In Hagen a.T.W. stehen beim Krippenspiel Kinder, Eltern und Großeltern auf der Bühne
Entschleunigung im Weihnachtstrubel
Foto: Rupert Wöhrmann
„Das ist irre, was da passiert“, schwärmt Markus Müller, Mitglied des Organisations-Teams und Autor der Stücke, für die er jedes Jahr neue Ideen entwickelt. Schmunzelnd erzählt er: „Natürlich geht es immer um das Entscheidende, die Geburt Jesu. Aber wir erzählen sie aus verschiedenen Blickwinkeln – mal aus der Sicht eines Engels, des Esels, eines Soldaten oder eines Touristenführers. Auch passende Lieder sucht er aus, die verschiedene Stimmungen erzeugen: von rührselig bis rockig war schon alles dabei. Mithilfe von Küster Josef Berger wurden die Lieder in den vergangenen Jahren einfühlsam und engagiert musikalisch begleitet.
Seit acht Jahren beteiligen sich jedes Jahr über 100 Personen an diesem Krippenspiel. Und auch jetzt laufen die Proben und die Vorbereitungen wieder auf Hochtouren. Nach vier Treffen muss alles sitzen, um den Terminkalender nicht unnötig zu strapazieren. Bei der ersten Aufführung war Markus Müller noch als Zuschauer dabei. Der Funke sprang über, spontan meldete er sich mit seiner damals vierjährigen Tochter zum Mitspielen an. Zunächst sang er im Chor mit, später übernahm er kleinere und später auch größere Rollen.
So wie ihm geht es vielen, die seit Jahren dabei sind: Eltern und Kinder, Großeltern und Enkel, Jugendliche und Erwachsene. Die generationsübergreifende Gemeinschaft begeistert. Denn nicht nur Kinder stehen in Hagen auf der Bühne, auch Jugendliche und Erwachsene sind sich nicht zu schade, eine Rolle zu übernehmen. „Der kleinste Teilnehmer ist drei Jahre alt, der älteste über 70. So entsteht wirklich ein Mehrgenerationen-Event“, sagt Müller.
Trotz der Proben, der ganzen Organisation, der vielen Menschen und Dinge, an die man denken muss, ist für Markus Müller der Advent eine Zeit der Entschleunigung, das Krippenspiel absolut kein Stressfaktor. „Das macht mir so viel Spaß und gibt mir so viel zurück“, sagt der 42-Jährige. Klar sei er „platt“ nach vier Stunden Probe, meint er – „aber ich gehe immer beseelt nach Hause“. Genau das melden auch andere Beteiligte zurück: Keiner möchte mehr auf die Teilnahme verzichten. Einige sprechen sogar von Entschleunigung im Weihnachtstrubel, die man bei den Proben finden kann. Markus Müller betont: „Es ist ein tolles Projekt, das zeigt, dass man in Hagen Kirche mitgestalten kann, soll und auch darf. Denn es ist allen Beteiligten ganz klar, es wird hier nicht Theater gespielt, sondern ein Gottesdienst gestaltet und somit der Fokus auf das Wesentliche am Weihnachten gelenkt: die Feier der Geburt Jesu.“ Und manch einer hat über die Teilnahme am Krippenspiel auch den Weg in die Gemeinde gefunden.
Markus Müller erzählt begeistert: „Das ist irre, was da passiert. Das Gemeinschaftsgefühl kann man mit Worten gar nicht ausdrücken“. Er versucht es mit Beispielen: „In einem Jahr fiel plötzlich die Übertragungsanlage aus - ein Vater besorgte schnell Sendermikrofone, einmal fehlte ein Engelkostüm – eine Mutter schneiderte eines, letztes Jahr benötigten wir ein großes Ortsschild für Bethlehem – ein Vater baute eines. Oder einmal brauchten wir einen großen Stern – in der nächsten Woche hatten wir einen Stern, so groß wie eine Tischplatte.“ Müller: „Jeder denkt mit, jeder ist dabei.“ Und diese Stimmung übertrage sich auch auf das Publikum: „Wir haben zwei Aufführungen und jedes Mal über 1000 Menschen in der Kirche“, sagt er nicht ohne Stolz. „Das bewegt mittlerweile den ganzen Ort.“
Mit der Aufführung an Heilig Abend endet für alle Teilnehmer eine „wahnsinnig intensive Zeit“. Aber spätestens im Sommerurlaub beschäftigt sich Markus Müller schon wieder mit dem nächsten Krippenspiel – und beginnt, Ideen für ein Thema zu sammeln und sie aufzuschreiben.
Die diesjährigen Aufführungen sind am 23. Dezember um 16 Uhr und am 24. Dezember um 15 Uhr jeweils in der St.-Martinus-Kirche in Hagen.
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