Von nun an gemeinsam
Im Pastoralen Raum Nordfriesland wird aus den drei Pfarreien von Husum, Niebüll und Sylt die neue Pfarrei St. Knud. Gottesdienst wird live gestreamt.
Angesichts von drei katholischen Kirchen, die St. Knud im Namen führen – Nordstrand, Husum, Friedrichstadt – und der geografischen Lage war es wohl folgerichtig, die neue Großpfarrei an der Nordsee unter das Patronat des dänischen Königs aus dem 11. Jahrhundert zu stellen. Und so wird nun am Sonntag, 28. Februar mit einem Festgottesdienst in St. Peter-Ording die neue Pfarrei St. Knud gegründet, in der die bisherigen Pfarreien von St. Knud Husum, St. Gertrud Niebüll und St. Christophorus auf Sylt aufgehen. Zum Gottesdienst mit 50 geladenen Gästen in St. Ulrich wird Erzbischof Stefan Heße erwartet. Damit dennoch möglichst viele Gemeindemitglieder dabei sein können, wird das Pontifikalamt unter www.katholisch-nordfriesland.de live gestreamt.
In den Ferien kommen bis zu einer Million Urlauber
Die neue Pfarrei mit fünf Gemeinden reicht von Eiderstedt bis nach Sylt und von Amrum, Föhr und Pellworm bis nach Stapelholm. Die nordfriesischen Inseln, Nordstrand und St. Peter-Ording sind Sehnsuchtsorte für viele Deutsche, während Husum, Friedrichstadt und Niebüll beliebte und doch ganz und gar unterschiedliche Zentren auf dem Festland sind. Und damit sind auch schon die zehn Kirchstandorte für die rund 10 000 Katholiken der Region benannt – einer Urlaubsregion, die in normalen Zeiten etwa eine Million Touristen pro Jahr zu Gast hat, darunter viele Katholiken aus dem Süden. Es sind Menschen, die oft ein besonderes Bedürfnis nach spirituellen Angeboten mitbringen und in der Urlaubssaison eine Vervielfachung der Gottesdienst-Besucherzahlen zur Folge haben. Dass das Bistum eine ganze Stelle für die Tourismuspastoral zugebilligt hat, ist da eine große Hilfe.
Doch es gibt eben auch Verluste. In einem schmerzhaften Prozess haben sich die Katholiken in Nordfriesland zuletzt von ihren Kirchen in Leck und Tönning sowie der Marienkapelle in Bredstedt getrennt. Darüber hinaus haben die großen Entfernungen zwischen den Pfarreien deren Eigenständigkeit so sehr gefördert, dass das Zusammenrücken jetzt umso schwerer fällt.
Von St. Peter-Ording bis zum Autozug nach Sylt in Niebüll sind es zum Beispiel 88 Kilometer. Und wenn ein Priester per Fähre nach Pellworm, Föhr oder Amrum will, dann muss er sich auf eine Fahrzeit von eineinhalb bzw. zweieinhalb Stunden (Amrum) einrichten. Ohne die Gastpriester im Sommer ließe sich das Gottesdienst-Angebot auf den Inseln gar nicht aufrecht erhalten. Doch für Pfarrer Germain Gouèn sind die Entfernungen an der Küste nicht das zentrale Problem. „Das ist schaffbar“, sagt er.
Vielmehr ist es der Zusammenhalt, um den er sich sorgt. Pfarrer Gouèn, der Anfang 2019 die Leitung des Pastoralen Raums übernommen hatte und sich mit der Umsetzung von drei Schließungsbeschlüssen nicht nur Freunde gemacht hat, ist jetzt als Versöhner gefragt: „Für mich als Seelsorger wird es die größte Herausforderung sein, die Menschen zusammenzuführen“, sagt er.
Doch er will den Weg der Klarheit im Handeln weitergehen, auch wenn es beispielsweise um die Zukunft von Sekundärimmobilien im Zuge der Immobilienreform des Erzbistums geht. „Wir müssen thematisieren, argumentieren und dann entscheiden“, sagt er. „Es lohnt sich nicht, den Kopf in den Sand zu stecken.“
„Es muss endlich mal wieder weitergehen“
Das sehen auch einige andere in der Pfarrei so, die jetzt den Aufbruch suchen und den Blick nach vorn richten: „Wir als Friedrichstädter freuen uns auf die neue Pfarrei und sind froh, dass der Prozess, der mehr als vier Jahre gedauert hat, nun endlich abgeschlossen ist; dass wir uns nicht mehr um uns selbst kümmern, sondern endlich wieder nach außen wirken können“, formuliert es Ulrich Keiluweit aus der Gemeinde Friedrichstadt. Jeder habe „ein bisschen Wehmut“, doch „es muss endlich mal wieder weitergehen“, sagt er.
Auch die Husumerin Barbara Weber vom Pfarrbrief-Team wünscht sich, „dass die neue Pfarrei Zeugnis davon gibt, wie wir Katholiken im Norden aus dem ‚Vertrauen auf Gottes tiefe Liebe leben und den Glauben weitergeben’“ – genau so, wie es im Leitbild zum Pastoralkonzept formuliert ist. Sie mahnt aber auch, dass Haupt- und Ehrenamtliche sich dabei auf Augenhöhe bewegen müssen. Hauptamtliche auf Pfarrei- und Bistumsebene dürften sich nicht nur als „Aufgabenverteiler“ verstehen, sondern müssten sich „Zeit und Raum nehmen, gemeinsam konkrete Schritte auf den unterschiedlichen Pfaden der einzelnen Gemeinden zu gehen“, so Weber.
Apropos Hauptamtliche: Derzeit tun neben Pfarrer Gouèn noch die Pastoren Michael Waldschmitt und Dieter Lankes ihren Dienst, was sich sicher mittelfristig ändern wird, weil nur zwei Priester für die Pfarrei vorgesehen sind. Außerdem gibt es – außer der Stelle für die Tourismusseelsorge – noch zweieinhalb Pastoralstellen für weitere Aufgaben, wie etwa die generationsverbindende Pastoral, die einen weiteren Schwerpunkt im Pastoralkonzept bildet. Noch ist nicht entschieden, wer welche Aufgaben übernimmt. Wie vom Erzbistum vorgesehen, müssen sich die Mitarbeiter neu bewerben und die Gespräche dazu werden erst im März stattfinden.
Wegen der Pandemie wird die Gründungsfeier erst einmal verschoben. Vielleicht ist das ganz gut so, so dass – mit ein bisschen zeitlichem Abstand – mehr Menschen bereit sind, auf die neue Pfarrei St. Knud anzustoßen.
Text: Marco Heinen