Anfrage

Welche Sünden werden in der Beichte vergeben?

Papst Benedikt XVI. sagte 2010 zu jungen Priestern über die Beichte: „Christus erlaubt es uns, sein ,Ich‘ zu benutzen ... Auch im ,Ich spreche dich los‘ – denn keiner von uns kann von Sünden lossprechen.“ Meine Frage: Sind bei der Lossprechung in der Beichte alle Sünden (zeitliche, lässliche, ewige, Todsünden) vergeben? M. G., Hannover

Jesus hat den Aposteln nach biblischem Zeugnis aufgetragen „Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben“ (Johannesevangelium 20,23). Daraus leiten die Bischöfe als Nachfolger der Apostel und die von ihnen beauftragten Priester die Vollmacht ab, im Namen Gottes demjenigen (alle) Sünden zu vergeben, der in Reue zur Barmherzigkeit Gottes zurückkehrt. 

Die Theologie des Bußsakraments hat im Lauf der Jahrhunderte Begriffe ausdifferenziert, die heute ohne Erklärung kaum mehr verständlich sind. Da werden lässliche Sünden als Verstöße gegen die Liebe Gottes von Todsünden als ewige Abkehr von der Liebe Gottes unterschieden – mit unterschiedlichen Schweregraden und Konsequenzen. 

In der Beichte wird der Bereuende von der Schuld der Sünde losgesprochen, die Schuld in Buße getilgt, aber die Folgen der Sünde – für den Einzelnen, die Gottesbeziehung und die Gemeinschaft – bleiben als „zeitliche Sündenstrafen“ und bedürfen der Läuterung: in der Vorstellung des reinigenden Fegefeuers oder durch Ablässe, die Lebende für sich und für bereits Verstorbene erwerben – nicht mehr mit Geld, aber mit Taten der Reue und Buße; dabei profitieren sie von der Erlösungstat Christi und vom Kirchenschatz in der Gemeinschaft der Heiligen. 

Sie merken: Alle diese Begriffe füllen regalweise Bücher und sind in der Kürze eher missverständlich erklärt als hilfreich. 

Grundlegend ist aber das Verständnis, was eine Sünde ist: eine Abkehr von Gott und damit eher ein Zustand als eine konkrete Einzeltat. Wer sich von Gott lossagt, der das Leben und die Liebe ist, der verliert das Leben und die Liebe, schadet damit sich und anderen. Wer sich Gott zuwendet, der gewinnt das Leben und die Liebe – zum Segen für sich und für andere. 

Der Priester hat in der Beichte die Aufgabe, diese Barmherzigkeit Gottes stellvertretend zur Geltung zu bringen. 

Michael Kinnen