Wallfahrten in Harrislee, Büchen und anderswo

Wie alte Wallfahrtsorte wieder entdeckt werden

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Menschen stehen vor einer Kirche
Nachweis

Foto: privat

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Die erste St. Anna Wallfahrt seit dem Mittelalter. 14 Pilger machen Station an der Kapelle Niehuus an der dänischen Grenze.

Im Mittelalter gab es im Norden Deutschlands zahlreiche Wallfahrten und Wallfahrtsorte. Einige bestehen nur noch historische Erinnerung oder ganz vergessen. Andere wurden wieder entdeckt und neu belegt. Das neueste Beispiel dafür liegt dicht an der dänischen Grenze.

„Klues – et middelalderlight valfartssted ved Flensborg“ so hat der Archäologe Ole Harck einen Aufsatz über den nördlichsten Wallfahrtsort Deutschlands überschrieben. Der Name Klues – „Kloster“ – ist als Ortsname in Flensburg geblieben. Die Wallfahrtskapelle der heiligen Anna lag dicht dran, heute auf dem Gebiet von Harrislee. Erst in jüngster Zeit haben der Harrisleer Jan Wiltschek und andere Gemeindemitglieder Näheres über die Tradition ihrer St.-Anna-Gemeinde herausgefunden. Und am 28. Juli organisierten Gemeindemitglieder erstmals wieder eine St. Anna-Wallfahrt. Eine Gruppe von 14 Teilnehmern machte sich vom Grenzübergang Harrislee-Kupfermühle aus auf einen Weg, den Jan Bürger anhand des historischen Pilgerwegs vorgezeichnet hatte. Neben dem geschichtlichen Hintergrund beeindruckte die Schönheit der abwechslungsreichen Landschaft – mit Blick auf Dänemark. Es begann mit einem Gebet und der Lesung der Emmaus-Erzählung – um zu verdeutlichen, dass gemeinsames Pilgern zu guten geistlichen Gesprächen führen kann.

Unterwegs gab es drei Stationen mit Gebet und Gesang. Den Höhepunkt der Wallfahrt bildete die Station am Ort der ehemaligen Wallfahrtskapelle St. Anna. Heute ist davon nichts mehr zu sehen. Ein Gehöft steht an der Stelle, wo im 15. und 16. Jahrhundert Pilger zusammenkamen und die heilige Anna um Hilfe baten.

Heilungswunder machten die St. Anna-Kapelle zum Pilgerziel

Die Einsiedelei, die Papst Bonifatius IX. Anno 1399 genehmigte, war eigentlich Maria, Franziskus und Birgitta geweiht. Aber es soll dort so viele Gebetserhörungen und Heilungswunder auf Fürsprache der heiligen Anna gegeben haben, dass Scharen von Pilgern, Kranken und Leidenden zu der Kapelle aufbrachen, die bald nur noch St. Anna genannt wurde. 

Ein Stein aus der alten Kapelle bildet den symbolischen Grundstein für die heutige St. Anna-Kirche in Harrislee. „Und seit längerem schwebt in der Gemeinde der Gedanke, wieder eine Wallfahrt zu machen“, sagt Maria Bürger. Das soll jetzt zu einer jährlichen Tradition jeweils um das Fest der Großeltern Jesu am 26. Juli werden. Maria Bürger: „Es ist schön, dass durch die Wallfahrt die frühere St. Anna Kapelle  wieder in den Blick kommt. Und dass auch die Verbindung zur heutigen St. Anna-Kirche in Harrislee bewusst wird. Kann dies der Grund sein, weshalb die St. Anna-Kirche häufig zum Gebet aufgesucht und viele Kerzen entzündet werden?“ Harrislee ist nicht das einzige wiederbelebte Wallfahrtsziel. 2007 startete die Gemeinde in Büchen am Rand des Herzogtums Lauenburg eine Neuauflage der mittelalterlichen Marienwallfahrt.

Am Kanal entlang zum Büchener Marienbild

Rund 80 Teilnehmer an der Marienwallfahrt in Büchen zeigten jetzt, dass dieser Pilgerweg (stets am Samstag nach Maria Himmelfahrt) wieder Tradition geworden ist. Den Trägern eines Kreuzes, verschiedener Fahnen, eines Marienbildes und einer Marienstatue folgten sie betend und singend von der Schleuse Witzeeze am Elbe-Lübeck-Kanal bis zur Marienkapelle in Büchen. Unter einer Eiche am Ortseingang machten sie Station. Dort konnte jeder kleine Bändchen an ein Kreuz hängen. In die Bändchen hatten sie jeweils einen Knoten für ihre Sorgen geknüpft, die somit an Maria weitergegeben wurden in der Hoffnung, sie möge sie lösen. Abschließend fand ein Gottesdienst mit fünf Geistlichen im Garten der Marienkapelle statt. Als Mutter Jesu habe Maria auch Anteil an allem, was ihren Sohn betreffe, hob Weihbischof Horst Eberlein in seiner Predigt hervor. 

Marienwallfahrt Büchen: Jeder Pilger durfte seine Sorgen als Knoten an das Kreuz hängen. Foto: Matthias Schatz

Der Sommer geht zu Ende, aber zwei große Wallfahrten stehen noch im Kalender – beide am Sonntag, 8. September. Die Gemeinden in Rostock und Umgebung pilgern dann zum Doberaner Münster. Wer fit ist, kann auf einem der sternförmigen Wege per Rad oder zu Fuß zum Münster kommen. Um 11 Uhr ist der Wallfahrtsgottesdienst mit Domkapitular Georg Bergner (Schwerin). Vor der Abschlussandacht um 14.45 Uhr gibt es ein Orgelkonzert (Beginn 14 Uhr).  

Am gleichen Tag geht es zum Ansveruskreuz nach Einhaus. Kurz (von Ratzeburg) oder lang (von Lübeck) kann man auf Fußwegen den Ort erreichen, wo 1066 der Benediktiner Ansverus getötet wurde. Um 14 Uhr wird auf der Wiese der Festgottesdienst mit Generalvikar Pater Sascha-Philipp Geißler gefeiert. Davor ist Picknick, oder man lässt sich von dem Geschichtenerzähler Thomas Hoffmeister-Höfener in die Zeit Jesu führen. Kinder und Jugendliche können schon am Samstag (7. September) einen Zeltlagertag erleben. „Wir versuchen mit diesem Format junge Menschen anzusprechen und ihnen sowie ihren Eltern eine Brücke zum traditionellen Wallfahrtsgottesdienst  zu bauen“, so Heinz-Gerhard Justenhoven.

Zur Sache:

Bei Zeltlagertag in Einhaus gibt es zwei Großzelte, wenn möglich soll im eigenen Zelt übernachtet werden. Infos und Anmeldungen im Internet: sankt-ansverus.de/wallfahrt/zeltlagertag – Details zur Ansverus-Wallfahrt: sankt-ansverus.de/wallfahrt/ und zur Wallfahrt nach Doberan: herz-jesu-rostock.de

Matthias Schatz, Andreas Hüser