Klima- und Umweltschutzbericht der Bistümer

„Wir brauchen konkrete Ziele“

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Die Bischöfe haben im Herbst 2021 einen Klima- und Umweltschutzbericht vorgelegt. Was ergibt sich daraus für die Bistümer und Gemeinden? Ein Gespräch mit Wendelin Bücking, Umweltbeauftragter im Bistum Magdeburg.

Umweltbeauftragter Wendelin Bücking (Mitte) gemeinsam mit Thomas Riediger, Beauftragter für Umweltmanagement und Tagungshausmanager, sowie Benediktiner-Bruder Jakobus Wilhelm im Heizungsraum des Benediktiner-Priorats Huysburg bei Halberstadt.    Foto: Benediktiner Huysburg

 

Am 25. Oktober 2021 hat die Deutsche Bischofskonferenz unter der Maxime „Unser Einsatz für die Zukunft der Schöpfung“ den ersten Klima- und Umweltschutzbericht vorgelegt. Auch die ostdeutschen Bistümer informieren darin über ihre Aktivitäten im Blick auf die Bewahrung der Schöpfung. – Einschätzungen des Umweltbeauftragten im Bistum Magdeburg, Wendelin Bücking.

Herr Dr. Bücking, der erste Klima- und Umweltschutzbericht für die Katholische Kirche in Deutschland liegt vor. Was halten Sie davon?

Der Bericht informiert über eine Reihe von Aktivitäten in den Bistümern, bei den Orden, beim Zentralkomitee der Katholiken, der Caritas und den Hilfswerken und weist eine Menge guter Ansätze auf. Aber noch kein Bistum, noch keine kirchliche Institution ist gesellschaftlicher Vorreiter bei der Bewahrung der Schöpfung. Schon recht aktiv sind die süd- und südwestdeutschen Diözesen, aber auch Köln oder Münster. Und es ist zu beachten: Der Bericht hat nicht nur die Bewahrung der Schöpfung, sondern auch den Umgang und das Handeln in der Einen Welt im Blick.

Wie steht das Bistum Magdeburg da?

Beim Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung liegt unser Bistum im Vergleich wohl im unteren Drittel. Auch bei uns gibt es manche gute Ansätze, wie sie auch im Bericht zur Sprache kommen. Aber insgesamt ist das Thema angesichts der gesellschaftlichen Herausforderungen durch die weltweit voranschreitenden Klimaveränderungen und ihre Folgen zu wenig im Blick.

Welche guten Ansätze gibt es?

Unsere Häuser auf der Huysburg, in Kirchmöser, Magdeburg und Roßbach, das Liborius-Gymnasium Dessau und die Studentengemeinde in Halle beteiligen sich am Umweltmanagementsystem Grüner Hahn. Die Streuobstwiese der Erwachsenenbildung in Magdeburg ist eine gute Sache. Ein herausragendes Projekt ist die St. Franziskus-Grundschule in Halle, die nach Passiv-Haus-Standards gebaut ist. Die Hilfswerke machen die eine oder andere Aktion, Missio etwa sammelt auch bei uns gebrauchte Handys. Die Katholische Frauengemeinschaft hatte den Focus schon mal intensiv auf die Schöpfungsbewahrung gelegt. In den Pfarreien in Dessau und Naumburg entwickelt sich derzeit mehr Sensibilität für das Thema. Aber insgesamt ist die Resonanz auf das dringende Anliegen aus den Gemeinden und bei den Verantwortlichen im Bistum zwar stärker als vor zehn Jahren, aber immer noch sehr gering. Und das gilt wohl auch für andere Diözesen.

Was lässt sich dagegen tun?

Theologen haben unlängst davon gesprochen, dass die Glaubwürdigkeit der Kirche auf der Kippe steht. Das gilt auch im Blick auf den Einsatz für die Bewahrung der Schöpfung: Entweder wir schaffen es, uns ernsthaft im Engagement gegen den Klimawandel und für den Erhalt der Artenvielfalt gesellschaftlich einzuklinken, oder wir werden auch auf diesem Gebiet als unglaubwürdig eingeschätzt und versinken als Kirche immer mehr in die gesellschaftliche Bedeutungslosigkeit. Als Christen tragen wir wie alle anderen auf verschiedene Weise zum Klimawandel bei. Entsprechend müssen wir etwas dagegen tun. Hinzu kommt, dass mit der schrittweisen Erhöhung der CO2-Steuer zum Beispiel überall die Heiz-Kosten steigen. Die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz hat 2020 für die kirchlichen Gebäude sogar Klimaschutzziele und entsprechende Sanktionen festgelegt ...

Welche konkreten, leistbaren Möglichkeiten, mehr für den Klimaschutz zu tun, sehen Sie?

