Katholische Frauengemeinschaft im Bistum Magdeburg sieht Kirche am Scheideweg.
„Wir müssen uns ändern“
Die Katholische Frauengemeinschaft (kfd) in Magdeburg hat über Reformbewegungen in der Kirche diskutiert. Ihre Mitglieder und die Diskussionsteilnehmerinnen sehen die Kirche an einem Scheideweg.
Maria Faber (rechts) vom Ordinariat in Magdeburg führte die Teilnehmerinnen durch einen diskussionsreichen Abend. Foto: Oliver Gierens |
Der Synodale Weg, die Frauenbewegung „Maria 2.0“ oder die Initiative „#Outinchurch“, bei der sich insbesondere hauptamtliche Kirchenmitarbeiter als homo- oder transsexuell geoutet haben: In der katholischen Kirche in Deutschland gibt es derzeit zahlreiche Reformbewegungen. Welche Anliegen haben sie und welche Chancen, ihre Ideen umzusetzen? Das wurde bei einer Abendveranstaltung thematisiert, zu der die kfd-Gruppe Magdeburg in der Karwoche ins Pfarrheim der Universitätskirche St. Petri eingeladen hatte. Unter dem Motto „Frauen, ist Euch das genug?“ diskutierten sie mit Maria Faber, Referentin Weltkirche im Ordinariat Magdeburg, über aktuelle Reformbewegungen.
„Schauen Sie eher sorgenvoll oder hoffnungsvoll auf den Synodalen Weg?“ war die erste Frage, die Maria Faber dem fast ausschließlich weiblichen Publikum stellte – nur ein Mann hatte den Weg zu der kfd-Veranstaltung gefunden. Mehrere Frauen äußerten sich besorgt – aber nicht, weil sie die diskutierten Inhalte mit Sorge sehen, beispielsweise die Forderungen nach Aufhebung des Zölibats oder nach einer Änderung der kirchlichen Sexualmoral, sondern weil sie stattdessen befürchten, der Prozess könnte ins Stocken geraten und die Forderungen im Sand verlaufen. „Es ist keine Frage ob wir uns ändern, wir müssen uns ändern“, sagte eine Teilnehmerin und stieß damit auf allgemeine Zustimmung.
Scheitern könnte Ende der Bemühungen bedeuten
Andere Stimmen wurden laut, der Dialog werde nicht genügend auf Augenhöhe geführt und dauere viel zu lange. Man warte auf Ergebnisse und verliere langsam den Mut, wozu auch die Corona-bedingte Zwangspause beigetragen habe. Der einzige Mann brachte es auf den Punkt: „Ich bin sorgenvoll, wenn der Synodale Weg scheitern sollte, denn dann wäre die Enttäuschung sehr groß und es ist erstmal vorbei mit den Reformen.“ Das sehe er auch am Beispiel seiner Tochter, die nach der Firmung den Kontakt zur Kirche abgebrochen habe. Im Gottesdienst sehe sie – so hart das klinge – derzeit „keinen Mehrwert“. Aus den Predigten nehme sie nichts mit. Er wünscht sich daher neue Predigtformen, beispielsweise Dialog- oder Laienpredigten.
Auch die Initiative „#Outinchurch“ bewegt weiterhin die Gemüter. Über 100 Personen, die meist hauptberuflich in der Kirche tätig sind, haben sich im Frühjahr öffentlich geoutet und riskieren deswegen nach dem derzeit gültigen kirchlichen Arbeitsrecht ihre Kündigung. Zwar habe der Personalchef des Bistums Magdeburg klargestellt, dass niemand wegen seiner sexuellen Orientierung gekündigt werde, betonte Faber. Doch sie machte auch klar: „Es ist etwas anderes, wenn ich offen damit leben kann.“ Auch im Publikum stieß die Initiative auf große Zustimmung, insbesondere der Mut der Menschen, sich öffentlich zu bekennen.
Ein weiterer Punkt wurde in der Diskussion an diesem Abend deutlich: Für Reformen müsse sich die Machtverteilung in der Kirche ändern. Dass die Bischöfe stets „das letzte Wort“ hätten, sei nicht mehr tragbar – es brauche Demokratie in der Kirche. So müssten die Gläubigen über die Besetzung der Bischofsstühle mitentscheiden dürfen und das Bischofsamt solle auf Zeit vergeben werden, so eine Forderung aus dem Publikum. Maria Faber verwies darauf, dass einer der Beschlüsse des Synodalen Wegs in diese Richtung gehe, die Gläubigen an der Auswahl der Bischöfe zu beteiligen.
Sie zeigte ebenso an einigen Beispielen, dass nicht nur in Deutschland Reformbewegungen existierten, auch hätten beispielsweise die Amazonassynode im Oktober 2019, bei der sich Bischöfe und Ordensleute aus der südamerikanischen Amazonasregion in Rom getroffen haben, oder Initiativen wie „Voices of faith“ („Stimmen des Glaubens“) sowie die Schweizer Initiative „Für eine Kirche mit* den Frauen“ ähnliche Reformanliegen wie der Synodale Weg.
Erfolg oder Scheitern dieser Initiativen werden die Kirche in Zukunft nachhaltig prägen, darüber bestand große Einmütigkeit. „Das sind die entscheidenden zwei Jahre – wir müssen den Druck hochhalten“, unterstrich Faber. Eine Teilnehmerin machte ihre Sorgen deutlich: „Was passiert, wenn für die Reformvorschläge des Synodalen Wegs am Ende nicht die nötige Zweidrittelmehrheit zustande kommt? Ich weiß nicht, ob ich dann weiter zur Kirche gehe.“
Von Oliver Gierens