Tagung im Bistum Erfurt zur Weltsynode
Was unter den Nägeln brennt
An der Onlinetagung dabei, von oben nach unten: Gernot und Mirjam Facius (Jena), Mechthild Arand (Heiligenstadt), Moderatorin Anne Rademacher und Christiane Hennig-Schönemann (Erfurt). Fotos: Holger Jakobi |
Ökumene, die Teilhabe und Mitwirkung in den Pfarreien und den Kirchorten ermöglichen, das Evangelium weitergeben, auf eine verständliche Kommunikation und Ausdrucksweise achten – vier Punkte, die bei einer Online-Konferenz zur Sprache kamen, zu der Ulrich Neymeyr zusammen mit Anne Rademacher, der Leiterin des Seelsorgeamtes, am 7. Februar eingeladen hatte.
Konkret ging es um Wünsche, Anregungen und Erfahrungen aus dem Bistum, die in die Synode „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ einfließen sollen. Bischof Ulrich Neymeyr wies zu Beginn darauf hin, dass es sowohl darauf ankomme, das Miteinander im Bistum zu gestalten, es komme aber auch auf das Miteinander des Bistums mit der Weltkirche an.
Miteinander vor Ort, im Bistum und in der Welt
Sebastian Böning aus der Pfarrei Sankt Franziskus in Sömmerda erinnerte an die Realität, dass er mit 47 Lebensjahren sicher einer der jüngsten Katholiken in Sömmerda ist, der sich kirchlich engagiert. Im ganzen Pfarreigebiet wurden 25 junge Menschen eingeladen, sich auf dem Weg zur Firmung zu machen. Nur acht Rückmeldungen kamen. „Acht Jugendliche die ihren Glauben vertiefen wollen.“ Böning wies weiter darauf hin, dass es im gesamten Pfarreigebiet im kommenden Jahr nur sechs Erstkommunionkinder (für zwei Jahre) gibt.
In dieser Situation sei es für die katholischen Christen geradezu notwendig, mit den anderen Kirchen in der Ökumene zusammenzukommen. Ökumene ist ebenso für die katholischen Christen in Bad Langensalza tragend, wie Michael Katzer sagte. Es sei die Not der Diaspora, die verbinde. „Christen werden in Langensalza nicht als einzelne Kirchen gesehen, sondern gemeinsam wahrgenommen. Gemeinsam Zeugnis geben, gemeinsam leben und unterwegs sein, das ist uns wichtig.“ Eine Teilnehmerin hingegen gab an, dass die ökumenische Vernetzung in ihrer Pfarrei schwierig sei.
Zur Situation junger Menschen in der Kirche äußerte sich Sarah Sophie Pohl. Kirche bleibe für viele Jugendliche Heimat, wenn auch eine widersprüchliche. Es gebe viele Themen und Strukturen, die es erschweren, in der Kirche Heimat zu finden. Widersprüchliches sieht Sarah Sophie Pohl auch in der kirchlichen Arbeit vor Ort. „Ein Dialog mit den Pfarrern ist oft schwierig, Diskussionswünsche werden kritisch abgetan.“ Sie wünscht sich Partizipations-Weiterbildungen, um die Übernahme der Verantwortung durch die Laien in den Pfarreien zu ermöglichen und zu stärken.
Umdenken ist ein schwieriger Prozess
Martin Grimm stört sich an folgender Redewendung: „Wenn der Pfarrer es zulässt, dann wird es vielleicht.“ Grimm sagte weiter: „Sind wir nicht als Getaufte dazu aufgefordert, die Kirche mitzugestalten. Oft werde ich dann gefragt, wie soll das funktionieren, bei diesen Strukturen, die nicht dafür gedacht sind, dass wir etwas in die Hand nehmen können.“ Anne Rademacher und Bischof Neymeyr räumten ein, dass in den Pfarreien und Kirchorten sehr unterschiedlich mit der Partizipation umgegangen werde. Wobei es dabei jüngeren Priestern leichter fällt, Verantwortung abzugeben, wie der Bischof betonte.
