Bechers Provokationen
Üben, üben, üben ...
Unsere Provokationen suchen nach der Glut unter der Asche, nach dem Kern der Botschaft. Heute geht’s um den geistlichen Grundwasserspiegel. Oder: Auch das Arbeiten mit dem Heiligen Geist und der Bibel will gelernt sein. Von Johannes Becher.
Entwicklungshilfe! Dieses Mal läuft sie genau andersrum: von Süd nach Nord. Es geht darum, von „den jungen Kirchen“ in Asien, Afrika und Lateinamerika zu lernen, wie modernes Kirche- Sein geht. Mit wenig hauptamtlichem Personal und weniger Geld, aber mit ganz vielen Glaubens- Experten: nämlich allen Getauften, die sich beteiligen möchten. Was es in Südafrika oder den Philippinen zu entdecken gilt: Der Weg der Kirche ins Morgen ist zuerst und zuletzt ein geistlicher Prozess. Ein Weg mit Jesus und seinem heiligen Geist. Und ebenso wichtig: Dieser Geist hat jedem Getauften etwas eigenes zu sagen – wenn sie offen dafür sind.
Diese Vision eines anders Kirche-Seins hat schon 1990 die asiatische Bischofskonferenz so formuliert: „Die Kirche wird eine Gemeinschaft von Gemeinschaften sein, wo Klerus, Laien und Ordensleute einander als Brüder und Schwestern anerkennen. Sie sind gemeinsam versammelt und vereinigt um das Wort Gottes. Dabei teilen sie miteinander die frohe Botschaft und entdecken Gottes Wille für sich in ihrem unmittelbaren Lebensumfeld. Sie unterstützen sich gegenseitig in ihrem täglichen Leben. Es ist eine partizipierende Kirche, wo die Gaben und Charismen erkannt und aktiviert werden, um den Leib Christi aufzubauen, die Kirche in der Nachbarschaft.“
Solche Erfahrungen haben inzwischen schon etliche „Kundschafter“ aus deutschen Diözesen gemacht: im südafrikanischen Pastoralinstitut in Lumko oder bei „Bukal ng Tipan“ in den Philippinen. Zum Beispiel beim „Bibelteilen“.
Das Hilfswerk Missio schreibt auf seiner Homepage: „Bibelteilen ist die Liturgie, die die Gegenwart Jesu im Wort und in der Gemeinschaft feiert. Bibelteilen nimmt ernst, dass Jesus im Wort gegenwärtig ist und in der Gemeinschaft, in die er im ersten Schritt ausdrücklich eingeladen wird.“
Es geht also um weit mehr als um den frommen Impuls zu Beginn der PGR-Sitzung („Herr Pfarrer, übernehmen Sie den?“), es genügt auch nicht die Kerze in der gestalteten Mitte und auch nicht das gemeinsame Vaterunser zum Abschluss. Es geht um einen Mentalitätswechsel. Es wird anders, wenn das geistliche Element nicht einfach vorndran gesetzt wird, sondern mittendrin ist. Wenn es wesentlich wird. Fundament ist. Dauernde Begleitmusik. Wenn das Bibelteilen nicht nur eine „Methode“ bleibt, sondern „Liturgie“ wird. Es geht weniger ums Wissen als ums Hören.
Das einzuüben braucht Zeit. Solches „Geistlich-Werden“ kann nur erfahren werden. Es braucht einen Rahmen (Muße), ein paar Menschen, die spirituell aufgetankt sind. Es braucht Offenheit für das, was „der Geist uns eingibt“. Das mag besonders schwer sein, wenn doch schon konkrete Pläne erarbeitet waren … Vielleicht hilft auch hier die Erfahrung aller Klavierspieler: Es kommt auf die Etüden an! Deshalb: Üben, üben, üben …
Vielleicht haben sich ja schon erste Dezernentenkonferenzen, Priesterräte, Diözesanversammlungen geschlossen zur „Summerschool“ mit dem Heiligen Geist angemeldet.
In der übernächsten Ausgabe (8. Juli): Vergesst mir Ransel nicht! – Von einer seltsamen Schieflage zwischen Stadt und Land
Zitiert: Eher wie Segeln
„Geistliche Prozesse der Kirchenentwicklung kann man eher mit Segeln, denn mit Rudern vergleichen. Der Geist Gottes bläst in die Segel und treibt das Boot dahin, wo er will – und das ist immer dahin, wohin Jesus auch wollte. Natürlich kann man auch rudern, immer den eigenen Ideen, der eigenen Sicherheit, dem (Gruppen-) Egoismus nach, aber dann ist es anstrengend …“
Dr. Peter Hundertmark auf www.geistlich.net