchow
Pfarrer Stephan Schwegmann weiß, dass der Titel „Speed Dating“ manche der 8000 Gemeindemitglieder in Emsbüren, Listrup, Elbergen und Engden zunächst überrascht und dann neugierig gemacht hat. „Genau das wollten wir“, sagt er, „Aufmerksamkeit erzeugen“. Und gleichzeitig steckt in dem Namen der Umfrage auch das Versprechen, dass es gar nicht lange dauert, den Fragebogen auszufüllen. „Zehn Minuten dauert dieses Date mit der Kirchengemeinde“, sagt er mit einem Schmunzeln und hat schon gehört, dass das Motto im Kirchspiel gut ankommt.
Die Idee dazu stammt aus einer Klausurtagung der neu gewählten Pfarrgemeinderäte. Bei ihrer Sitzung haben sich die Männer und Frauen davon erzählt, was sich durch die Corona-Krise alles gewandelt hat – nicht nur beim Gottesdienstbesuch, nicht nur bei der abnehmenden Zahl von Messdienerinnen und Messdienern, sondern auch bei manchen Traditionen, die heute nicht mehr so selbstverständlich erscheinen wie noch vor einigen Jahren. „Die Pandemie hat viel verändert“, sagt Schwegmann.
Und nicht nur das: Es gibt zunehmend mehr kritische Anfragen an die Kirche. „Wir möchten und müssen daher einfach wissen, wo wir als Kirchspiel stehen. Deshalb: Lasst uns die Leute einfach selbst fragen“, sagt er. Sie sollen mitbestimmen können, wie sich die Pfarreiengemeinschaft künftig aufstellen soll. Denn seiner Ansicht nach ist Kirche eben nicht nur ein Gebäude, nicht nur eine Stunde Messe am Sonntagmorgen, sondern eine lebendige Gemeinschaft im Glauben an Gott. „Und Kirche braucht auch immer wieder Veränderung, um ihrem Auftrag gerecht werden zu können.“
Ein Bogen in Rot und einer in Grün
Aus den vier Pfarrgemeinderäten heraus bildete sich daher ein siebenköpfiger Arbeitskreis, der die Umfrage auf den Weg gebracht hat. Mit Hilfe eines Münsteraner Marktforschungsinstituts entwickelte die Gruppe zwei Umfragebögen: einen in Rot für die Erwachsenen, einen in Grün für Kinder und Jugendliche. Die Erwachsenen erwarten dabei 26 Fragen: zum Beispiel zu persönlicher Verbundenheit mit der Gemeinde, zu den Medien des Kirchspiels vom Pfarrbrief bis zum Instagram-Kanal, zu den Gottesdiensten und was darin gefällt oder auch eben nicht. Außerdem erhoffen sich die Initiatorinnen und Initiatoren Antworten darauf, ob sich die Gemeinden im Sinne von einer „Kirche für alle“ genug um jede Zielgruppe kümmert, welche Angebote zur Vertiefung des Glaubens fehlen, welche Dienste Frauen künftig übernehmen sollten und ob es Interesse an einer ehrenamtlichen Mitarbeit gibt. In dem etwas kürzeren Fragebogen für die Kinder und Jugendlichen dürfen die unter anderem drei Wünsche an die Kirchengemeinden richten.
"Wir hoffen auf ehrliche Worte"
Besonders gespannt sind Pfarrer Schwegmann, Vera Schenk (Listrup/Moorlage) und Renate Jansen (Emsbüren), die ebenfalls zu der Arbeitsgruppe gehören, auf die Antworten der jeweils letzten Frage. Denn da dürfen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einfach aufschreiben, was sie schon immer mal loswerden wollten und was sie sich Zukunft wünschen im Kirchspiel. „Wir hoffen auf ehrliche und offene Worte“, sagt Vera Schenk. „Und von manchen Dingen werden wir sicher überrascht sein.“
Antworten können die Emsbürener komplett anonym bei der Umfrage, die in diesen Tagen zu Ende geht, auf Papier und auch online im Internet. „Uns waren diese beiden Wege wichtig“, sagt Renate Jansen. Die Papierexemplare sind in hoher Auflage dem Pfarrbrief beigelegt und an vielen öffentlichen Stellen wie in der Kirche, beim Bäcker oder den Banken ausgelegt worden. Ein QR-Code führt außerdem ganz unkompliziert auf die entsprechende digitale Version. Schwegmann erzählt, dass gerade die jungen Leute das bei einer Gruppenstunde „ganz fix und locker“ genutzt haben. Er selbst hat im Vorfeld bei Predigten, zum Beispiel bei den Gottesdiensten rund um die 15 Schützenfeste im Kirchspiel, ordentlich Werbung für die Aktion gemacht. Knapp 500 Fragebögen sind bereits zurückgegeben worden.
Und was passiert danach? Zunächst einmal sollen die Antworten ausgewertet und bei einer öffentlichen Präsentation Ende August den Gemeindemitgliedern vorgestellt werden. „Aber wir wollen natürlich auch auf die Leute hören und Dinge konkret umsetzen, die sie sich gewünscht haben“, verspricht der Pfarrer. Dabei kommt es für ihn gar nicht immer nur auf Quantität an. „Manchmal ist auch die Idee, die nur von einem oder einer genannt wird, besonders wertvoll und wichtig.“