Die "Fragen der Menschen" zum Thema Fastenzeit
Zeit für Augen-Fasten

„Die Fragen der Menschen“: Dieses Mal zum Thema Fastenzeit. Wie kann ich diese Zeit spirituell erleben? Hat Fasten nur mit Verzicht zu tun? Antworten von Pastoralreferentin Dr. Monika Müller, Hochschulseelsorgerin und Geistliche Mentorin an der Katholischen Hochschulgemeinde in Mainz.

Der Limburger Bischof Georg Bätzing rät dazu, nicht den Jahresbeginn als Ort für gute Vorsätze zu wählen, sondern die Fastenzeit. Kann die Fastenzeit für einen Neuanfang genutzt werden?
Die Fastenzeit als geprägte Zeit setzt in der Liturgie von sich aus einen Neuanfang in den Farben, den biblischen Texten und Riten. Diese kann jeder für sich im persönlichen geistlichen Leben weiterführen und gestalten.
Ein spirituell gefüllter Stichtag mag für so einen Weg ein klareres Zeichen sein als ein „weltliches“ Datum.
Bietet sich die Fastenzeit eher zur Besinnung an als die trubelige Adventszeit?
Ein Vorteil ist sicherlich, dass die Fastenzeit länger und nicht mit so vielen Terminen wie der Advent besetzt ist. Sie ist weniger mit gesellschaftlichen und familiären Erwartungen aufgeladen, dadurch ist mehr Raum für individuelle Gestaltung.
Jeder kann sich auf die Suche machen, wie und in welchem Kontext, mit welcher Gemeinschaft er oder sie sich neu auf Ostern hin ausrichten möchte.
Hat Fasten nur mit Verzicht zu tun?

Foto: privat
Eine Stelle aus dem Markusevangelium (Kapitel 1, Vers 15) ist meine Überschrift über die Fastenzeit: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium.“ Jetzt ist der Zeitpunkt, sein Leben in den Blick zu nehmen und zwar unter der Zusage des Heils und gestärkt durch die frohe Botschaft. Das kann heißen, mich zu fokussieren, auf banale und ablenkende Dinge in meinem Leben zu verzichten. Von einem anderen Blickwinkel her kann das bedeuten, mein Leben zu weiten, weil das Reich Gottes Freiheit schenkt. Diese Weite mag sich dann in einem Mehr an sozialem Engagement, Bibelbetrachtung, persönlichem Gebet oder ähnlichem ausdrücken und nicht durch den Verzicht auf etwas.
Welche spirituellen Formen gibt es für die Fastenzeit?
Traditionell kennen wir verschiedene Varianten des Fastens (Essen, als neuere Möglichkeit das Autofasten), die über den reinen Fastakt noch geistlich vertieft werden sollten. Als Gottesdienste werden Versöhnungsgottesdienste und Kreuzwegandachten angeboten, die den Umkehrgedanken und die Erinnerung des Leidens Christi im Blick haben. Einkehrtage finden sich in vielen Klöstern oder anderen Orten.
Für Menschen, die ihren Alltag mit geistlichem Input verbinden möchten, bieten sich Exerzitien im Alltag an. Man ist mit einer Gruppe gemeinsam unterwegs und bekommt für das eigene Gebetsleben tägliche Impulse.
Warum werden in der Fastenzeit die Kreuze in den Kirchen verhüllt?
Der Brauch macht deutlich, dass Kreuze zum einen Erinnerungen an das Leiden und Sterben Jesu Christi sind, anderseits aber auch je nach Kunststil Triumphkreuze sein können. Sie zeigen den erhöhten Christus, der den Tod besiegt hat. Dieser triumphale Aspekt soll in Kreuzen und Bildern in der Kirche während der Fastenzeit fehlen. Sie werden deshalb verhüllt, damit die Ausrichtung auf das Leiden stärker in den Fokus kommt. Es findet also ein „Augen-Fasten“ statt, das auf einen zentralen theologischen und geistlichen Schwerpunkt hinführt.
Wie kann ich die Karwoche zu Hause und in der Familie besonders gestalten?
Mit Kindern gibt es die Möglichkeit, einen Jahreszeitentisch zu gestalten, der durch verschiedene Farben, Symbole oder Figuren das Geschehen der Tage abbildet. Für Kinder passende Lieder können gesungen, Bilder aus der Natur zu Tod und Auferstehung (zum Beispiel Schmetterling oder Ei) entdeckt und besprochen und die entsprechenden Passagen aus der Kinderbibel vorgelesen werden. Spaziergänge mit Blick auf die Natur machen wach für den Neuanfang, den Gott jedes Jahr im Frühling an Ostern schenkt.
Als Erwachsener kann ich in den Kartagen die Trauermetten, das sind besondere Lesehoren, in denen die Klagelieder des Jeremia gelesen werden, beten. Bewusst gesetzte Zeiten der Stille geben der Woche auch einen eigenen Charakter.
Fragen zusammengestellt von: Sarah Seifen
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