Paul Kinzel versieht seit mehr als 60 Jahren seinen Dienst
Küster mit Herz und Seele
Die Stunden zählt Paul Kinzel schon lange nicht mehr. Fast jeden Tag ist der 72-Jährige in der Herz-Jesu-Kirche in Bremerhaven-Lehe, schaut nach dem Rechten, bereitet Gottesdienste vor und hängt Plakate auf. Seit mehr als sechzig Jahren versieht er seinen Dienst. Begonnen hat alles in seiner Messdienerzeit.
Die Herz-Jesu-Kirche in Bremerhaven-Lehe kennt wohl kaum jemand so gut wie Paul Kinzel. Er kennt die kleinen Spielereien am Taufbrunnen der Kirche, eine Brunnenfunktion, ebenso wie die technischen Feinheiten des Sicherungskastens. 60 bis 80 Stunden im Monat, so schätzt der 72-Jährige, ist er wenigstens durch seinen Küsterdienst in der Kirche, vereinbart sind gegen Aufwandsentschädigung eigentlich gut 36 Stunden. Aber Paul Kinzel will sich nicht beschweren. „Es macht mir vor allem große Freude – es ist ein schönes Amt“, sagt er. 1958 übernahm der damals gerade 11-Jährige das erste Mal vertretungsweise den Küsterdienst. Von da an ist der Bremerhavener dabei geblieben. Nach seiner Pensionierung – Kinzel war Beamter bei der Bahn – übernahm er im Jahr 2000 das Küsteramt schließlich ganz. Und das mit Herz und Seele, erst gerade ist er von einer Versammlung der Diözesangemeinschaft Katholischer Küster zurückgekommen. „Damals habe ich gesagt für fünf Jahre, daraus sind nun auch schon wieder zwanzig geworden“, sagt er und lacht.
Für einen Küster gibt es immer etwas zu tun
Zu tun gibt es für Küster in einer großen Kirche reichlich. Dabei geht es nicht nur um das Aufschließen der Kirche eine gute Stunde vor Gottesdienstbeginn oder das Anstecken der Kerzen, sondern es steckt auch viel Logistik dahinter. Paul Kinzel kümmert sich darum, dass Hostien, Wein und Kerzen bestellt werden, er sorgt dafür, dass die Mikrofone funktionieren, legt Gewänder und Bücher raus, hängt Plakate auf und ab, tauscht Opferkerzen aus und legt nach, sorgt für saubere Tischwäsche. „Nach und nach sind immer mehr Aufgaben dazu gekommen, aber ich mache es ja gerne“, sagt er. Dass in all den Jahren mal etwas Größeres schief gegangen oder eine Panne passiert ist, daran kann sich Paul Kinzel nicht erinnern – sein Dienst läuft in der Regel wie ein gut eingestelltes Uhrwerk. Allenfalls sei mal ein Mikrofon nicht angeschaltet gewesen. Und manchmal, wenn Paul Kinzel die Kirchenglocken vor Beginn einer Messe nicht exakt zwölf Minuten vor Gottesdienstbeginn läutet, wird er von den Menschen, die in der näheren Umgebung wohnen, darauf angesprochen. „Sie richten sich danach“, sagt er und schmunzelt.
Den Küsterblick hat Paul Kinzel auch im Urlaub
Auch der Blumenschmuck steht auf der To-Do-Liste des 72-Jährigen. Montags bringt er die Gesteckschale für den Hauptaltar zum Gärtner, freitags holt er sie wieder ab. Den Nebenaltar bestückt Kinzel selbst. Meist mit Topfpflanzen, aber es sind auch mal Tulpen oder andere Schnittblumen dabei. Gerade im Sommer bieten immer wieder auch Gemeindemitglieder Blumen aus dem eigenen Garten an. Besonders rund um die großen kirchlichen Festtage ist für Küster viel zu tun. In der Osterzeit fällt besonders viel zusätzliches an – Buchsbaum für Palmsonntag schneiden, Osterfeuer organisieren, den Sakramentsaltar vorbereiten und vieles mehr.
