Anstoß 47/21

Wie Heilige streiten oder Peter und Paul

Image
SYMBOL_Anstossbild_0.jpg

Oft stehen sie in Kirchen beieinander, der eine trägt seinen Schlüssel, der andere sein Schwert und beide einen Bart. Kirchen tragen ihre Namen. Wie beste Freunde sehen sie aus.


Da passt anscheinend nichts zwischen Peter und Paul. So soll es zwischen Christen sein. Trotzdem: dieses Bild der Eintracht liefern zwei Charaktere mit unterschiedlichen Haltungen. Die Apostel waren alles andere als immer einer Meinung. Sie konnten richtig streiten, wichtiger, sie schafften wieder die Versöhnung. Es gab Situationen, die wir heute als Eklat bezeichnen würden. Dabei klingt der Name des Streites sehr fromm: Apostelkonzil. Sicher, so meint man, saßen die Vertreter in Jerusalem einträchtig beieinander und planten entspannt die Zukunft der Kirche. Pustekuchen! Da ging es heiß her, da wurde gestritten und nach Lösungen gesucht.
Damals war die Frage: Muss ein Mensch zuerst ein Jude sein, um Christ zu werden oder nicht. Eine richtige Einigung haben die Apostel gar nicht hinbekommen. Aber sie fanden einen Kompromiss und sind verschiedene Wege gegangen. Paulus zog in die Welt, Petrus blieb in Jerusalem. Dabei gelang es ihnen, die junge Christenheit nicht zu spalten.
Von Anfang an gehört es also zur katholischen Kirche, dass sie Kontroversen aushält und streitet. Ob das Konzil, ökumenische Versammlung, synodaler Weg oder Weltsynode heißt, ist zweitrangig. Das Rezept dazu: Bei allen Kontroversen seid alle eins im Geiste.

So ermutigen Peter und Paul zum gleichberechtigten Miteinander. Die Liebe ist die Grundhaltung. Gegenseitiges Verurteilen oder gar Verachten zwischen Christen stellen das Heilswerk Gottes in Frage. So gibt es in der Kirche unterschiedliche Meinungen und kontroverse Diskussionen. Das ist eine Stärke, keine Schwäche. „Einheit in Vielfalt“, wie es so schön heißt. Der Glaube an Jesus Christus lässt uns solche Konflikte aushalten. Wir dürfen in dem Menschen mit einer anderen Meinung immer auch den Bruder und die Schwester sehen. Diese anstrengende Vielfalt, diese Streit- und Liebeskultur, unterscheidet eine Kirche von Sekten, wo oft nur eine Meinung zählt.
 
Guido Erbrich, Biederitz