Taizé-Jahrestreffen in Breslau
"Weltoffen, multikulti und gastfreundlich"
Mehrere Tausend Taizé-Freunde aus ganz Europa treffen sich zur Jahreswende in Breslau.
Ein Jahrtausend wechselhafter Geschichte und unzählige Geschichten: Der Stadtname Breslau ist heute für Besucher wie für Einwohner verbunden mit schöner Architektur, pulsierendem Leben und schlesischer Lebensart. In Europas Kulturhauptstadt 2016 gibt es allenthalben angesagte Bistros und Restaurants, in den verschiedenen Ortsteilen junge Kulturzentren, und großflächige Street Art versiegelt die letzten Brachflächen. Etwa 150.000 Studenten tragen zu einem großen Teil zu der lebendigen Atmosphäre der polnischen Oder-Metropole bei. Auch die Literaturnobelpreisträgerin von 2018 Olga Tokarczuk stammt von dort.
"Weltoffen, multikulti und gastfreundlich" sei seine Stadt, sagt Taize-Bruder Ulrich. Der Geistliche lebt in Breslau und steckt mit seinem Team mitten in den Vorbereitungen. "Das Treffen passt zu uns, und die Stadt ist ideal für die Ausrichtung des Europäischen Jugendtreffens von Taize 2019", sagt Bruder Ulrich. Die Begegnung mit Gebeten, Gesprächen und Gottesdiensten steht im Zeichen von Frieden, Offenheit und Solidarität. Um Silvester ist es dann wieder soweit - zum dritten Mal schon nach 1989 und 1995 treffen sich junge Christen in der 640.000-Einwohner-Stadt.
Taize-Prior Frere Alois hatte den Ort des Treffens Ende 2018 in Madrid mitgeteilt. Dort waren rund 15.000 Jugendliche zusammengekommen. Polens Primas, Erzbischof Wojciech Polak von Gniezno (Gnesen), und der Breslauer Weihbischof Andrzej Siemieniewski waren eigens für die Ankündigung nach Madrid gereist. Das Treffen in Breslau ist dann das 42. seiner Art.
30 Jahre nach dem Sturz des Kommunismus ist die Kunst aus der Oder-Stadt Breslau, einst Hauptstadt der historischen Region Schlesien, nicht mehr wegzudenken: etwa die bekannten, einst regimekritischen Zwerg-Skulpturen aus Bronze. Die politische Oppositionsbewegung "Orange Alternative" hatte sich in den 1980er Jahren mit spontanen Aktionen - etwa Demonstrationen im Zwergenkostüm - gegen die kommunistische Regierung im katholischen Polen gestellt.
1000 Jahre deutsch-polnischer Geschichte im katholischen Erzbistum Breslau
Das katholische Erzbistum Breslau blickt auf über 1.000 Jahre deutsch-polnischer Geschichte zurück. Früher lebten hier deutsche, polnische und böhmische Christen. Aus ihm gingen auch die 1930 und 1994 gegründeten Bistümer Berlin und Görlitz hervor; sie waren bis 1972 kirchenrechtlich mit ihm verbunden. Eine weitere Verbindung gibt es durch die heilige Herzogin Hedwig von Schlesien (1174-1243), die als "Patronin der Versöhnung von Deutschen und Polen" gilt. Die aus dem bayerischen Andechs, heute beim Bistum Augsburg, stammende Ehefrau des polnischen Herzogs Heinrich I. von Schlesien wird noch immer für ihren Einsatz für Bedürftige verehrt.
Im Mittelalter gehörte Breslau zur polnischen Dynastie der Piasten, war dann unter böhmischer und habsburgischer Herrschaft, ehe es Mitte des 18. Jahrhunderts an die Preußen fiel. Das deutsche Erbe ist noch vielerorts im Stadtbild sichtbar. Unzählige Bürgerhäuser stammen aus der Gründerzeit. Die Jahrhunderthalle von Max Berg, die zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, war bei ihrer Fertigstellung 1913 mit 65 Metern Durchmesser die größte Kuppel der Welt. Genau dort werden um die Jahreswende Taize-Pilger singen und beten. "Ich hoffe, dass durch das Treffen der europäischen Jugend intensive Kontakte und Verständnis füreinander entstehen", sagt Bruder Ulrich.
Nahezu 70 Prozent aller Gebäude wurden im Zweiten Weltkrieg dem Erdboden gleichgemacht. Eine Tragödie, sagen die Breslauer, aber auch eine enorme Herausforderung. Inzwischen haben sie ihre Stadt wieder aufgebaut. Der Marktplatz und andere historische Gebäude wurden originalgetreu rekonstruiert. Auch die Johannes-Kathedrale auf der Dominsel mit ihren charakteristischen schlanken Turmspitzen ist wieder ein Publikumsmagnet. Ohnehin spielt sich das Leben Breslaus nahe am Wasser ab. Die Stadt liegt auf insgesamt zwölf Inseln der Oder und ihrer Nebenflüsschen. Rund 300 Brücken und Stege verbinden sie - ähnlich dem völkerverbindenden Geist von Taize. Der wird sich auch einstellen, wenn zum Jahresende nun rund 15.000 Jugendliche aus 20 Nationen nach Breslau pilgern.
kna