Nach dem Bischofsrücktritt
Wie geht es in Osnabrück weiter?
Franz-Josef Bode ist der erste deutsche Bischof, der sein Amt in Zusammenhang mit Fehlern beim sexuellen Missbrauch aufgibt. 1995 kam er nach Osnabrück, inzwischen ist er der dienstälteste Bischof. Wie geht es jetzt weiter?
Erstmals gibt ein deutscher Bischof sein Amt im Zusammenhang mit Fehlern im Umgang mit sexuellem Missbrauch durch Kleriker auf. In der zweiten Januarhälfte hatte Bischof Franz-Josef Bode Papst Franziskus ein Rücktrittsgesuch vorgelegt. Mit Wirkung zum 25. März – dem Fest Mariä Verkündigung – nahm dieser den Rücktritt an. Damit geht eine Ära zu Ende: Fast 28 Jahre stand Bode an der Spitze des Bistums Osnabrück. War er zunächst der jüngste deutsche Bischof, ist der 72-Jährige bei seinem Rücktritt der Dienstälteste.
In einer persönlichen Erklärung bat Bode erneut um Verzeihung für persönliche Fehler im Umgang mit Missbrauch: „Ich habe Fälle falsch eingeschätzt, häufig zögerlich gehandelt und manche falsche Entscheidung getroffen und bin meiner Verantwortung als Bischof an diesen Punkten nicht gerecht geworden.“ Der Zwischenbericht zum Missbrauch im Bistum Osnabrück im September hatte Bode mehrere Pflichtverletzungen vorgeworfen. „Lange Zeit“ habe er „eher die Täter und die Institution als die Betroffenen im Blick gehabt“, betonte Bode erneut. Bei der Vorstellung der Missbrauchsstudie zeigte er sich noch entschlossen im Amt zu bleiben. Doch das sorgte für Unruhe, vor allem bei den Mitarbeitern.
Bistumsvision: "Gott und den Menschen nahe"
Als Bode vor fast 28 Jahren nach Osnabrück kam, musste er einem durch die Bistumsteilung geschrumpften und verletzten Bistum neues Selbstbewusstsein geben. Das gelang ihm. Unter ihm wurde die Bistumsvision formuliert, nach der das Bistum „Gott und den Menschen nahe“ sein will. Bode lebte diese Vision vor. In Osnabrück herrschte ein offeneres Klima als in anderen Diözesen. Bode war ein Bischof, der ansprechbar war, ohne große Amtsdistanz, dem man auch kritische Töne zumuten konnte. Er blieb immer Seelsorger, kein Mann der Konfrontation, sondern einer, der sich bemühte, „Türen offen zu halten“, wie er oft sagte. Damit wurde er auch zur Identifikationsfigur für viele haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das änderte sich mit dem Zwischenbericht: „Manche haben jegliches Vertrauen in mich verloren“, sagte Bode nun. Seitdem arbeitete es in ihm. In Gesprächen zeigte er sich nachdenklich.
Dazu kam seine angeschlagene Gesundheit. Von seiner schweren Krankheit vor ein paar Jahren hat er sich nie ganz erholt. Der weitere Weg der Umsetzung des Synodalen Weges, die Gespräche mit den anderen Bischöfen und mit Rom, werden „noch viel Kraft verlangen, die ich selbst nicht mehr aufbringen kann.“ Für seinen Rücktritt wählte Bode einen günstigen Zeitpunkt: Er hat die wichtigsten Konsequenzen aus der Missbrauchsstudie in die Wege geleitet. Der von ihm maßgeblich mit geprägte Synodale Weg ist an einem vorläufigen Ende angekommen und im Bistum Osnabrück sind die ersten Konsequenzen bereits angekündigt. Der Rücktritt ermöglicht den Neuanfang und könne „befreiend wirken“, sagte Bode.
