Rechtsextremisten an der Macht

Wie kann man nur Rassisten wählen?

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In vielen Ländern bringen die Bürger zurzeit Rechtspopulisten und Rechtsextremisten an die Macht. Sie lassen sich von autoritären Verführern täuschen, deren Politik ihren Interessen total widerspricht. Ein Forscher erklärt, wie das kommt – und wie dieser Irrsinn zu stoppen ist.

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Furchtbarer Kandidat: Der Rechtsextremist Jair Bolsonaro
könnte an diesem Sonntag Präsident Brasiliens werden.
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Wenn’s schlimm läuft, wird an diesem Sonntag Jair Bolsonaro zum neuen Präsidenten Brasiliens. Bolsonaro will Militärs zu Ministern machen und bezeichnet Folterknechte als Vorbilder. Er ist ein Rassist, er hetzt gegen Schwarze, Frauen und Homosexuelle. Und doch wird er von vielen gewählt – sogar von denen, die er bepöbelt. Wie kann das sein? Wie können die Menschen für einen Mann stimmen, dessen Agenda ihren Interessen total widerspricht?

„Das ist paradox und rational kaum zu erklären“, sagt der Populismusforscher Florian Hartleb. Dieses Paradox liegt im Trend: In vielen Ländern wird irrational gewählt. In vielen Demokratien sind Rechtspopulisten oder Rechtsextremisten an der Macht, oder sie sind ihr zumindest gefährlich nahegekommen – zuletzt in Frankreich und Österreich, in Italien und den USA. In Deutschland radikalisiert sich die AfD und freut sich über steigende Umfragewerte. „Die Menschen wünschen sich schnelle, einfache, autoritäre Lösungen, die es in einer vernetzten, globalisierten Welt gar nicht mehr geben kann“, sagt Hartleb. „Sie sehnen sich nach Zeiten zurück, die nie mehr wiederkommen werden.“

Die moderne, globalisierte Welt macht vielen Menschen Angst. Weil sie kompliziert ist. Weil sie sich rasant entwickelt. Weil sie Veränderungen mit sich bringt, die manch einen überfordern. Migration zum Beispiel. Populisten behaupten, sie könnten Migrationsströme stoppen. Etwa indem sie ankündigen, Mauern zu bauen, wie Donald Trump an der Grenze zu Mexiko. Von solchen Behauptungen lassen viele Menschen sich täuschen. „Sie unterliegen einer Illusion“, sagt Hartleb. In Wahrheit, sagt er, ließen sich Migrationsströme nicht aufhalten.

Das übersehen viele Wähler gern. Sie sehen nur das, was sie sehen wollen. Sie haben, wie der Populismusforscher sagt, „Sehnsucht nach einem starken Mann“. Deshalb schenken sie Politikern Vertrauen, die es nicht verdienen – die ihnen aber das trügerische Gefühl geben, für sie da zu sein. In Brasilien etwa hat es etliche Korruptionsskandale gegeben. Das macht es Bolsonaro leicht, sich als Außenseiter gegen die da oben zu inszenieren, als Anwalt des kleinen Mannes.

Wir müssen wieder lernen, unsere Freiheit zu schätzen

Donald Trump ist mit diesem Trick Präsident der USA geworden. Obwohl er, etwa durch eine massive Steuerreform, die Reichen reicher und die Armen ärmer gemacht und so die Probleme seiner Wähler verschärft hat. Absurd? Na klar. „Aber Politiker wie Trump werden gar nicht gewählt, weil sie als glaubwürdig erachtet werden“, sagt Hartleb. „Sie werden gewählt, weil viele Menschen den Eliten einen Denkzettel verpassen wollen.“ Die Menschen, glaubt der Forscher, drückten damit ihre Angst, ihre Wut und ihre Ohnmacht aus.

Wie dieser Irrsinn zu stoppen ist? Hartleb sagt: „Durch eine Politik des Vertrauens, des Mitnehmens, der ruhigen, überlegten Hand.“ Die etablierten Parteien müssen besser erklären, welche Chancen die moderne Welt bietet. Und die Bürger? Müssen mehr das schätzen, was ist. Vor allem: ihre Freiheit. Hartleb betont: „Diese Freiheit ist nicht selbstverständlich.“ Wenn die Rechten regieren, ist sie schnell dahin.

Andreas Lesch