„Auch aus der Not heraus.“ Claudia Feichtinger aus Erfurt sieht hingegen gute Chancen, den Glauben begeisternd vorzuleben. Ihre Gemeinschaft Emmanuel lädt beispielsweise regelmäßig junge Leute zur gemeinsamen Anbetung ein. „Junge Leute sehnen sich nach klaren Antworten, die den Lehren der Kirche entsprechen“, betonte Feichtinger. „Kirche ist nicht nur Heimat, Kirche ist ein Ort der Heilung.“
Damit kam ein weiteres Anliegen vieler zum Ausdruck. Es geht um die Weitergabe des Evangeliums, des geistlichen Lebens in den Kirchorten. Ein Teilnehmer, der von einer evangelischen Freikirche in die katholische Kirche kam, betonte, dass es quasi sehr wenige geistliche Angebote außerhalb der Gottesdienste gebe.
Er wies auf die Basics des Glaubens hin: „Heilige Schrift, Gott, die lebendige Beziehung zu Jesus. Zugleich wünschte er sich ein stärkeres Eintreten der Kirchen und der Gemeinden in Sachen Lebensschutz: „Bitte setzen Sie sich für das ungeborene Leben ein.“ Zudem sieht er die Kirche gesellschaftlich in vielen Bereichen in die Ecke getrieben. Dem schloss sich ein Ehepaar an: Kirche müsse eigene Postionen beziehen, auch wenn sie nicht den aktuellen Trends und Richtungen entsprechen.
Intensiver auf junge Menschen hören
Auch für Wissam Abou Rjeily aus dem Kirchort Ilmenau ist ein intensives Bekenntnis zu Jesus Christus für die Kirche lebensnotwenig. In einem emotionalen Beitrag sagte er unter anderem: „Ich gehe in die Kirche weil ich an Jesus glaube. Ich möchte ein positives Bild meiner Kirche zeigen, darauf hinweisen, dass Jesus mein Kompass im Leben ist.“
Vor einem unreflektierten Festhalten an Begriffen einer veralteten Theologie des 19. Jahrhunderts warnte Christiane Hennig-Schönemann aus Erfurt. Eine heilige Messe z. B. werde weder „gelesen“ noch „gehalten“, sondern gemeinsam als Gottesvolk gefeiert, betonte sie. Erfahrungen im Dialog mit Schüler der Edith-Stein-Schule haben ihr gezeigt, dass junge Leute sehr wohl Interesse an Glauben haben, aber oft erst in zweiter Linie an der Kirche. „In meinem Lebensalter verkörpere ich nicht die Zukunft der Kirche. Ich wünschte mir daher, dass wir intensiver auf das schauen und hören, was junge Menschen uns heute zu Themen des christlichen Glaubens zu sagen haben.“ Christiane Hennig-Schönemann wies zudem darauf hin, dass wir es oft gar nicht mitbekommen, dass Menschen, wenn sie sich in ihren Fragen nicht ernstgenommen fühlen, die Kirche leise verlassen.
Eigenständigkeit und Verschiedenheit
Bischof Ulrich Neymeyr machte Mut, dass die Mitglieder der Kirchort-Räte das kirchliche Leben gestalten können. Immer wieder werde beklagt, dass die biblischen Arbeiter im Weinberg heute fehlen. Neymeyr gab zu bedenken, dass diese Arbeiter vielleicht schon da sind, nur sehe man sie noch nicht. Der Bischof betonte weiter: „Was Getaufte und Gefirmte gestalten, müsse nicht im Gleichschritt geschehen.“ Die Eigenständigkeit und die Verschiedenheiten der Kirchorte sollten gelebt werden.
Die Synode „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ wurde im Oktober vergangenen Jahres für die Weltkirche und die Ortskirchen eröffnet. Nach der XVI. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode im Oktober 2023 soll eine Phase der Umsetzung folgen, an der die Teilkirchen wiederum beteiligt sein sollen, wie es im Dokument aus Rom heißt. Die Leiterin des Seelsoergeamtes, Anne Rademacher, machte in einer Onlinekonferenz deutlich, dass die Erfurter Beiträge nur einen Teil aller Rückmeldungen aus den deutschen Diözesen bilden. Dennoch machte sie Mut, sich auf den Prozess einzulassen. Weitere Beiträge können noch bis Ostern an das Seelsorgeamt gerichtet werden.
Kontakt: Bistum Erfurt, Seelsorgeamt, Regierungsstraße 44a in 99084 Erfurt, via E-Mail unter seelsorgeamt@bistum-erfurt.de