„Wort des Bischofs“ von Peter Kohlgraf

Wahr, gut und notwendig?

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Worte können wohltuend sein und zerstörerisch. Segen und Fluch. Für Bischof Peter Kohlgraf ist die Fastenzeit geeignet, das bewusste Reden (und Schreiben) zu üben. Gedanken darüber im „Wort des Bischofs“.

Worte können wie Feuer sein, das einen Wald in Brand steckt – und großen Schaden anrichtet. | Foto: Bilderbox
Worte können wie Feuer sein, das einen Wald in Brand steckt – und großen Schaden anrichtet. Foto: Bilderbox

Liebe Leserinnen und Leser von „Glaube und Leben“!

„Tod und Leben stehen in der Macht der Zunge“, so weiß das biblische Buch der Sprichwörter (18,21). Auch der Jakobusbrief kennt die Macht der Worte, die aus dem Menschen kommen: „Denn jede Art von Tieren, auf dem Land und in der Luft, was am Boden kriecht und was im Meer schwimmt, lässt sich zähmen und ist vom Menschen auch gezähmt worden; doch die Zunge kann kein Mensch zähmen, dieses ruhelose Übel, voll von tödlichem Gift. Mit ihr preisen wir den Herrn und Vater und mit ihr verfluchen wir die Menschen, die als Abbild Gottes erschaffen sind. Aus ein und demselben Mund kommen Segen und Fluch. Meine Brüder, so darf es nicht sein.“ (3,7-10).

Viele von uns haben die Erfahrung gemacht, wie wohltuend ein gutes Wort sein kann. Sicher könnten viele aber auch davon berichten, wie zerstörerisch ein böses Wort ist. Die Rede des Menschen kann verletzen, sie kann sogar zerstören. Wenn man in heutiger Zeit die biblischen Ermahnungen liest, geht es sowohl um das gesprochene als auch das geschriebene Wort. Im Zeitalter schneller Kommentare in den sozialen Netzwerken bekommen die biblischen Mahnungen eine starke Aktualität.

Bischof Peter Kohlgraf
Bischof Peter Kohlgraf
Foto: Bistum Mainz

Schlimm genug, wenn mir jemand seinen Hass oder eine Bösartigkeit ins Gesicht sagt, aber in der scheinbaren Anonymität des weltweiten Netzes kann nun jeder andere mitbekommen, wie Schmutz über einen Menschen ausgeschüttet wird. Und die Hemmschwelle, jemanden zu beleidigen, zu belehren oder als Dummkopf hinzustellen, sinkt spürbar. Wenn ich mir etwa Reaktionen auf Meldungen zu kirchlichen Themen anschaue, finden sich immer wieder dieselben Personen, die offenbar darauf warten, das Geschehen meist lieblos oder als selbsternannte Experten zu kommentieren. Oder es finden sich die ständig gleichen Klischees, die bedient werden. Ähnliche Erfahrungen machen sicher auch die Menschen, die sich politisch oder anderweitig gesellschaftlich engagieren. Der Jakobusbrief vergleicht das menschliche Wort mit einem Feuer, das einen Wald in Brand steckt (3,5). Insofern sind scheinbar kleine Beleidigungen keine harmlosen Entgleisungen, sondern bereiten den Boden für größere Schäden. Wenn in manchen politischen Äußerungen bestimmte Gruppen in unserem Land bewusst beleidigt werden, darf man dies nicht als Bagatelle hinnehmen. Auch das Reden über andere, wie es alltäglich immer wieder vorkommt, vermag die Atmosphäre zu vergiften.

Wenn wir nun in der Fastenzeit sind, könnte auch ein bewussteres Reden eine gute Übung sein. Vielleicht ist Ihnen die Anekdote bekannt, die erzählt, wie dem Philosophen Sokrates jemand etwas erzählen will. Doch der lässt ihn nicht zu Wort kommen, sondern möchte die Geschichte erst einmal durch die drei Siebe schicken: ist dein Wort wahr, gut und notwendig? Wenn nicht, dann halte es zurück.