Augustiner in Erfurt
Versöhnte Verschiedenheit
Seit einem reichlichen Jahr arbeiten in Erfurt die katholischen Augustinermönche mit der evangelischen Reglergemeinde zusammen. Trotz anfänglicher Skepsis fand sich bisher für jedes Problem eine Lösung.
Bruder Matthias begrüßt Gottesdienst-Teilnehmer. | Foto: Markus Wetterauer |
Anfangs war der Augustinermönch Bruder Jeremias skeptisch. Vor einem Jahr hatte die evangelische Reglergemeinde in Erfurt dem Augustinermönch und seinen Mitbrüdern eine enge Zusammenarbeit angeboten. Schön und gut, dachte er, aber: „Ist sich diese Gemeinde überhaupt bewusst, dass wir jeden Tag Messe feiern wollen? Das heißt, dass es in der Reglerkirche zahlenmäßig öfter katholischen Gottesdienst gibt als evangelischen?“ Dazu kamen ganz praktische Fragen, die gelöst werden mussten: „Kann es einen Tabernakel in dieser Kirche geben? Wird es Weihwasser geben? Was ist, wenn wir Weihrauch verwenden?“
Doch für alle Fragen fanden sich Lösungen – „relativ unkompliziert“, wie Jeremias heute sagt. Das Weihwasser stellen er und seine drei Mitbrüder immer vor Beginn des Gottesdienstes auf ein kleines Tischchen, wo auch die Hostien eingelegt werden für diejenigen, die zur Kommunion gehen wollen. Dort liegen auch die Gesang- und Gebetbücher. Ist die Messe vorbei, wird alles wieder weggeräumt.
Bischof unterstützt das Projekt
Auch die Kirchenleitungen auf beiden Seiten stimmten dem Ökumene-Projekt zu. „Der Bischof und die Diözesanleitung von Erfurt unterstützen uns stark“, sagt Bruder Jeremias. So feiern die Augustiner seit einem Jahr fast täglich Messe in der Reglerkirche. Darüber hinaus werden Gemeindefeste gemeinsam gestaltet. In der Passionszeit gab es die Aktion „In 40 Tagen durch die Bibel“, aus der sich ein ökumenischer Bibelkreis entwickelte. Auch auf Wallfahrt waren katholische und evangelische Christen schon zusammen.
Gegenseitige Rücksichtnahme ist wichtig, damit alles einigermaßen reibungslos funktioniert. So merkt Regler-Pfarrerin Gabriele Lipski selbstkritisch an, dass die evangelische Seite manchmal Veranstaltungen in der Kirche plant, wenn die Augustiner eigentlich ihre Messe feiern wollen. Umgekehrt bleibt von den Mönchen hin und wieder mal was in der Sakristei liegen, was eigentlich weggeräumt sein sollte.
Im Großen und Ganzen klappen die Absprachen aber, wie Lipski und Jeremias unisono sagen. Dabei helfen zwei Dinge. Zum einen gibt es immer freitags eine Teambesprechung, bei der beide Seiten gemeinsam planen. Zum anderen wohnen die Brüder im evangelischen Pfarrhaus. „Wir haben ganz kurze Wege, wir sehen uns eigentlich jeden Tag, und da lässt sich Vieles ganz schnell aus der Welt schaffen, wenn es doch mal ein Missverständnis gegeben hat“, sagt Jeremias.
Kritische Stimmen zu dem Projekt finden sich allerdings auch. In der katholischen Stadtpfarrei „gibt es Leute, die damit nichts anfangen können und uns das auch immer wieder mal spüren lassen“, erklärt Jeremias. Die Mehrheit freue sich aber, dass so etwas Mutiges in Angriff genommen worden sei. Auch auf evangelischer Seite gibt es vereinzelt Kritik – vielleicht aus Angst, von der katholischen Seite vereinnahmt zu werden, vermutet Pfarrerin Lipski. Um gleich zu ergänzen, dass es um versöhnte Verschiedenheit geht: „Ich bin absolut evangelisch und die Mönche sind absolut katholisch. Wir verlieren nichts, wenn wir uns öffnen, sondern wir gewinnen – und wir lernen was dazu.“
„Letzten Endes verbindet uns Jesus Christus“
Und Jeremias bilanziert: „Ich kann die Dinge unterschiedlich sehen, aber das muss mich vom anderen nicht wirklich trennen, wenn klar ist, dass letzten Endes Jesus Christus uns verbindet.“
Von Markus Wetterauer