Zweites Magdeburger Bistums-Hearing im Vorfeld der Weltsynode
Vielfältige Diakonie notwendig
„... den Menschen helfen“ war Thema der zweiten Anhörung. (Bildschirmfoto) |
Angesichts der „hochdramatischen Lage“ in der Kirche hatten sich die Veranstalter gefragt, ob das zweite Bistums-Hearing zur Weltbischofssynode aktuell überhaupt stattfinden sollte. Man habe sich dennoch dafür entschieden, biete aber im Anschluss Raum für das Gespräch zu den Entwicklungen in Sachen Missbrauchsskandal und „#Outinchurch“ (Erklärung kirchlicher Mitarbeiter verschiedener sexueller Identität/Orientierung – d. Red.) an. Das erklärten Bischof Gerhard Feige und die Moderatorin und Leiterin des Fachbereichs Pastoral, Friederike Maier, gleich zu Beginn der zweiten Online-Anhörung „Auf ein Wort mit dem Bischof“. Beim ersten Hearing im Dezember war es um die Fragen „Wovon kann und sollte Kirche erzählen? Und will sie überhaupt jemand hören?“ gegangen. Am 1. Februar stand nun das Thema. „… den Menschen helfen. An welchen Orten ist das karitative Handeln der Kirche gefragt und wie engagiert sie sich dort für die Menschen? Und wo müsste sich die Kirche (mehr) einsetzen, ihre Stimme erheben?“ im Mittelpunkt. Knapp 60 Interessierte beteiligten sich.
„Als Gemeindemitglieder müssen wir offen sein für Bedürftige jeglicher Art. Als Laien und auch als Profis sollten wir ein Ohr haben für die verschiedenen Nöte. Wir müssen an die ,Ränder‘ (Papst Franziskus) gehen, dahin, wo es schmerzt“, wies Jörg Stowasser auf den notwendigen Einsatz sowohl der Gemeindemitglieder als auch der Hauptamtlichen etwa der Caritas, der Malteser oder der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft hin. Bernd Krueger sieht den diakonischen Auftrag „sehr konkret in der Begegnung mit Menschen“ gegeben. „Erfahre ich, was den anderen fehlt, spüre ich ihre Erwartung an mich? Gibt es einen wirklichen Dialog?“ Wolfgang Gerlich fordert dazu auf, für die Not in der Nachbarschaft „wach zu sein und Hilfe auch in kleinen sozialen Dingen anzubieten“. Für Stephan Schmitz-Tekaath sollten Christen Not sehen, und nicht, wie oft üblich, einfach vorbeigehen.
Das christliche Profil zu leben, ist harte Arbeit
Dass Hauptamtliche Not sehen und handeln, machte Cathleen Brand klar. Die Caritas biete in Halberstadt 14 Dienste an, sei in der Pandemie stets erreichbar. Leider gebe es nicht so viel Unterstützung durch Ehrenamtliche aus den Gemeinden. Theresa Pabst-Clemens betonte, auch die Institutionen leisteten ihren diakonischen Dienst „nicht mal eben so. Es ist harte Arbeit, das christliche Profil zu leben.“ Denn 90 Prozent der Mitarbeiter in sozialen Einrichtungen der Kirche seien nicht christlich, würden aber „manchmal sogar besser karitativ“ handeln als christliche Kollegen. Im Klinikalltag werde sie deshalb als Seelsorgerin gefragt: „Braucht es die Kirche überhaupt, damit Nächstenliebe gelebt werden kann?“ Peter Zur von der Caritas-Trägergesellschaft St. Mauritius mit 90 Einrichtungen im Bistum ergänzte: „Unsere Mitarbeiter praktizieren christliche Werte und Rituale, ohne katholisch zu sein. Hut ab davor!“ Zur plädiert für eine engere Zusammenarbeit der kirchlichen Träger in Fragen des christlichen Profils und für eine engagierte Öffentlichkeitsarbeit. Schließlich sei Caritas eine Marke, die noch stärker für das Christliche stehen könne. Es müsste mehr gute Öffentlichkeitsarbeit geben, „weil sich für viele die Arbeit der Caritas nicht als Kirche erschließt“, unterstrich auch Ulrike Hoffmann. Dagobert Glanz mahnte: „Synergien sind wichtig, aber nicht nur innerkirchlich, sondern auch mit anderen Menschen guten Willens.“
Dass karitatives Handeln weit verstanden werden muss, darauf machte Patricia Erben-Grütz aufmerksam: Religionsunterricht und Schulpastoral an kirchlichen Schulen seien „bildungsdiakonisches Handeln“, und zwar nicht nur an den Schülern. „Schulpastoral ist auch ein Dienst an christlichen wie nichtkonfessionellen Lehrern und an den Eltern“. Bildungsdiakonisch wirkten ebenfalls die Katholische Akademie oder kirchliche Verbände. Auch Eberhard Tiefensee betonte die Breite diakonischen Handelns etwa im kulturellen und gesellschaftspolitischen Bereich. Als Stichworte nannte er Orgelkonzerte, Klostergärten und kommunales Engagement im Sinne von „Wo ist ,die Kirche‘ dienstleistend (diakonisch) tätig?“ Angela Degenhardt zählte weitere Beispiele auf: „sich im Jugendhilfeausschuss für die Sicherung von Schulsozialarbeit einsetzen … darauf hinwirken, dass Tafeln oder Diakonieläden kommunalpolitisch unterstützt werden …“ Christine Böckmann erinnerte: „Zu den ,Menschen draußen‘ … gehören Mitbürger muslimischen und jüdischen Glaubens, deren Gemeinden zum Teil angegriffen werden oder bei denen der Bau ihres Gotteshauses in Frage gestellt wird. Da sehe ich großen Bedarf für unsere Solidarität“.
Angesichts des Versagens viel Gutes tun
Bischof Feige hält es für einen wichtigen diakonischen Dienst, achtsam zu sein, um Missbrauch zu verhindern. Zu Beginn des Hearings hatte er eingeräumt, es falle ihm nicht leicht, angesichts der Krise in der Kirche gerade jetzt über deren soziales Engagement zu sprechen. Schließlich sei deutlich, „wie Kirche das Evangelium verraten und Menschen schwersten Schaden zugefügt hat“ und „dass Kirche oft lebensbehindernd, wenn nicht gar lebenszerstörend“ gewirkt hat. Um so mehr komme es darauf an, einen Beitrag zu leisten, „immer mehr eine Kirche zu werden, die die Zuwendung Gottes zum Menschen zum Ausdruck bringt“. Nach dem Forum nahmen etliche Teilnehmer das Angebot an, sich noch über die aktuelle Situation in der Kirche auszutauschen.
Das dritte Online-Hearing findet am 22. Februar, 19 Uhr, statt: Thema: „… das Leben feiern. Mit welchen liturgischen Formen gelingt es der Kirche, mit den Menschen das Leben zu feiern?“
Mehr Infos/Anmeldung: www.synodalerwerden.de
Von Eckhard Pohl