Kirchenstatistik für das Jahr 2019
Zahl der Kirchenaustritte stark gestiegen
2019 wurde ein neuer Höchstwert erreicht: Gut 272.000 Menschen haben die katholische Kirche verlassen. Bischof Georg Bätzing will daran nichts schönreden.
2019 wurde ein neuer Höchstwert erreicht: Gut 272.000 Menschen haben die katholische Kirche verlassen. Bischof Bätzing will daran nichts schönreden.Die Zahl der Austritte aus der katholischen Kirche in Deutschland ist sprunghaft angestiegen und hat 2019 einen neuen Höchstwert erreicht. 272.771 Menschen haben im vergangenen Jahr die Kirche verlassen, wie die Deutsche Bischofskonferenz mitteilte. Das entspricht einem Anstieg von 26,2 Prozent; 2018 waren es 216.078.
Die bisherige Höchstzahl lag 2014 bei mehr als 217.000; damals hatten Missbrauchsskandal, Finanzaffäre um das Limburger Bischofshaus und Änderungen beim Kirchensteuereinzug zu den hohen Werten geführt.
Insgesamt gehörten 2019 noch 22,6 Millionen Menschen der katholischen Kirche in Deutschland. Damit machen Katholiken 27,2 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. 2018 waren es noch 23 Millionen oder 27,7 Prozent.
Der Rückgang hat damit auch demografische Gründe: Die Zahl der kirchlichen Bestattungen lag mit 233.937 deutlich über der Zahl der Taufen mit 159.043. Auch ging die Zahl der Eintritte und Wiederaufnahmen zurück: So lag die Zahl der Eintritte bei 2.330 (2018: 2.442), die Zahl der Wiederaufnahmen bei 5.339 (2018: 6.303).
Zurückgehende Zahlen verzeichnen die 27 Bistümer auch beim Gottesdienstbesuch und beim Sakramentenempfang: Den Sonntagsgottesdienst besuchten noch 9,1 Prozent der Katholiken (2018: 9,3 Prozent). Auch die Zahl der kirchlichen Trauungen ging von 42.800 auf 38.537 zurück, die Zahl der Erstkommunionen von 171.300 auf 166.481. Die Zahl der Pfarreien hat sich auf 9.936 (2018: 10.045) verringert. Insgesamt gab es 12.983 Priester (2018: 13.285), davon waren 6.460 Pfarrseelsorger (2018: 6.672).
Keine Statistik zu den Motiven der Kirchenaustritte
Über die möglichen Motive zur stark gestiegenen Zahl der Kirchenaustritte gibt es keine konkreten statistischen Erkenntnisse. Es liegt aber nahe, dass der Missbrauchsskandal eine zentrale Ursache sein könnte. Im September 2018 hatten die Bischöfe die MHG-Studie veröffentlicht, in der das Ausmaß sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche in Deutschland in den Jahren 1946 bis 2014 untersucht wurde. Darin fanden sich Hinweise auf bundesweit 3.677 Betroffene sexueller Übergriffe und auf rund 1.670 beschuldigte Priester, Diakone und Ordensleute.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, zeigte sich besorgt über die Entwicklung: "An den heute vorgelegten statistischen Zahlen 2019 gibt es nichts schönzureden", erklärte er. "Die Kirchenaustrittszahl zeigt, dass die Entfremdung zwischen Kirchenmitgliedern und einem Glaubensleben in der kirchlichen Gemeinschaft noch stärker geworden ist."
Auch die rückläufigen Werte beim Empfang der Sakramente zeigten eine "Erosion persönlicher Kirchenbindung". Offenbar lasse sich eine Vielzahl von Menschen nicht mehr für das kirchliche Leben motivieren. Die Kirche müsse sich fragen, ob sie noch die richtige Sprache spreche, um heutige Menschen zu erreichen. Auch müsse sie nach einem erheblichen Verlust von Glaubwürdigkeit durch Transparenz und Ehrlichkeit Vertrauen zurückgewinnen. "Es geht hier nicht darum, einem Zeitgeist hinterherzulaufen, sondern um die ehrliche Frage, ob wir die 'Zeichen der Zeit', wie es das Zweite Vatikanische Konzil sagt, erkennen und im Licht des Evangeliums deuten", sagte der Limburger Bischof. Er unterstrich, dass die aktuellen Zahlen in die Diskussionen des Reformprozesses des Synodalen Wegs eingebracht würden.
kna