Reaktion der Thuiner Franziskanerinnen zur Krankenhaus-Schließung
Zwischen Schock und Zuversicht
Foto: Sebastian Hamel
Bis 2017 lag das Krankenhaus in alleiniger Trägerschaft des Ordens, ehe 2018 die Aufnahme in den Verbund der Niels-Stensen-Kliniken erfolgte. Was die aktuelle Entwicklung für die Kongregation bedeutet, berichtet die Generaloberin im Gespräch mit dem Kirchenboten.
„Für die Schwestern und mich war es ein Schock, der auch eine gewisse Lähmung mit sich brachte – und einer Vielzahl an Klinik-Mitarbeitern ging es ähnlich“, beschreibt Schwester Maria Cordis unumwunden den Moment, als am 21. November das Ende des Krankenhausbetriebes zum 28. Februar 2025 bekanntgegeben wurde. Gleichzeitig betont sie, dass es nicht hilfreich sei, nun den Emotionen zu verfallen. Vielmehr gelte es, mit der gebotenen Nüchternheit nach vorn zu blicken. Oft müsse sie in diesen Tagen an das Sprichwort denken: „Wo sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere.“
Ein Blick in die Geschichte verdeutlicht, warum den Thuiner Franziskanerinnen – offiziell „Kongregation der Franziskanerinnen vom hl. Martyrer Georg zu Thuine“ – das 1912 gegründete Krankenhaus so sehr am Herzen liegt: „Als der damalige Pfarrer im Jahr 1857 die ersten Schwestern nach Thuine rief, war es sein Wunsch, dass diese sich um Kranke sowie um Kinder und Jugendliche kümmern“, erklärt Schwester Maria Cordis. „Damals herrschte eine Typhus-Epidemie: Die Schwestern suchten die Höfe zu Fuß auf und holten die Kranken in ihr eigenes Haus. Diese alte Krankenstation auf dem Klostergelände, die für acht bis zehn Patienten ausgelegt war, bestand also schon viele Jahre vor der Gründung des Elisabeth-Krankenhauses.“
Sich anstelle Jesu um die Kranken zu kümmern, sei für die Thuiner Franziskanerinnen allerdings von vornherein kein äußerer Auftrag gewesen, sondern eine intrinsische Motivation, der Vollzug eines inneren Anliegens: „Es gehört einfach zu uns“, bringt Schwester Maria Cordis es auf den Punkt. Bis heute besteht am Krankenhaus ein Konvent aus zuletzt neun Schwestern, die – beispielsweise als stellvertretende Pflegedienstleitung – in den operativen Betrieb der Klinik eingebunden sind. Und dieses Herzblut sei übergesprungen: Sowohl Ärzte und Pflegekräfte als auch die Bürgerinnen und Bürger hätten sich stets in besonderer Weise mit dem Elisabeth-Krankenhaus identifiziert, unterstreicht die Generaloberin.
Seit jeher galt es für die Franziskanerinnen aber auch, die weltlichen Herausforderungen eines Klinikbetriebes zu meistern, von wirtschaftlichen Aspekten bis zur Fachkräfte-Akquise. Diese nahmen mit der Zeit jedoch Dimensionen an, die die Möglichkeiten des Ordens als alleiniger Träger überstiegen. 2018 gingen deshalb das Elisabeth-Krankenhaus ebenso wie zwei weitere Thuiner Einrichtungen – das Hospiz St. Veronika und die Fachpflegeeinrichtung St. Katharina (beide sind von der Schließung vorerst nicht betroffen) – in den Verbund der Niels-Stensen-Kliniken über. „Ich hatte 2018 keinerlei Zweifel, dass das Krankenhaus langfristig Bestand haben würde“, erinnert sich Schwester Maria Cordis.
Wir bleiben der Sorge um die Kranken verpflichtet, das hört mit dem Elisabeth-Krankenhaus nicht auf.
Und die Franziskanerinnen blieben auch danach „an Bord“: Der St. Georgstift e.V. aus Thuine ist nicht nur mit 49 Prozent Minderheitsgesellschafter des Elisabeth-Krankenhauses, sondern ohnehin auch mit 41 Prozent als einer der Hauptgesellschafter an der Niels-Stensen-Kliniken GmbH beteiligt. Weitere Gesellschafter des Verbunds sind mit ebenfalls 41 Prozent der Bischöfliche Stuhl zu Osnabrück sowie die katholischen Kirchengemeinden St. Matthäus Melle und St. Nikolaus Ankum mit 11 beziehungsweise 7 Prozent. Anfang 2022 hatte der St. Georgstift e.V. erwogen, zur Stabilisierung der eigenen wirtschaftlichen Lage seine Anteile zu veräußern, und stieß ein sogenanntes Markterkundungsverfahren an. „Als dann im Herbst 2023 – im Wesentlichen aufgrund von politisch anderen Weichenstellungen – der ganze Verbund in eine wirtschaftliche Schieflage geraten war, ist es zu einer Veräußerung der Anteile nicht mehr gekommen. Das heißt also für uns, wir haben kein Geld dafür bekommen“, berichtet Schwester Maria Cordis.
Als Gesellschafter habe man daher auch das sogenannte Schutzschirmverfahren mitgetragen, das im Sommer 2024 zur Rettung des Elisabeth-Krankenhauses eröffnet worden war. Dieses sah im Wesentlichen vor, ein zukunftsfähiges Konzept mit Geriatrie und Orthopäde als Schwerpunkte des Klinikbetriebes zu installieren. Nachdem der niedersächsische Krankenhausplanungsausschuss das Konzept jedoch abgelehnt hatte und potenzielle Investoren abgesprungen waren, wurde am 21. November die Schließung des Elisabeth-Krankenhauses verkündet.
Was Schwester Maria Cordis angesichts der allgemeinen Entwicklung besondere Sorge bereitet, ist die Verdrängung des christlichen Auftrags durch finanzielle Angelegenheiten: „Klar, wir brauchen das Geld“, sagt sie. „Für Christen sollte es aber eine dienende Funktion haben, damit der Auftrag leuchten kann – und der christliche Auftrag ist wichtiger denn je.“ Dass die mentale Prägung derart von Finanzen bestimmt ist, sei die eigentliche Hauptkrise.
Ein besonderes Anliegen ist es der Generaloberin aber auch, großen Dank auszusprechen: allen Klinik-Beschäftigten, allen Bürgerinnen und Bürgern, der Thuiner Kirchengemeinde und überhaupt allen Wegbegleitern für die mehr als 100-jährige Solidarität mit dem Krankenhaus, für das gegenseitige Interesse, für die umfassende Unterstützung und für die geteilte Verantwortung für kranke Menschen. Mit Blick auf die Franziskanerinnen sagt Schwester Maria Cordis abschließend: „Wir bleiben der Sorge um die Kranken von unserem Ursprung her verpflichtet, das hört mit dem Elisabeth-Krankenhaus nicht auf. Auch wenn sich die Form ändern mag: Es geht weiter.“
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