Anstoss 26/19

Sowohl als auch

Image
SYMBOL_Anstossbild_0.jpg

Das Eine tun, ohne das Andere zu lassen. Wer kennt nicht diesen pragmatischen Spruch, wenn es darum, geht Meinungen zu scheinbar gegensätzlichen Handlungen auszubalancieren.


Das ist keine leichte Übung, erst recht nicht, wenn man weiß, dass es neben Schwarz und Weiß die Schattierung der Grauskala sowie die bunte Farbpalette des Lebens gibt.
Ich habe das Gefühl, dass in unserer Gesellschaft die Sehnsucht zunimmt, alles in Schwarz oder Weiß einzuordnen. Es wäre doch wunderbar – und viel einfacher – zu wissen, woran man ist, was richtig und falsch, was Wahrheit und was Lüge ist. Dass das Leben so einfach nicht ist, liegt auf der Hand.
Mit Blick auf Kirche und Glauben ist es nicht anders. Zu meinen schönsten Aha-Erlebnissen während des Studiums gehörte das „katholische et – et“ in der Dogmatik, das „Sowohl als auch“, das die Weite eröffnet, Dinge nebeneinander zu stellen und stehen zu lassen, von denen wir eigentlich sagen würden, es geht nur Entweder-oder. Die Überzeugung, dass die Kirche zugleich heilig und sündig ist, ist ein Beispiel dafür, was mit diesem „Sowohl als auch“ charakterisiert wird.
Unser Glaube und die Katholizität – das Allumfassende – unserer Kirche öffnen einen so weiten, vielschichtigen und farbigen Horizont. Weltweit gibt es viele Weisen, den Glauben zu leben. Sie können ganz selbstverständlich nebeneinander da sein.
Das lässt mich, mit den Frauen von Maria 2.0 von einer Kirche träumen, die Wege findet, sich zu wandeln und sich nicht scheut, Traditionen zu verändern. Traditionen, die vielen als unverrückbar scheinen. Das lässt mich auf Respekt hoffen, für Menschen, die sich Veränderungen ersehnen, ebenso für die, denen Beständigkeit wichtiger scheint. Denn es gibt auch hier kein Entweder-oder, kein Schwarz-Weiß – den einen wie den anderen liegen Glaube und Kirche am Herzen.

Ich glaube, es täte uns mehr Vertrauen in das Wirken des Heiligen Geistes gut, der im besten Sinne das Eine tut, ohne das Andere zu lassen und uns lehren wird, was heute nötig ist.
 
Angela Degenhardt, Sangerhausen