Eine Tätigkeit mag der 72-Jährige im Advent besonders gerne: Wenn die große Krippe der Herz-Jesu-Gemeinde vor Weihnachten aufgestellt wird. Mit ihren gut einem Meter hohen Figuren ist sie ein echter Hingucker, das Aufstellen echte Arbeit. „Dafür haben wir aber immer genug Helfer“, so Paul Kinzel. Oft sind es Kolpingbrüder- und schwestern, die helfend einspringen. Paul Kinzel ist neben seinem Dienst als Küster auch stellvertretender Bezirksvorsitzender von Kolping und seit 45 Jahren im Kirchenvorstand seiner Gemeinde. Auch als Kommunionhelfer ist er aktiv. „Also Langeweile kenne ich nicht“, sagt er und lacht. Seine Frau Marietta hat sein Engagement all die Jahre mitgetragen und unterstützt, ist auch selbst in der Gemeinde engagiert. Dennoch: Paul Kinzel ist auch sein Urlaub wichtig. Dann fahren die Kinzels gern in die Berge. Doch ganz kann der 72-Jährige seinen prüfenden Küsterblick auch im Urlaub nicht ablegen, selbst wenn er sich freut, mal „einfach nur so“ in den Gottesdienst zu gehen. „Trotzdem schaue ich immer darauf, wie der Nebenaltar geschmückt ist oder es fällt mir auf, wenn irgendwo eine weiße Kerze statt einer gelben brennt.“ Nach dem Urlaub freut sich der langjährige Küster dann wieder auf seinen Dienst. „Es juckt mich dann wieder in den Fingern.“
Martina Albert
Die Zukunft der Küster ist gesichert
Braunschweig (sam). Küster sind für das Gotteshaus – oft für das gesamte Kirchenareal – zuständig, in der Gemeindearbeit verankert, Garant dafür, dass die Gottesdienste ordnungsgemäß ablaufen und sie sind wichtige Ansprechpartner vor Ort. Von vielen Küstern werden auch hausmeisterliche Tätigkeiten samt Gartenarbeit gefordert. Doch wie sieht es mit dem Nachwuchs aus?
„Wir haben in diesem Jahr schon 27 neue Mitglieder in unserer Gemeinschaft begrüßen können“, sagt Uwe Binder aus Braunschweig. Er ist nicht nur hauptberuflicher Küster in St. Aegidien, sondern auch stellvertretender – und derzeit geschäftsführender – Vorsitzender der Diözesangemeinschaft der Küster im Bistum Hildesheim.
Junge Leute sind beim Nachwuchs kaum dabei, so gehört Binder mit 61 Jahren bereits zu den Jüngeren. „Viele Ältere begeben sich in den Dienst, wenn sie aus dem normalen Berufsleben ausscheiden. Sie sind dann sehr engagiert und setzen sich sehr für ihre Kirche ein, häufig in ehrenamtlichen Teams“, berichtet der Küster. Auch aus der Gruppe der Kommunionhelfern und Lektoren bekommt der Küsterdienst Zuwachs, so dass in jeder Kirche jemand da ist, der diesen Dienst leistet.
Etwa 30 hauptamtliche in speziellen Kursen ausgebildete Küster gibt es im Bistum. Dazu kommen noch zahlreiche ehrenamtliche. Deren Ausbildung gestaltet die Diözesangemeinschaft in Eigenregie. In den Kursen stehen für die Frauen und Männer Themen aus der Liturgie und dem kirchlichen Jahreskreis auf dem Programm.
Dabei und für die Weiterbildung aller bekommen die Küster Unterstützung aus dem Priesterseminar in Hildesheim. „Es gibt mehrere Fortbildungen im Jahr und alle zwei Jahre eine Werkwoche in Duderstadt“, erläutert Binder. Da gehe es Aedann nicht so speziell um die Arbeit, sondern um allgemeine Belange der Kirche. „Nächstes Jahr haben wir unter anderem unseren Bischof Dr. Heiner Wilmer als Referenten gewinnen können“, freut er sich.
Zudem hofft Binder, „dass im Bistum nicht vergessen wird, dass Küster – wie auch Pfarrsekretärinnen – im Wandel der Gemeindestrukturen oft die ersten Ansprechpartner sind und diese Stellen nicht einfach gestrichen werden dürfen, weil sie wichtig für unsere Gemeinden sind“.