Osterfeiern im Vatikan ohne Besucher
Urbi et Orbi im Internet
Wegen der Corona-Krise stellt sich der Vatikan auf Osterfeiern ohne Besucher ein.
Beim Fußball spricht man von Geisterspielen. Eine analoge Wortschöpfung verbietet sich für Papstmessen, aber wie es aussieht, finden die großen Zeremonien der Kar- und Ostertage nun ohne den sonst so regen Zulauf gläubigen Volks statt. An Ostern feiern Christen weltweit den Sieg Jesu über den Tod. Ihrem Leben und dem der anderen zuliebe sollen sie dieses Jahr in Rom zu Hause bleiben. Das höchste Fest der Christenheit ohne öffentlichen Gottesdienst mit dem Papst: Das gab es nicht seit dem Ende der Christenverfolgung in der Antike.
Der Vatikan kündigte den Schritt in zwei nicht ganz kohärenten Mitteilungen an - Zeichen einer Unsicherheit im Umgang mit der Corona-Krise, wie sie schon in der Frage von Kirchenschließungen in den vergangenen Tagen spürbar war.
Am späten Samstagabend verlautbarte die Präfektur des Päpstlichen Hauses, zuständig für die Organisation päpstlicher Veranstaltungen, wegen der Pandemie fänden die Liturgien der Kar- und Ostertage "ohne die physische Präsenz von Gläubigen" statt. Etwas abmildernd erklärte das Presseamt am Sonntag, man prüfe derzeit "Modalitäten der Durchführung und Teilnahme, die die Sicherheitsmaßnahmen zur Verhinderung einer Verbreitung des Coronavirus respektieren".
Wie die Zeremonien, an denen üblicherweise Zehntausende teilnehmen, angesichts der gegenwärtigen Ausgangssperre aussehen könnten, vermochte der Vatikan nicht darzulegen. Vatikansprecher Matteo Bruni betonte aber, sämtliche päpstlichen Feiern würden gehalten. In jedem Fall gebe es Live-Übertragungen via Radio und Fernsehen und im Internet.
Ostersonntag ohne Gläubige auf dem Petersplatz
Betroffen von einem Ausschluss der Öffentlichkeit wäre unter anderem die Palmsonntagsmesse zu Beginn der Karwoche am 5. April. Dem Brauch gemäß stellen dann Kardinäle, andere Geistliche und Laien mit Palmzweigen in den Händen den Einzug Jesu in Jerusalem nach. Am Morgen des Gründonnerstags weiht der Papst in der Chrisam-Messe die für Weihehandlungen benötigten heiligen Öle. Dazu versammeln sich traditionell die Kleriker des Bistums Rom um ihren Hirten.
Weniger problematisch scheint unter Corona-Aspekten die Gründonnerstagsmesse zum Gedenken an das letzte Abendmahl Jesu. Franziskus pflegt diesen Gottesdienst im geschützten Raum einer Haftanstalt oder eines Behindertenheims zu feiern. Die Feier vom Leiden und Sterben Christi an Karfreitag könnte diesmal ungewöhnlich kurz ausfallen, wenn sich der Ritus der Kreuzverehrung auf wenige Teilnehmer beschränkt.
Zu den stimmungsvollsten Momenten der römischen Karwoche zählte stets die Kreuzwegandacht am Karfreitagabend beim Kolosseum, bei der Zehntausende im Schein von Kerzen den Leidensweg Jesu betend nachgehen. Vollends die Osternachtfeier am Samstag, Höhepunkt des Kirchenjahrs, lebt von kollektiven Riten wie der Weitergabe des Osterlichts, der Austeilung von Weihwasser und der Aufnahme erwachsener Taufbewerber in die Gemeinde.
Anziehungspunkt für Pilger aus aller Welt war seit jeher die Messe zu Ostersonntag auf dem Petersplatz. Der anschließende Segen "Urbi et orbi" steht bei rund 160 Fernsehanstalten auf dem Sendeplan. Der Papst nutzt diesen Anlass traditionell, um auf Konflikte rund um den Globus hinzuweisen. Vielleicht verlegen die Zeremoniare die große Geste in eine Kapelle des Apostolischen Palasts. Zu surreal wirkte es, wenn das Oberhaupt der 1,3 Milliarden Katholiken den Segen für Rom und den Weltkreis von der Loggia der Basilika herab über einem menschenleeren Petersplatz spendete.
Kein Blumenschmuck aus den Niederlanden
Die niederländischen Blumenzüchter, die traditionell für den farbenprächtigen Schmuck vor Sankt Peter sorgen, sagten bereits vergangene Woche ab. Chefarrangeur Paul Deckers verwies gegenüber einem Sender auf das Gesundheitsrisiko für die Mitarbeiter. Außerdem könne er es "in den Holzpantinen spüren", dass die ganze Feier womöglich flachfalle.
Papst Franziskus appelliert unterdessen an die Kreativität seiner Geistlichen, damit die Menschen sich nicht von der Kirche im Stich gelassen fühlen. In Norditalien erdächten Priester "tausend Weisen, um den Leuten nahe zu sein", sagte er in seinem Video-Mittagsgebet am Sonntag. "Sie haben kapiert, dass man in Zeiten der Pandemie nicht den 'Don Drückeberger' machen darf."
kna