„Mit großem Bedauern und Respekt“ nahm der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, Bodes Schritt zur Kenntnis. Er erinnerte an die vielen Aufgaben, die Bode in seinen drei Jahrzehnten als Weihbischof und Diözesanbischof innehatte: Er war Jugendbischof, Vorsitzender der Pastoralkommission und zuletzt stellvertretender Vorsitzender der Bischofskonferenz sowie Vize-Präsident des Synodalen Weges. „Mit dir verliere ich meinen engsten Mitstreiter auf dem Synodalen Weg, der noch viele Wegetappen für uns bereithält.“ Bätzing erinnerte an Bodes Geste zu Beginn der Aufarbeitung des Missbrauchskandals: 2010 hatte sich Bode in einem Bußgottesdienst im Osnabrücker Dom vor dem Altar auf den Boden gelegt und um Vergebung im Namen der Kirche gebeten. Der Rücktritt sei „Deine ins Wort gefasste Verantwortungsübernahme“, so Bätzing.
"Persönlich berührt und überrascht"
Die Katholikenratsvorsitzende Katharina Abeln zeigte sich „persönlich berührt und überrascht“. Sie lobte Bode als „Bischof, Seelsorger, Visionär und Reformer“. Der Betroffenenrat Nord, die Vertretung der Opfer sexuellen Missbrauchs in den (Erz-)Bistümern Hamburg, Hildesheim und Osnabrück, wertete den Rücktritt als „wichtiges Zeichen sichtbarer Verantwortungsübernahme“. Die Annahme des Rücktritts durch den Papst „sehen wir als Betroffenenrat Nord als wegweisenden Schritt in die richtige Richtung“. Bodes konsequentes Handeln „sollte Vorbild für andere Verantwortungsträger in den Bistümern sein“. Die Rücktrittsgesuche der Erzbischöfe Heße aus Hamburg und Marx aus München hatte der Papst nicht angenommen. Das Rücktrittsgesuch des Kölner Erzbischofs Kardinal Woelki hängt weiter in der Schwebe.
Verantwortung bei Weihbischof Wübbe
Die Verantwortung für das Bistum Osnabrück übernimmt zunächst Weihbischof Johannes Wübbe. Innerhalb von acht Tagen wählt das Domkapitel dann den Diözesanadministrator, der das Bistum bis zur Einsetzung eines neuen Bischofs leitet. Eine Frist für die Suche nach einem neuen Bischof gibt es nicht. Erfahrungsgemäß dauert sie zwischen neun und zwölf Monaten. Nachdem der Synodale Weg sich für eine Beteiligung von Laien an der Bestellung eines Bischofs ausgesprochen hat, steht das Osnabrücker Domkapitel unter Druck, ein entsprechendes Verfahren zu ermöglichen. In Paderborn ist das bereits geschehen.
Vorgeschrieben ist, dass das Domkapitel drei Vorschläge über den Nuntius nach Rom schickt. Das ist in Paderborn in Zusammenarbeit mit Laien geschehen. Der Papst ist völlig frei, was er mit dieser Liste macht. Irgendwann geht eine Liste mit wiederum drei Kandidaten aus Rom an das Domkapitel, das daraus einen neuen Bischof wählt.
Bode dürfte im Ruhestand in Osnabrück bleiben
Bode selbst ist nun emeritierter Bischof von Osnabrück. Er wird sich erst einmal zurückziehen, stand auch nach der Rücktrittserklärung nicht für Statements zur Verfügung. Die Kar- und Ostertage im Dom wird er voraussichtlich nicht feiern. Für ihn dürften diese Tage bewegend sein. Denn nicht nur für das Bistum geht eine Ära zu Ende. Bode war gerne Bischof. Das merkte man ihm an. Noch am vergangenen Donnerstag hatte er bei einer Diskussionsveranstaltung im Forum am Dom in Osnabrück den Synodalen Weg erläutert und Hoffnung auf Reformen gemacht. Lediglich bei der letzten Frage, ob er nun erschöpft oder voller Tatendrang sei, betonte er die Erschöpfung nach den bewegten Jahren des Synodalen Weges. Als Bischof im Ruhestand wird er wohl in Osnabrück bleiben. Jedenfalls hat er das in der Vergangenheit bereits angekündigt. Im Juni soll er offiziell verabschiedet werden.
Ulrich Waschki