Pro und Contra

Preise deckeln?

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Pro und Contra
Nachweis

Foto: adobestock / kanzilyou 

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Wer soll das bezahlen, wer hat so viel Geld? Sollte die Regierung die Lebensmittelpreise „deckeln“?

Die Preise für Lebensmittel sind innerhalb eines Jahres um rund 20 Prozent gestiegen. Wer soll das bezahlen? Regelt das allein der Markt oder sollte die Regierung eingreifen? Mit einem Preisdeckel für Grundnahrungsmittel zum Beispiel oder einem gesponserten Warenkorb. Die Redaktion streitet darüber. Johannes Becher ist dafür, Evelyn Schwab sagt: „Finger weg von der Deckelung!“


PRO

Mit Essen spielt man nicht!“ Der Satz der Großmutter ist lebenslang verinnerlicht. Genau das aber machen die Börsenspieler tagaus tagein: Sie spekulieren auf die Preise von Lebensmitteln. Da bricht der Staudamm in der Ukraine, die Getreideernte ist gefährdet und schon steigen die Weizenpreise „am Markt“. Andere Beispiele für dieses geiernde Zupacken lassen sich zuhauf finden. Die Energiekrise kennt eben neben vielen Zahlern auch einige „Gewinner“ mit prallerem Portemonnaie. Wobei „Bereicherer“ wohl der passendere Ausdruck wäre.
 

Redakteur Johannes BecherWas aber tun? Die Not ist groß bei vielen, die sich Wohnung und gefüllten Kühlschrank nicht mehr gleichzeitig leisten können. In einigen Ländern in unserer Nachbarschaft werden bereits Modelle mit einem staatlich regulierten billigen Warenkorb ausprobiert: in Kroatien und Griechenland zum Beispiel. 
Ganz generell lässt sich sagen: Wenn wir alles dem „freien Markt“ überlassen, dann wird es nicht besser werden mit der Verteilungsgerechtigkeit in unserem Land. Und schon gar nicht im weltweiten Ringen um fairen Handel. 


Ja, es braucht mancherorts den Eingriff des Staates in den Markt. Den es ja an vielen Stellen auch längst gibt: Wie war das doch mit der staatlichen Förderung für Lufthansa und Touristiker im vergangenen Jahr? Welche Branche profitiert vom Sondervermögen für die Bundeswehr?
Wer mehr hat, der sollte mehr geben (müssen) – Stichwort: Reichensteuer. Und niemand sollte sich aus der allgemeinen Krankenversicherung freikaufen können…


Übrigens gibt es eine ganze Reihe anderer Lebensfelder, die ebenfalls aus allem Spekulieren herausgehalten werden müssten. Krankenhäuser zuerst. Warum muss man mit solchen Häusern Geld verdienen? Für Christen sollte stets als Leitschnur gelten: Erst der Mensch, dann der Markt!
 

Johannes Becher, Redaktionsleiter

 

CONTRA

Innerhalb eines Jahres wurden Nahrungsmittel erheblich teurer. Einige Gründe dafür sind höhere Energiekosten und die schwierige internationale Lage, aber auch versteckte Preiserhöhungen. Verbraucher müssen derzeit deutlich mehr von ihrem Einkommen für Lebensmittel ausgeben. Menschen mit niedrigen Löhnen oder mit Grundsicherungsleistungen sind von den hohen Preisen im Verhältnis besonders betroffen. Welche Maßnahmen könnten helfen? Etwa ein staatlich gesetzter Preisdeckel für einen durchschnittlichen Einkaufskorb an Grundnahrungsmitteln?

Redakteurin Evelyn Schwab
Meiner Ansicht nach sollte sich die Regierung aus der Lebensmittel-Preisbildung heraushalten. Der Preisdeckel wäre ein harter Eingriff in den Markt. Es könnte unbeabsichtigte Nebenwirkungen geben, sprich die Position der Starken gestärkt und die der Schwachen geschwächt werden. Vor allem kleine Läden bekämen Probleme, weil sie nicht in der Lage sind, mit der Preisgestaltung der Handelsketten zu konkurrieren. Die Großen der Branche könnten ihre Verluste bei verbilligten Waren durch Teuerungen an anderen Stellen ausgleichen oder gar ihr Angebot an den Nachlass-Grundnahrungsmitteln reduzieren. 

Sicher würden auch die Landwirte unter einem Preisdeckel leiden. Außerdem profitieren Arm und Reich gleichermaßen von einer Deckelung, wo doch der Druck auf Menschen mit niedrigem Einkommen am größten ist. Besser wäre es, diese Klientel durch staatliche Sonderzahlungen zielgenau zu stützen. Und nach anderen Lösungen für alle gegen die Verteuerung zu suchen. Wie etwa das Nutzen von Preisdatenbanken oder speziellen Apps vor dem Einkauf für einen günstigeren Warenkorb. Oder sich selbst in die Pflicht nehmen gegenüber der laut Statistik noch immer großen Lebensmittelverschwendung im eigenen Zuhause: die teuer erstandenen Produkte wirklich alle fristgerecht verarbeiten und verzehren. Auch ein besseres Einkaufs- und Verbrauchsverhalten hat viel Sparpotential.


Evelyn Schwab, Redakteurin