„Vergiss den lieben Gott nicht“

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„Gut. Wir sind da.“ Unter diesem Motto hatten Ordensgemeinschaften in ganz Deutschland zum Tag der offenen Klöster eingeladen. Auch in Mainz entdeckten Besucher, wie vielfältig das Ordensleben sein kann. Von Nicole Weisheit-Zenz.

Begegnung: Im Innenhof des Mainzer Karmeliterklosters fühlen sich die Gäste wohl. | Foto: Nicole Weisheit-Zenz
Begegnung: Im Innenhof des Mainzer Karmeliterklosters fühlen sich die Gäste wohl. Foto: Nicole Weisheit-Zenz

Innehalten. Zögerliche Blicke, dann erst treten einige Besucher durch die geöffneten Türen in den Innenhof des Karmeliterklosters. „Sind wir hier richtig, zum Tag der offenen Klöster?“ In kurzer Hose und T-Shirt ist Bruder Andreas Scholten nicht gleich als Ordensmann zu erkennen. „Das zeigt auch, dass man uns so oder so begegnen kann, ob im Habit oder in zivil“, erklärt er bei einer Erfrischung den Gästen. Das Ordensgewand sei für ihn und die Mitbrüder keine Pflicht-Uniform.

Auch mit anderen Klischees wird aufgeräumt: Gitter vor den Fenstern gibt es nicht, und um arbeits- und anschlussfähig zu bleiben, wird die moderne Technik genutzt. Im Internet hat sich auch ein älteres Ehepaar informiert und ist gezielt gekommen. Eine Theologiestudentin kennt die Brüder vom Studium und geht gern zu Gottesdiensten und Gebetszeiten. Dort wurde zum „Tag der offenen Tür“ eingeladen. Die Information am Eingang hat eine Frau aus dem benachbarten Seniorenheim gesehen und ist spontan in den idyllischen Innenhof gekommen. Lärm und Trubel ringsum bleiben draußen.

Wichtig: Regelmäßige Gespräche miteinander

Gern begibt sich die Gruppe auf eine Kirchenführung mit Pater Martin Segers, der viel Wissenswertes berichtet: zum neugestalteten Altar, alten Kunstwerken und Wandmalereien. Über die spirituelle Tradition des Ordens gibt es einiges zu erfahren, ebenso über die Bedeutung der Stille und die pastorale Ausrichtung. Vorbei geht es an Gesprächszimmern, die eng verbunden sind mit den zentralen Aufgaben, zuzuhören und Beichten abzunehmen. Wichtig sind auch die Mahlzeiten und die Gespräche miteinander, ob in theologischen Fragen, zu geplanten Vorhaben oder rund um das Zusammenleben der zehn Ordensmänner unter einem Dach, erklärt Bruder Severin Tyburski. Meist trifft man sich mittwochs und sonntags abends. Rückzugsorte sind die Zimmer. Auch Angehörige und Freunde kommen zu Besuch.

Nah bei den Menschen zu sein, ohne wie sie zu leben, ist ein Leitsatz der Klarissen-Kapuzinerinnen von der Ewigen Anbetung.Sie öffneten ebenso ihre Pforte wie die Karmeliter und die Dominikaner. Im Herzen der Stadt bietet ihre moderne Anbetungskapelle einen einladenden Ort für Gebete, Gottesdienste und Gespräche mit den Schwestern. Sie sind meist ganztägig in stiller Anbetung da, zudem pflegen sie die Tradition der Choräle. „Wir beten für das Bistum und möchten unserem Bischof Rückenwind geben“, sagt Äbtissin Theresia Hüther und bittet in den Klostergarten. „Und wir beten für alle, die Gebete brauchen.“

Während munter ein Brunnen plätschert, erzählt sie, wie die Anliegen vieler Menschen sie erreichen: in der Kapelle oder an der Pforte, per Telefon, Brief oder Eintrag in die Fürbitt-Bücher, oft auch auf elektronischem Weg. Junge Leute lernen die Ordensfrauen bei Besuchen von Kommunionsgruppen kennen. Ein Junge bringt Mutter und Bruder mit zum „Klostertag“ und fragt neugierig nach.

Ihre Ordenstracht legen sie quasi nie ab, erfahren sie von den Frauen. Drei Knoten in der Kordel um ihren Habit stehen für Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam. Sie teilen sich alle „weltlichen“ Aufgaben, leben in Armut, von Geld- und Sachspenden – und in strenger Klausur: Nur im Ausnahmefall, für Arztbesuche, verlassen die 15 Frauen, die zwischen 44 und 94 Jahre alt sind, das Kloster. Stadtbummel, Spaziergänge oder Reisen sind ihnen nicht möglich.

Für den Erhalt der Schöpfung zählt jeder

Ihr Klostergarten mit überdachtem Kreuzgang ist ein kleines Paradies, mit Bäumen, Blumen und der „Doppel-Madonna“. Sie war wie durch ein Wunder erhalten geblieben beim Bombenhagel auf Mainz 1945. Im Schutzkeller kamen 41 Schwestern ums Leben. Fest im Glauben „sind sie betend hinübergegangen“, erzählt Schwester Franziska Katharina Spang, was für Gänsehaut sorgt. Noch klarer wird jetzt im Garten die Schönheit der Schöpfung. Um sie zu erhalten sollten alle etwas tun. „Jeder zählt“, geben die Schwes-tern ihren Gästen mit. Und lächelnd, an das Kommunionskind gerichtet: „Tschüß – und vergiss den lieben Gott nicht.“