Würdevoller Besuch

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Holzskulpturen von Ralf Knoblauch präsentiert auf dem Taufbecken im St. Marien-Dom.
Nachweis

Foto: Matthias Schatz

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Ihre Augen scheinen geschlossen, ihre Münder zeigen ein Lächeln: Eine regelrechte Königsfamilie präsentiert sich auf dem Taufbecken an zentraler Stelle im St. Marien-Dom. Die Figuren wirken in sich gekehrt und trotz der groben Schnitzerei sanft, fordern gerade dazu auf, sie zu berühren. Und das ist auch erlaubt.

Für rund drei Wochen werden Könige den St. Marien-Dom bevölkern. Die kleinen Holzfiguren hat Ralf Knoblauch geschaffen. Sie regen zu Gedanken
über das Thema Menschenwürde an. Denn jeder ist gewissermaßen ein König.

Der St. Marien-Dom bekommt königlichen Besuch. 15 gekrönte Häupter werden am Samstag, 12. August in der Kathedrale des Bistums Einzug halten und dort bis zum 3. September bleiben. Sofern sie nicht jemand – mit Genehmigung – zwischenzeitlich bei sich zu Hause oder in einer Firma oder einer anderen Organisation für einen Tag unterbringt. Denn es handelt sich dabei um Holzskulpturen von Ralf Knoblauch. 

Bei der Schau geht es um die Würde des Menschen, wie Astrid Sievers, Trauerbegleiterin und Beauftragte für Bestattungen am Kolumbarium im St. Marien-Dom darlegt. Sie hat zusammen mit Daniel Deman, der als Pastoralreferent in der Pfarrei St. Ansgar Hamburg-City für Offene Kirche und Jugendpastoral zuständig ist, die Schau organisert. „Jeder Mensch hat eine Würde, eine Königswürde, die er in sich trägt“, formuliert Sievers den Gedankenanstoß, den Knoblauch mit den Figuren geben will. 

Sie tragen übrigens nicht alle eine goldene Krone auf dem Kopf, einige haben sie hinter sich oder neben sich liegen. „Aber sie erscheinen alle auf Augenhöhe mit dem Betrachter“, hebt Sievers auch dieses Zeichen für die gleiche Würde aller hervor. Etwas grobschlächtig aus Holz geschnitzt, lächeln sie die Besucher beispielsweise an den Beichtstühlen, in den Bänken oder im Statiogang an. Und auch auf dem Taufbecken. Dazu passend tragen sie in der Regel ein weißes Hemd. „Wir geben in der Schau keine weiteren Informationen auf Tafeln zu den Figuren. Die sollen für sich selber sprechen“, erklärt Daniel Deman. Nur soviel: Man darf die Könige auch berühren.

Sievers hat die Könige vor vielen Jahren in Bonn entdeckt, wo Knoblauch seit 2007 als Diakon in sozialen Brennpunkten tätig ist. Zuvor hatte er das Tischlerhandwerk gelernt, dann Theologie studiert und als Pastoralreferent gearbeitet. 2012 hatte er auf einer kroatischen Insel ein Stück Treibholz entdeckt, in dessen Formen er einen König sah. Dieses Bildnis arbeitete er dann aus dem Eichenstamm aus. Seither sind Hunderte Figuren entstanden, darunter auch einige Königinnen. 

Veranstaltungen parallel zur Schau

Knoblauch versteht sich dabei nicht als Künstler. Das Schnitzen ist vielmehr seine morgentliche Meditation. Die Figuren werden auch nicht im üblichen Sinne verkauft, vielmehr werden sie gegen eine Spende abgegeben. Oft stehen sie in Hospizen, Krankenhäusern oder Kindergärten. Auch in einem syrischen Flüchtlingslager mahnt eine Figur an die Menschenwürde. 

Für das Kolumbarium im St. Marien-Dom hat Astrid Sievers bereits vor einigen Jahren einen König erstanden. „Der steht bei jeder Trauerfeier neben der Urne und zeigt an: Hier ist ein König gestorben.“ Er bekommt nun gewissermaßen Besuch. 

Parallel zur Ausstellung finden mehrere Veranstaltungen im St. Marien-Dom statt. So führt Astrid Sievers am Dienstag, 15. August um 19.15 Uhr unter dem Titel „Eingehüllt in den Goldglanz des Himmels“ durch das Kolumbarium. Am Mittwoch, 23. August beginnt ein Segensabend mit Sievers und Jens Ehebrecht-Zumsande unter dem Motto „Mit Hut, Charme und Krone“ im Hutladen Chapeau an der Langen Reihe 94. Anschließend gibt es einen Impuls im St. Marien-Dom und ein kühles Getränk im Statio-Gang. Am Freitag, 25. August wird um 19 Uhr die „Königin der Instrumente“ vorgestellt bei einer Orgelführung mit Dommusikdirektor Christian Weiherer. Am Samstag, 26. August um 15 gibt es eine musikalische Lesung für die ganze Familie aus „Der kleine Prinz“ von Antoine de Saint-Exupéry, die Véronique Elling und Henrik Giese gestalten. Am Dienstag, 29. August findet unter der Überschrift „Königskinder“ um 19.30 Uhr ein Abend mit Bibel und Märchen statt, durch den Heinrich Dickerhoff führt.
 

Einzelpersonen, Familien, Einrichtungen und Teams sind eingeladen, einen König bei sich zu Haus, am Arbeitsplatz oder in einer Einrichtung zu beherbergen. Durch die Beherbergung kann ein Impuls aufgenommen werden, um über die Menschenwürde nachzudenken und ins Gespräch zu kommen. Anmeldung dafür per E-Mail an a.sievers@sankt-ansgar.de oder unter Telefon 0173/2846866.

Matthias Schatz