Über die Auswirkungen der DSGVO

Meine Daten, deine Daten, unsere Daten?

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DSGVO – fünf Buchstaben, die spätestens seit dem 25. Mai für einige „Fragezeichen in den Köpfen“ vieler Menschen sorgen. Die Buchstaben stehen für die neue Datenschutz-Grundverordnung. Und die betrifft auch die Kirche. Wie wirkt sich die neue Rechtslage auf Einrichtungen, Gemeinden und kirchliche Mitarbeiter aus?

Welche Erfahrungen gibt es dazu in den Bistümern Fulda, Limburg und Mainz? Wie ist Stimmung zu diesem Thema? Vier kirchliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter berichten in der gedruckten Ausgabe der Zeitung von ihren Erfahrungen. Eine Stimme lesen Sie hier:

Ruth Mock Foto: privat
Ruth Mock Foto: privat

Ruth Mock, Leiterin der Kindertagesstätte St. Paulus in Fulda:

„Obwohl die neue Datenschutz-Grundverordnung ja nicht von heute auf morgen kam und rechtzeitig bekanntgegeben wurde, habe ich den Eindruck, dass gerade alle in Verunsicherung schwimmen und niemand allumfassend weiß, was jetzt noch erlaubt ist und was nicht.

Wir haben über unser Bistum Fulda und den Caritasverband noch keine aktuellen Anweisungen erhalten. Der Wunsch nach Fortbildungen für alle in Kindertagesstätten Beschäftigte ist aber spürbar groß.

Seit ich vor sechs Jahren die Leitung der Kindertagesstätte St. Paulus in Fulda übernommen habe, lasse ich die Eltern bei der Aufnahme ihrer Kinder diverse Erklärungen unterschreiben, die unter anderem auch den Umgang mit Bildern regeln. Bei derzeit drei von insgesamt 65 Kindern, die im Alter zwischen drei und sechs Jahren bei uns sind, müssen wir berücksichtigen, dass sie auf Fotos, die auf unserer Homepage oder im Pfarrbrief veröffentlicht werden, nicht erkennbar sein dürfen. Wir achten dann penibel darauf, dass diese Kinder nicht auf Gruppenfotos auftauchen oder bei Fotos von Veranstaltungen nur von hinten zu sehen sind.

Als wir im vergangenen Jahr unser 50-jähriges Jubiläum feiern konnten, war auch die Presse anwesend. Die Fotografen haben wir entsprechend darauf hingewiesen. Das hat bisher immer sehr gut funktioniert, wenngleich der Verwaltungsaufwand in der ganzen Angelegenheit immens geworden ist.

Als seitens der Eltern vor einiger Zeit die Anregung kam, eine gemeinsame Eltern-Telefonliste zu erstellen, habe ich den Elternbeirat gebeten, das aus eigener Initiative zu organisieren, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Ich hoffe, dass ich vor allem bezüglich der Bildrechte auch weiterhin wie gehabt im Sinne der neuen Verordnung handeln kann.“
Aufgezeichnet von Matthias Böhnke

 

Meinung: Kirche muss handlungsfähig bleiben

Von Julia Hoffmann

Endlich räumt mal jemand auf. So könnte man denken, wenn man zum ersten Mal von der europäischen Datenschutz-Grundverordnung hört. Gut, dass Firmen aufhören müssen, Newsletter zu verschicken, die nie jemand bestellt hat. Endlich müssen sie um Erlaubnis bitten, bevor sie wahllos Bilder ins Netz stellen. Und falls sie sich nicht an die neue Gesetzgebung halten, stehen schon Heerscharen von Anwälten parat, um teure Abmahnungen auszusprechen. So weit, so wunderbar.

Julia Hoffmann Foto: Jasmin Metten
Julia Hoffmann,
Redakteurin
Foto: Jasmin Metten

Aber die Blüten, die dieses Gesetz treibt, sind aberwitzig. Ein Lampenhersteller bietet zum Beispiel eine Beleuchtung an, die sich per App steuern lässt. Jetzt musste er die App vom Markt nehmen, weil sie vermutlich nicht datenschutzkonform ist. Seither können die Besitzer ihre Lampen nicht mehr richtig an- und ausschalten. Was sich in manchen Fällen lustig anhören mag, bringt andere an den Rand der Berufsunfähigkeit. Freiberufliche Fotografen zum Beispiel, die jährlich Zehntausende Fotos schießen.

Ein Streitthema ist der Umgang mit Informationen und Bildern von Kindern. Selbstverständlich müssen Kinder besonders geschützt werden. Doch es gibt auch eine Kehrseite der immer strengeren Verbote, im weltlichen wie im kirchlichen Datenschutz: Kinder werden in unserer digitalen Gesellschaft zunehmend unsichtbar. Wenn es immer schwieriger wird, Texte und Bilder zu veröffentlichen, in denen Kinder eine Rolle spielen, werden sie immer weniger in Erscheinung treten. Sie kommen schlicht nicht mehr vor in Zeitungsartikeln, auf Fotos, und besonders nicht in digitalen Medien. Sie verschwinden aus der öffentlichen Wahrnehmung. Dadurch werden aber auch ihre Interessen weniger wahrgenommen und sie werden nicht mehr beachtet in unserer älter werdenden Gesellschaft. Ein problematische Entwicklung.

Ähnlich sieht es in der kirchlichen Öffentlichkeitsarbeit aus. Eine Gemeinde in Freiburg zum Beispiel sendet vorerst keinen Livestream mehr von ihren Gottesdiensten. Die Verantwortlichen können nicht jeden Gottesdienstteilnehmer fragen, ob dieser damit einverstanden ist. Es hat einen ähnlichen Effekt: Dieser Gottesdienst wird in der Öffentlichkeit künftig weniger wahrgenommen werden.

Auch die Kommunikation innerhalb von Pfarreien wird schwieriger, besonders mit Jugendlichen. Sie sind nur schwer abzubringen von einer digitalen Kommunikation zum Beispiel über WhatsApp. In dieser Hinsicht gilt es, einen Weg zu finden, der einerseits die Daten der Menschen angemessen schützt, die Engagierten in der Kirche aber nicht handlungsunfähig zurücklässt. Es kann nicht sein, dass nur noch große Firmen in der digitalen Welt agieren können, die eine ganze Rechtsabteilung unterhalten.