Nicht wenige Gemeinden haben nach der Wiedervereinigung in  neue Heizungen und vieles mehr investiert. Laut gesetzlichen Vorgaben steht nach 30 Jahren Laufzeit in den Gemeinden deshalb nicht selten der Einbau einer neuen Heizung an. Darauf weist zum Beispiel auch die Baureferentin des Bistums Magdeburg, Susanne Swoboda, hin. Denkbar wäre, finanzielle Zuschüsse an die Einhaltung entsprechender Vorgaben zu knüpfen. Da die Entscheidung für die richtige Heizung sehr komplex ist, müsste jeweils mit der einzelnen Pfarrei abgewogen werden, wie vor Ort nachhaltige Kriterien am besten eingehalten werden können. Dafür braucht es also ein gutes Beratungsangebot, um die Pfarreien bei ihren Entscheidungen zu begleiten. Ölheizungen sollten nicht mehr eingebaut werden. Pelletheizungen sind wartungsintensiv und noch sehr teuer. Auch muss die Herkunft der Pellets genau im Blick bleiben. Aber eine Gasheizung neu zu installieren, könnte genauso die falsche Entscheidung sein, weil Gas kein klimaneutraler Brennstoff ist und daher die Kosten wegen der CO2-Emissionen steigen, nicht zu reden von der mangelnden Vorbildwirkung. Hier braucht es also abgewogene Entscheidungen. Zudem gibt es in den Pfarreien auch über die Frage der richtigen Heizung hinaus eine Menge Möglichkeiten, den CO2-Ausstoß zu senken.

Woran denken Sie?

Da sind die Bereiche der Beschaffung angefangen vom Druckerpapier bis zum fair gehandelten Kaffee, von der nachhaltigen Gestaltung von Pfarrgrundstücken und kirchlichen Friedhöfen bis zur Vermeidung von Plastikgeschirr bei Festen. Da kann es auch Unterstützung für die Gemeinden geben, zum Beispiel durch die zentrale Beschaffung von Druckerpapier.
Wenn wir uns fragen, welchen Auftrag Kirche hat, muss auch der Umgang mit der Umwelt im Blick sein. Deshalb müsste die Kirche bei der Bewahrung der Schöpfung vorangehen. Papst Franziskus ist da knallhart und spricht von der „unterdrückten und verwüsteten Erde“ (LS 2) und vom „Stöhnen der Schwester Erde“, „die sich dem Stöhnen der Verlassenen der Welt anschließt, mit einer Klage, die von uns einen Kurswechsel verlangt.“ (LS 53) Deshalb gilt es, zu handeln und auch gesellschaftlich Position zu beziehen.

Wie kann eine solche Positionierung aussehen?

Wie immer muss allem voran das praktizierte gute Beispiel stehen. Gut wäre etwa, nach dem Vorbild des Papstes mal einen Schöpfungstag im Bistum oder im mitteldeutschen Raum auszurufen, vier Wochen bewusst für das Thema zu sensibilisieren, einen großen gemeinsamen Gottesdienst mit Blick auf das Thema zu feiern, dabei auch eindeutige Worte in die Gesellschaft hinein zu sagen. Eine Schöpfungstour mit dem Fahrrad am Sonntagnachmittag in Magdeburg – wie sie Engagierte im Herbst erfreulicherweise ini-
tiiert hatten –, ist  zu wenig.
In diesen Tagen wollen wir im Bistum Magdeburg mit der Katholischen Erwachsenenbildung das „Sparflamme-Projekt“ starten und zunächst die Pilot-Gemeinden Dessau und Naumburg dabei beraten, wie sie ihren Energieverbrauch senken können. Es gab schon online ein Seminar dazu, eine zweitägige Fortbildung ist geplant. Nötig ist ein Energiemanagement, bei dem die nötigen Daten erfasst und daraus entsprechende Maßnahmen abgeleitet werden.
Möglich ist auch, sich über das Umweltmanagementsystem Der Grüne Hahn zertifizieren zu lassen, wie dies zum Beispiel die Katholische Studentengemeinde  Halle tut. Und es gibt viele weitere Möglichkeiten, wie die niedrigschwelligen Projekte „Ökofaire Gemeinde“ oder „Zukunft einkaufen“. Aber nur ökofairen Kaffee zu kaufen, reicht nicht.

Was ist auf Ebene der DBK geplant?

Der Bericht ist ein Anfang, der nächste soll in drei Jahren erstellt werden. Aber es muss ein Monitoring geben, Tabellen, in denen konkrete Werte erfasst werden, und es müssen einzuhaltende Ziele formuliert werden. Wir müssen als Kirche im Klimaschutz vorankommen und auch gesellschaftlich als Vorbild vorangehen.

Interview: Eckhard Pohl

2018 legte die DBK unter dem Titel „Schöpfungsverantwortung als kirchlicher Auftrag“ eine Broschüre mit zehn „Handlungsempfehlungen zu Ökologie und nachhaltiger Entwicklung für die deutschen (Erz-)Diözesen“ vor. Bereits 2015 hat Papst Franziskus seine Enzyklika „Laudato si’. Über die Sorge für das gemeinsame Haus“ veröffentlicht. –  Mehr Infos bei Wendelin Bücking: umwelt@bistum-magdeburg.de