Haus am Maiberg schließt zum Jahresende

„Die Gäste kamen zu Freunden“

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Zum Jahresende schließt das „Haus am Maiberg“ in Heppenheim seine Pforten. Für immer. 2020 hatte das Bistum Mainz angekündigt, die kirchliche Akademie für politische Bildung und das Tagungshaus aus finanziellen Gründen aufzugeben. Von Anja Weiffen



Zur übergangsweisen Nutzung des „Hauses am Maiberg“ laufen zurzeit Verhandlungen. Ein Bildungsanbieter vor Ort beabsichtigt, die Gebäude ab Anfang 2023 zu mieten, teilt Bildungsdezernent Gereon Geissler mit.


Bisher ist nur eines sicher: Eine Ära im Bildungswesen des Bistums Mainz endet am 31. Dezember. Dann schließt das „Haus am Maiberg“ in Heppenheim. Die Bergsträßer Einrichtung, 1955 in der Erwachsenenbildung gestartet (siehe „Chronik“), hat sich seit 1998 zu einer Akademie für politische Bildung vor allem auf Basis der Katholischen Soziallehre und der Christlichen Sozialethik entwickelt.

„Wollen auch hessische Seite berücksichtigen“

Den sozialpolitischen und -ethischen Zweig der Bildungsarbeit will das Bistum weiterführen, viele Details sind aber noch unklar. Die Aufgaben der Einrichtung sollen in die Arbeit der „Bistumsakademie Erbacher Hof“ eingegliedert werden, dezentral in den Räumen des „Katholischen Bildungszentrums nr30“ in Darmstadt. „Als Zeichen, dass wir uns nicht nur auf Mainz konzentrieren wollen, sondern auch die hessische Seite berücksichtigen“, sagt Gereon Geissler, Bildungsdezernent des Bistums. Die neue Stelle in Darmstadt werde besetzt, sobald ein neuer Leiter für die „Bistumsakademie Erbacher Hof“ gefunden worden ist. Zusätzlich zum Standort Darmstadt soll es projektbezogene Veranstaltungsformen an regionalen Zentren geben, erläutert Geissler.
Hintergrund der Schließung der Bergsträßer Akademie sind die umfangreichen Sparmaßnahmen des Bistums. Im Herbst 2020 hatte die Bistumsleitung ein großes Sparpaket verkündet. Vor allem die Abgabe von Trägerschaften fünf katholischer Schulen schlug hohe Wellen. Darüber hinaus sollten drei Tagungshäuser aufgegeben werden. Das Haus St. Gottfried in Ilbenstadt wurde bereits Ende 2020 geschlossen, das Kardinal-Volk-Haus auf dem Rochusberg bei Bingen wird Ende dieses Jahres aufgelöst.
Im „Haus am Maiberg“ war die Stimmung in den vergangenen Wochen und Monaten von Unsicherheit geprägt. Die Belegschaft wurde vor zwei Jahren von den Schließungsplänen überrascht, wie Mitarbeitende berichten. Zwar sei danach vom Bistum die Zusage gekommen, dass für alle dort Tätigen eine Lösung gefunden werden soll, wie die stellvertretende Tagungshausleiterin Sigrid Kottmann-Lennert auf Anfrage mitteilt. Dennoch musste die Belegschaft bis August dieses Jahres warten, bis ein Sozialplan unterschrieben wurde.
14 Mitarbeitende sind aktuell von der Schließung betroffen, zurzeit laufen Mitarbeitergespräche. Sigrid Kottmann-Lennert, seit 23 Jahren im „Haus am Maiberg“ tätig, bedauert nicht nur die Schließung, sondern auch den Verlauf der Abwicklung. „Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind diesem Haus sehr verbunden und haben ihr ganzes Herzblut in die Einrichtung gesteckt“, weiß sie. Auf die langjährigen Mitarbeitenden verweist auch Tagungshausleiter Aleksandar Trobonjaca, der auch stellvertrender Vorsitzender der Mitarbeitervertretung im „Haus am Maiberg“ ist. „Die dienstälteste Mitarbeiterin ist seit 1991 hier.“ Auch wenn er die finanzielle Situation des Bistums nachvollziehen kann, findet er es unglücklich, dass nicht viel früher eine adäquate Personalplanung möglich gewesen sei.
Dr. Elisabeth Eicher, stellvertretende Dezernentin des Dezernats Bildung im Ordinariat, sagt dazu, dass sie den Eindruck habe, dass die Gespräche gut verlaufen. „Die meisten sind Tagungshauskräfte. Durch den Fachkräftemangel gibt es gute Chancen, dass für die, die wollen, eine Anschlussbeschäftigung in Caritaseinrichtungen gefunden wird. Wir stehen dazu mit der Caritas in Darmstadt, in Mannheim und in Worms in gutem Kontakt“, sagt Eicher.

„Die Bettenkapazität ist nun stark geschrumpft“

„Veränderungen bei Tagungshäusern sind nicht nur ein Trend im Bistum Mainz“, weiß Aleksandar Trobonjaca. „Andere Bistümer haben dieses Feld schon früher umstrukturiert.“ Er merkt an, dass die bisherigen Gäste des „Hauses am Maiberg“ wie etwa Gruppen aus Kirchengemeinden durch den Wegfall von Tagungshäusern wohl vermehrt auf Hotels und Pensionen werden zurückgreifen müssen. „Die immer wiederkehrenden Gäste haben sich bei uns wohlgefühlt, sie wussten, was sie erwartet, sie kamen zu Freunden. Die Bettenkapazität im Bistum ist nun stark geschrumpft. Aber auch in der Landschaft der politischen Bildung wird der Wegfall des Hauses am Maiberg ein Loch reißen“, ist Aleksandar Trobonjaca überzeugt.

Von Anja Weiffen

Chronik:

  • Am 30. September 1955 eröffnete Bischof Albert Stohr das „Haus am Maiberg“ als „Erwachsenenbildungsheim der Diözese Mainz“
  • Am 26. Februar 1956 berichtete „Glaube und Leben“, dass bereits 240 Teilnehmer an „staatsbürgerlichen und sozialen Schulungen“ im „Haus am Maiberg“ teilgenommen haben.
  • 1969: Das Haus wurde mit Bettenhaus, Vortrags- und Speisesaal, Küche, Bibliothek und Kapelle erweitert. Die Marienkapelle „Regina pacis“ ist der Friedenskönigin geweiht.
  • 1996 bis 1998: Sanierung und Modernisierung des Hauses
  • Seit 1998 hat sich das „Haus am Maiberg“ zu einer national und international anerkannten Akademie für Politische Bildung entwickelt und arbeitet mit mehreren hundert Partnern aus Wissenschaft, Bildungsarbeit, Zivilgesellschaft und Kirchen zusammen. Das „Haus am Maiberg“ ist bis dato in der Jugend- und Erwachsenenbildung aktiv. (red)