Friedensgebet in Papenburg

"Wir dürfen uns nicht an den Krieg gewöhnen"

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Frieden – danach sehnen wir uns alle. In vielen Kirchengemeinden beten Menschen dafür, vor allem seit dem Krieg in der Ukraine. In Papenburg treffen sich seit fast einem Jahr deswegen Männer und Frauen direkt vor der St.-Antonius-Kirche. An jedem Abend, bei jedem Wetter.


Fürbitten, Impulse, Lieder: In Papenburg beten jeden Abend bei der St.-Antonius-Kirche Menschen für den Frieden. Foto: Petra Diek-Münchow

Kurz vor halb acht abends in Papenburg. Der Wind pfeift Anke Hildebrandt und Andreas Bröcher an diesem Mittwoch kalt um die Ohren. Die Gemeindereferentin aus der Pfarrei St. Michael und der Pastor aus der benachbarten Pfarrei St. Antonius stellen ihre Mantelkragen hoch – und warten  für das Friedensgebet auf Gäste. Die kommen jetzt auf den Platz vor der St.-Antonius-Kirche, sogar mehr als erwartet. Denn nach Ende der Werktagsmesse gesellen sich auch einige Gottesdienstbesucher zu der Gruppe. Über 30 Männer und Frauen sind es, die ab 19.30 Uhr für gute 15 Minuten gemeinsam beten: für den Frieden – in der Ukraine und auf der ganzen Welt.

Und das nicht nur an einem Abend in der Woche, sondern seit Kriegsbeginn vor knapp einem Jahr an jedem Tag. Auch in der Pfarrei St. Michael am anderen Ende der Kanalstadt gibt es ein Friedensgebet an jedem Donnerstagabend. Anfangs machten bis zu 200 Leute bei diesen Treffen mit. Mit der Zeit sind es weniger geworden, aber noch immer stehen zwischen 20 und 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer vor den Kirchen. Viele davon regelmäßig, bei jedem Wetter – und mitunter überrascht beäugt von Passanten oder den Bewohnern eines Hotels nebenan. Auch an diesem Abend schaut die eine oder der andere vom Balkon aus ein wenig neugierig auf die Gruppe, die sich im Kreis um die Laterne vor St. Antonius aufstellt.

Für Pastor Gerrit Weusthof ist dieses öffentliche Statement mitten in der Stadt wichtig. „Man soll uns sehen, denn das Thema Frieden geht jeden etwas an“, sagt er energisch. Daher hatte er schon vor Jahren ein Friedensgebet in Papenburg angestoßen, zunächst einmal in der Woche. Mit Kriegsbeginn in der Ukraine fanden sich schnell Männer und Frauen, die täglich um den Frieden beten wollten. „Am ersten Kriegstag, 24. Februar, waren wir draußen“, sagt Pastor Andreas Bröcher, der mit zu den Initiatoren gehört.

Sehnsucht nach Frieden in einer fragil gewordenen Zeit

Nachgelassen haben die Papenburger nicht – auch wenn alle gehofft hatten, der Krieg möge nicht so lange dauern. Und nachlassen wollen sie nicht. Weusthof ist diese Beharrlichkeit sehr wichtig. „Wir wollen die Menschen zum Nachdenken bringen“, sagt er und sieht die „große Gefahr, dass wir uns sonst an den Krieg gewöhnen. Das dürfen wir nicht“.

Aber kann Beten gegen Krieg und Aggression helfen? Mehrfaches Nicken folgt auf diese Frage. „Ich glaube fest, dass Gott unsere Gebete annimmt und dass Beten Frieden bringt“, sagt Andreas Bröcher. Gerrit Weusthof und Anke Hildebrandt sind gleichfalls überzeugt – sprechen darüber, dass sich durch das Gebet Haltung und Handeln verändern: auch bei uns, in den Familien, in der Gemeinde, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz. „Wir haben nicht immer Frieden miteinander, das muss anfangen“, sagt Weusthof fast beschwörend und hebt die Hand wie zum Fingerzeig. „Frieden fängt bei dir selbst an.“ Hildebrand erkennt bei vielen Menschen eine große „Sehnsucht nach Frieden“ in einer fragil gewordenen Welt.

Deshalb engagieren sich auch Ehrenamtliche für die Friedensgebete in beiden Pfarreien. In St. Michael zum Beispiel der Jugendausschuss und Kolpinger wie Heinz Rolfes. Oft nimmt er an den Treffen teil, bereitet sie mit vor, bringt das Banner der Kolpingsfamilie mit. „Wir wollen Flagge zeigen für den Frieden“, sagt er. 

Das gilt im übertragenen Sinn ebenfalls für Papenburger wie Marilen und Ulrich Nehe, die an diesem Mittwoch das Friedensgebet vor St. Antonius gestalten. „Wir wollen ein Zeichen setzen“, sagen sie. Es gibt viele Freiwillige wie sie. Bis auf einige Elemente wie das „Vaterunser“ kann jeder und jede von ihnen eigene Ideen einbringen. 

Das Ehepaar Nehe hat sich für eine Geschichte zum Thema Vorurteile, einen Text von Martin Luther King und Fürbitten entschieden: für die unschuldigen Opfer und Geflüchteten, für die Verantwortlichen in Europa und den Vereinten Nationen, für alle Menschen, deren Not in Vergessenheit gerät. Gemeinsam singt die Gruppe ein vom Papenburger Organisten Hermann-Josef Hoormann produziertes Lied über die Suche nach Frieden. Und den durch Joan Baez bekannten Song „We shall overcome“ (Wir werden das überwinden). Die Strophen können die meisten Gäste schon auswendig. Sicher auch beim nächsten Mal.

Petra Diek-Münchow